Mit Sorge blicken die Menschen auf die wirtschaftliche Lage in Baden-Württemberg. Zwar bliebe bei einer Wahl am Sonntag die Regierung gleich, aber die AfD würde deutlich zulegen.
- Sorgen der Baden-Württemberger
- Zufriedenheit mit Landesregierung
- Sonntagsfrage mit Koalitionsrechner
- Zufriedenheit mit Landespolitikern
- Amtszeit Ministerpräsident
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In der aktuellen wirtschaftspolitisch durch Krisen gekennzeichneten Situation wachsen die Sorgen der Baden-Württemberger über die wirtschaftliche Lage stark. Die Regierungsarbeit von Grün-Schwarz wird so schlecht bewertet wie nie zuvor. Die AfD profitiert davon, legt in der Sonntagsfrage kräftig zu und überholt die FDP. Dennoch spricht sich eine Mehrheit dafür aus, dass Kretschmann bis 2026 im Amt des Ministerpräsidenten bleibt. Das sind die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des SWR und der Stuttgarter Zeitung.
Sorgen der Baden-Württemberger über wirtschaftliche Lage nehmen stark zu
Mit stark wachsender Sorge blickt eine deutliche Mehrheit der wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg auf die wirtschaftliche Lage im eigenen Land. Drei von vier Baden-Württembergern (74 Prozent) machen sich große oder sehr große Sorgen, wenn sie an die zukünftige wirtschaftliche Lage denken. Damit ist der Anteil der Menschen, die mit großer Sorge in die wirtschaftliche Zukunft schauen, mit einem Plus von 22 Prozentpunkten gegenüber der Umfrage vom April (52 Prozent) sprunghaft angestiegen. Um den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft sorgen sich immer mehr Menschen im Land (78 Prozent). Die Baden-Württemberger machen sich inzwischen genauso große Sorgen um die Konjunktur wie um das Klima und die Umwelt (72 Prozent).
Dennoch schätzen die Baden-Württemberger die wirtschaftliche Lage optimistischer ein als es die Deutschen insgesamt tun. Während im aktuellen Deutschlandtrend 80 Prozent die gegenwärtige wirtschaftliche Lage in Deutschland als weniger gut beziehungsweise schlecht empfinden, wird die wirtschaftliche Situation in Baden-Württemberg von knapp der Hälfte (49 Prozent) als weniger gut oder schlecht beschrieben.
Bislang schlechteste Bewertung von Grün-Schwarzer Landesregierung
In der aktuell krisenhaft aufgeladenen Situation schneidet auch die Bewertung der Landesregierung schlecht ab. Nur noch 44 Prozent der Befragten sind mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden, im März dieses Jahres waren es noch 57 Prozent. Das ist das bislang schlechteste Ergebnis für die Grün-Schwarze Regierungskoalition. Einen Regierungszuspruch von weniger als 50 Prozent gab es zuletzt im November 2011 unter Grün-Rot. Einen noch niedrigeren Zufriedenheitswert gab es für eine baden-württembergische Landesregierung nur im März 2011 unter Schwarz-Gelb. Herausgefordert durch die aktuellen Krisen kämpfen allerdings die meisten Landesregierungen in Deutschland mit schlechteren Zustimmungswerten.
Sonntagsfrage Landtagswahl: AfD legt kräftig zu und überholt FDP
In der Sonntagsfrage spiegelt sich die negative Bewertung der Regierungsarbeit dagegen nicht wider: Wenn bereits am kommenden Sonntag gewählt würde, blieben die Grünen mit 27 Prozent (minus 1) weiterhin stärkste Kraft. Die CDU läge unverändert bei 26 Prozent. Ebenfalls unverändert zu unserer Umfrage aus dem Frühjahr die SPD mit 15 Prozent. Die AfD dagegen legt in Baden-Württemberg 4 Punkte zu und käme auf 13 Prozent. Damit überholt sie die FDP, die mit 9 Prozent (minus 2) auf Platz fünf abrutscht. Alle anderen Parteien kämen zusammen auf 10 Prozent.
Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen sein kann.
Fast alle Politiker büßen an Sympathie ein
Die gewachsene Skepsis gegenüber der Landespolitik wirkt sich auch auf die Bewertung des politischen Spitzenpersonals aus. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) liegt mit 54 Prozent zwar noch deutlich vorne, verliert aber 6 Punkte. Das ist sein niedrigster Wert seit Übernahme des Ministerpräsidentenamtes. Mit 24 Prozent (minus 9 zu März) ist der Rückhalt für Innenminister Thomas Strobl (CDU) stark zurückgegangen. Der CDU-Innenminister, der auch nach der Einstellung eines gegen ihn eröffneten Ermittlungsverfahren politisch unter Druck steht, fällt aktuell auf seinen schlechtesten Wert im BW-Trend.
Die Spitzen der Landtagsopposition leiden unter massiven Bekanntheitsproblemen. SPD-Fraktionschef Andreas Stoch ist mehr als der Hälfte der Befragten unbekannt. 18 Prozent (minus 2) bescheinigen ihm eine gute Arbeit. Zu FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke können insgesamt nur vier von zehn Befragten ein Urteil abgeben, positiv mit nur 13 Prozent (minus 4). Bernd Gögel von der AfD wird unverändert von 6 Prozent der Befragten positiv beurteilt. Fast drei Viertel der Wahlberechtigten kennen den AfD-Fraktionsvorsitzenden nicht oder nicht gut genug, um seine Arbeit bewerten zu können.
Klare Mehrheit will Kretschmann bis 2026 im Amt
Mit seinen 74 Jahren ist Winfried Kretschmann der derzeit älteste Ministerpräsident in Deutschland. Ungeachtet seines Alters wäre ein vorgezogener personeller Wechsel an der Regierungsspitze in der laufenden Legislaturperiode für die Mehrzahl der Baden-Württemberger keine Option: 55 Prozent wünschen sich, dass der Grünen-Politiker bis zur nächsten Landtagswahl im Amt bleibt. 39 Prozent favorisieren einen vorzeitigen Wechsel.