Stadt ist Hochburg für Sexarbeit in der Region

Prozess wegen Vergewaltigung einer Prostituierten in Friedrichshafen

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Autor/in
Julia Kretschmer
Julia Kretschmer Portrait SWR Volontärin 2022

Am Landgericht Ravensburg hat am Freitag ein Prozess wegen Vergewaltigung einer Prostituierten in Friedrichshafen begonnen. Die Stadt gilt als ein Hotspot für Prostitution in der Region.

Vor dem Landgericht Ravensburg muss sich seit Freitag ein 37-jähriger Mann verantworten. Er soll eine Prostituierte vergewaltigt haben. Laut Anklageschrift fand die Tat im vergangenen November in einer sogenannten Terminwohnung in Friedrichshafen statt. Terminwohnungen sind Wohnungen, in denen gewerblich Prostitution betrieben wird. Nach der Vergewaltigung habe die Frau um Hilfe gerufen. Zwei weitere Prostituierte seien ihr daraufhin zur Hilfe geeilt und hätten die Polizei gerufen, heißt es vom Gericht. Vor dem Eintreffen der Beamten soll der Angeklagte die beiden Helferinnen mit Faustschlägen verletzt haben. Der mutmaßliche Täter ist laut Gericht nicht einschlägig vorbestraft.

Für den Prozess sind nach Angaben des Gerichts insgesamt sechs Verhandlungstage angesetzt. Mehrere Zeugen und Sachverständige sind geladen. Zudem müssten mehrere Dolmetscher im Prozess übersetzen, da weder der Angeklagte noch das Opfer Deutsch sprechen, so das Gericht.

Sexuelle Übergriffe an Prostituierten enden selten vor Gericht

Gerichtsprozesse wegen sexueller Übergriffe an Prostituierten seien selten, erklärt Dörte Christensen von der Beratungsstelle MISA Arkade e.V. in Friedrichshafen. Das bedeute aber nicht, dass sexuelle Übergriffe auch selten vorkommen. Im Gegenteil: Prostituierte seien häufig sexueller Gewalt ausgesetzt. Oft wüssten sie aber nicht, welche Rechte sie haben oder würden sich nicht trauen, Anzeige zu erstatten. Dies ist laut Dörte Christensen besonders der Fall, wenn die Opfer aus dem Ausland kommen und kein Deutsch sprechen. Bei einer Anzeige stünde dann auch meist Aussage gegen Aussage, was die Strafverfolgung mutmaßlicher Täter schwer mache.

Zusammen mit ihren Kolleginnen und Kollegen berät Dörte Christensen Prostituierte zu ihren Rechten und hilft ihnen bei bürokratischen Hürden: Zum Beispiel der Anmeldung beim Landratsamt, die nötig ist, um legal als Prostituierte zu arbeiten. Außerdem hilft sie beim Vereinbaren von Arztterminen oder Terminen beim Anwalt. Ein weiteres großes Aufgabenfeld der Beratungsstelle ist die Ausstiegsberatung für Prostituierte, die sich beruflich neu orientieren wollen.

Friedrichshafen gilt als Prostitutions-Hotspot in der Region

Friedrichshafen gilt als Hotspot für Prostitution in der Region Bodensee-Oberschwaben ist. Dies liegt laut Dörte Christensen sowohl am Messestandort Friedrichshafen, als auch an der Grenznähe zu Österreich und der Schweiz. Die Beraterin geht davon aus, dass gleichzeitig immer 50 bis 100 angemeldete Prostituierte in Friedrichshafen arbeiten. Zum Vergleich: Im nicht viel kleineren Ravensburg sind es 20 bis 40 Prostituierte.

Wie viele Menschen in Friedrichshafen und der Region genau in der Sexarbeit tätig sind, sei schwer einzuschätzen. Denn die Anmeldung für die legale Prostitution könnte in ganz Deutschland erfolgen und sei dann überall gültig. Außerdem seien die Prostituierten oft nicht dauerhaft an einem Standort. Viele haben nach Angabe der Streetworkerin Familie im Ausland und sind nur wochenweise in Deutschland zum Arbeiten. Hinzu kämen die illegal arbeitenden Prostituierten. Hier sei die Zahl noch schwieriger einzuschätzen.

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