Die Wiederbelebung stillgelegter Bahnstrecken ist der Landesregierung ein Anliegen. Das dies kein einfaches Unterfangen ist, zeigt auch das Beispiel Hermann-Hesse Bahn.
Bei der Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken setzt sich die Landesregierung auf allen politischen Ebenen für eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ein. Das betont das grün geführte baden-württembergische Verkehrsministerium in einer Antwort auf eine Anfrage des FDP-Landtagsabgeordneten Christian Jung.
In BW gibt es viele Beispiele von Reaktivierungsplänen - wie etwa die Strecke zwischen Isny und Leutkirch (Kreis Ravensburg). So haben wir Ende des vergangenen Jahres über das Engagement einer Bürgerinitiative berichtet und welche Probleme eine Bahnreaktivierung mit sich bringt.
Weniger Bürokratie beim Thema Artenschutz
Laut Ministerium sind in den vergangenen Jahren bereits wesentliche Fortschritte erzielt worden. So hätten Bund und Länder im vergangenen November bei der Ministerpräsidentenkonferenz etwa beschlossen, dass es einheitliche, vereinfachte Standards beim Artenschutz geben soll. Damit sollen Verfahrensabläufe deutlich beschleunigt werden.
Bei artenschutzrechtlichen Ausnahmen soll sich der Fokus verschieben von der Individuenebene hin zur Populationsebene. Bedeutet, der Erhaltungszustand einer betroffenen Population, also einer Gruppe von Tieren einer Art in einem bestimmten Gebiet, dürfe sich nicht verschlechtern. Das solle eine "gewisse Flexibilisierung" ermöglichen. Zum anderen müsse nachgewiesen werden, dass es keine zumutbaren Alternativen zu einem Vorhaben gebe.
Neuer Wohnraum für Zauneidechsen
Das Ministerium betont: Um größere Populationen von Zauneidechsen – wie es sie in Baden-Württemberg entlang von Schienen und Straßen häufig gebe - zu schützen, seien umfangreiche Umsiedlungsmaßnahmen erforderlich. Bei frühzeitiger Suche nach geeigneten Ersatzlebensräumen müsse dies Verfahren aber nicht zwingend verzögern. Viele alte Strecken könnten aktiviert werden.
Das Beispiel Hermann-Hesse-Bahn
Bei rund zwei Dutzend stillgelegten Bahnstrecken in Baden-Württemberg könnte sich die Wiederinbetriebnahme lohnen. Dies legen Machbarkeitsstudien nahe, die der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und der Interessenverband Allianz pro Schiene im vergangenen Herbst veröffentlichten. Aufgeführt wurde etwa die Hermann-Hesse-Bahn zwischen Calw und Weil der Stadt (Kreis Böblingen).
Die Eröffnung der neuen alten Verbindung nach Stuttgart wurde immer wieder verschoben, geplant war sie 2021. Ein Problem für die Hesse-Bahn: Der Artenschutz. Fledermäuse hatten die beiden historischen Eisenbahntunnel als Winterquartier entdeckt. Durch die Ritzen zwischen den Sandsteinblöcken krochen sie hinter die Tunnelwand. Die Folge: Gutachten, ein Gerichtsstreit und die Errichtung von Ausweichquartieren für die Fledermäuse. Im Jahr 2025 sollen erste Züge auf der Strecke fahren.
Politik mit großem Interesse an Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken
Durch die Wiederbelebung früherer Bahnstrecken könnten insbesondere ländliche Regionen wieder an das Schienennetz angeschlossen werden, so Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Es gebe ein enormes Interesse an Reaktivierungsvorhaben. Allein durch die Reaktivierung der Bottwartalbahn zwischen Marbach und Heilbronn könnten rund 5.000 Fahrgäste zusätzlich für den ÖPNV gewonnen werden, antwortete das Ministerium auf die FDP-Anfrage.
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