Die Kirchen in Deutschland erhalten vom Staat jährlich hunderte Millionen Euro als Ausgleich für frühere Enteignungen. Die BW-Regierung sieht eine Abschaffung dieser Zahlungen kritisch.
Die baden-württembergische Landesregierung bewertet den Vorstoß der Ampel-Koalition zur langfristigen Abschaffung von Staatsleistungen an die Kirchen äußerst kritisch. Berlin plant, die millionenschweren jährlichen Leistungen mithilfe einer Einmalzahlung zu beenden. Ein Sprecher von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte in Stuttgart: "Eine Ablösung darf nicht zu hohen finanziellen Belastungen für die öffentlichen Haushalte führen. Wir sehen daher in Zeiten knapper Kassen andere Aufgaben als politisch wichtiger an." Eine Beteiligung der Länder an einem möglichen Gesetz sei zwingend geboten.
Die Staatsleistungen in BW betrugen im vergangenen Jahr rund 141 Millionen Euro. Nach Angaben des Staatsministeriums flossen 2023 an die Evangelische Landeskirche in Baden 18,4 Millionen Euro, die Evangelische Landeskirche in Württemberg 50,3 Millionen Euro, die Erzdiözese Freiburg 34 Millionen Euro, die Diözese Rottenburg-Stuttgart 34,2 Millionen Euro, die evangelischen Seminare und Stift Tübingen 2,7 Millionen Euro und die katholischen Konvikte und Stift Tübingen 1,5 Millionen Euro. Die evangelische und die katholische Kirche erhalten die Staatszahlungen zusätzlich zur Kirchensteuer.
Ampel-Koalition plant Gesetzesentwurf
Die Ampel will zu dem Thema Staatsleistungen einen Gesetzesentwurf vorlegen, obwohl die Bundesländer das Projekt ablehnen. Die Reform solle so gestaltet werden, dass der Bundesrat nicht zustimmen müsse, sagte die FDP-Abgeordnete Sandra Bubendorfer-Licht der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" über das Vorhaben berichtet.
Das Grundgesetz schreibe in diesem Fall keine Zustimmung des Bundesrates vor, sagte Bubendorfer-Licht. "Die Blockadehaltung der Länder zwingt die Koalition leider dazu, diesen Weg zu gehen." Es sei falsch, mit der Ablösung der Staatsleistungen weitere Jahrzehnte oder Jahrhunderte zu warten.
Bundesweit erhalten Kirchen 550 Millionen Euro jährlich
Die Kirchen in Deutschland bekommen die Staatsleistungen für die Enteignung deutscher Kirchen und Klöster Anfang des 19. Jahrhunderts. Außer Hamburg und Bremen zahlen deshalb alle Bundesländer eine jährliche Summe an die katholische und die evangelische Kirche. Zuletzt waren es bundesweit insgesamt rund 550 Millionen Euro pro Jahr.
Dadurch zahlen auch diejenigen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für Glaubensgemeinschaften, die damit gar nichts zu tun haben - und das werden Jahr für Jahr mehr. Im vergangenen Jahr traten allein aus der katholischen Kirche rund 400.000 Menschen aus, im Jahr davor mehr als eine halbe Million. Die Ampel-Regierung will die Kirchen deshalb nun auszahlen und Kirche und Staat so entflechten. Aufbringen müssten die Ablösesumme aber wohl die Länder - und hier gibt es klaren Widerstand.