Das Klinikum Friedrichshafen kommt nicht zur Ruhe. Nachdem Mediziner personelle Konsequenzen gefordert hatten, gibt es nun ein Schreiben von Chefärzten, das versöhnlicher klingt.
Die schweren Vorwürfe gegen einen Chefarzt am Klinikum Friedrichshafen und die Aufarbeitung des Falls sorgen weiter für Unruhe am Krankenhaus in Friedrichshafen. Nachdem am Mittwoch viele Ärztinnen und Ärzte in einem internen Schreiben personelle Konsequenzen forderten, haben sich nun auch mehrere Chefärzte zu Wort gemeldet.
Chefärzte wollen Wogen glätten
In dem Schreiben, das dem SWR vorliegt, versuchen die Chefärzte die Wogen am Klinikum zu glätten. Der mutmaßliche Suizid einer Oberärztin, die auf die Missstände am Medizin Campus Bodensee (MCB) hingewiesen hatte, habe bei vielen in der Belegschaft Trauer und Fassungslosigkeit ausgelöst.
Die Oberärztin hatte vor ihrem Tod einem Chefarzt unter anderem vorgeworfen, Komplikationen bei der Behandlung von Patienten verheimlicht zu haben. Es sei zu vermeidbaren Todesfällen gekommen, so ihr Anwalt gegenüber dem SWR. Der Chefarzt habe auch nicht auf ihre Kritik reagiert, dass auf der Intensivstation überforderte Assistenzärztinnen und -ärzte im Einsatz gewesen seien.
Nun solle die Analyse des externen Gutachtens einer Strafrechts- und Compliance-Kanzlei abgewartet werden, so der Appell der Chefärzte. Es sei im Interesse aller, mit der notwendigen Bedachtsamkeit zu kommunizieren. Vergangene Woche hatte die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat des Klinikums beschlossen, das dieses externe Gutachten Klarheit bringen soll.
Oberbürgermeister sorgt sich um Ansehensverlust
Friedrichshafens Oberbürgermeister Andreas Brand (parteilos), gleichzeitig auch MCB-Aufsichtsratsvorsitzender, sieht für den Klinikverbund einen großen Ansehensverlust, dem man entgegentreten müsse, wie er dem SWR sagte.
Brand sei wichtig zu betonen, dass am Medizin Campus Bodensee, sowohl in Friedrichshafen als auch in Tettnang, von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gute Medizin geleistet werde. Er wolle der Verunsicherung und der Sorge entgegentreten.
Aufarbeitung benötige Zeit
Für die Aufarbeitung brauche es die notwendige Zeit und Gründlichkeit. Es werde neutral und unabhängig sein, so Brand. Niemand der am Verfahren beteiligten wirke daran mit. Er gehe davon aus, dass das Gutachten bis spätestens Ende März vorliegen werde.
70 Ärztinnen und Ärzte hatten am Mittwoch in einem internen Brief personelle Konsequenzen in dem Fall gefordert. Sie wollten, dass der Chefarzt, an den sich die Vorwürfe richten, sowie der Geschäftsführer, freigestellt werden. Über das interne Schreiben hatte die "Schwäbische Zeitung" zuerst berichtet.