Rund 80 Insassen des Gefängnisses in Ravensburg haben einen Brief unterschrieben, in dem heftige Vorwürfe gegen Mitarbeitende und Ärzte erhoben werden. Justizministerin Gentges weist die Vorwürfe zurück.
Baden-Württembergs Justizministerin Marion Gentges (CDU) hat auf die Kritik an den Zuständen in der Haftanstalt Hinzistobel in Ravensburg reagiert und die Vorwürfe zurückgewiesen. Etwa 80 Gefangene hatten in einem Brief, der unter anderem auch dem SWR vorliegt, von massiven Missständen im Gefängnis gesprochen - diese reichten von angeblichen Schikanen über "rechtsradikales und drogenabhängiges Personal" bis hin zu einer unzureichenden medizinischen Versorgung, aufgrund derer ein Gefangener, der unter einer Infektion im Fuß gelitten habe, gestorben sei.
Ministerin hat "keinerlei Hinweise"
Gentges betonte im Gespräch mit dem SWR, dass sich bislang keiner der erhobenen Vorwürfe bestätigt habe. So sei etwa der Hinweis, dass ein Facharztbesuch nicht möglich sei, nicht korrekt. "Allein in diesem Jahr wurden 669 Ausführungen zu Fachärzten allein in der JVA Ravensburg vorgenommen, in der rund 400 Gefangene inhaftiert sind", so Gentges. Man habe auch keinerlei Hinweise, dass Gespräche mit Sozialtherapeuten, mit dem Fachdienst oder mit Psychologen nicht stattfänden. Diese erfolgten jeweils nach medizinischer Indikation, so die Ministerin. "Nach den bisherigen Überprüfungen gehen wir davon aus, dass hier entsprechend der medizinischen Erfordernisse auch gehandelt wird."
Rechtsradikales Gedankengut bei Personal der JVA?
In dem Brief hatten die Insassen weiter geschrieben, dass das Personal in der Vollzugsanstalt Beschimpfungen wie "Dreckskanaken" sowie Sprüche wie "Arbeit macht frei" tätige. "Willkürlicher, maßloser, hemmungsloser und gesetzesloser können Mitarbeiter einer JVA kaum sein", heißt es in dem Schreiben wörtlich. Laut Gentges liegen allerdings keinerlei Hinweise auf entsprechendes Fehlverhalten vor. Man gehe den Vorwürfen sehr genau nach, "weil wir da keinerlei Toleranz üben", so die Ministerin. "Wenn sich solche Fälle erweisen sollten - und bisher haben wir auch hier keinerlei Hinweise in Ravensburg - dann würde das auch mit allen Mitteln des Straf- und Dienstrechts verfolgt werden", so Gentges gegenüber dem SWR.
Ministerin: Allgemeine Zustände "nicht zufriedenstellend"
Dass die allgemeinen Zustände hinsichtlich der Belegung in der JVA in Ravensburg nicht zufriedenstellend sind, räumte die 53-Jährige indes ein. "Es ist tatsächlich in einer Nacht vorgekommen, dass zwei Gefangene auf Matratzen auf dem Boden schlafen mussten. Das war besonderen Zugangssituationen geschuldet", so Gentges. Dies sei unter anderem einer kurzzeitigen Verlegung aus anderen Anstalten geschuldet gewesen.
Der Brief der Insassen hatte in den vergangenen Tagen hohe Wellen geschlagen. Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Strafvollzugsbediensteten, Michael Schwarz, hatte betont, dass in der Angelegenheit Augenmaß gefordert sei. "Die Tatvorwürfe mit rechtsradikalen Äußerungen und Drogen sind mir so zu pauschal. 98 Prozent der Kollegen arbeiten nach Recht und Gesetz und sind pflichtbewusst", hatte er betont.
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Tod wegen unterlassener medizinischer Behandlung? Vorwurf zurückgewiesen
Auch die Leiterin der JVA Ravensburg, Ellen Albeck, hatte auf die Anschuldigungen reagiert und gegenüber der "Schwäbischen Zeitung" von pauschalen und wenig konkreten Vorwürfen gesprochen. "Wir hatten keinen Todesfall wegen einer fehlerhaften oder unterlassenen medizinischen Behandlung", sagte sie und betonte, dass Plätze in angebotenen Hilfsprogrammen oft frei blieben.
Die Ravensburger Justizvollzugsanstalt Hinzistobel hat seit der Erweiterung im vergangenen Jahr Platz für 389 Häftlinge. Derzeit sei sie mit 409 Gefangenen überbelegt, heißt es im Schreiben des Justiziministeriums. Hintergrund der Überbelegung seien im Juni in der Justizvollzugsanstalt Adelsheim kurzfristig erforderlich gewordene Baumaßnahmen, die jedoch spätestens in diesem Monat abgeschlossen sein sollten.
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