Politik und Wirtschaft haben sich am Montag zu einem Autogipfel getroffen. Dabei ging es um die Lage der Automobilindustrie - besonders um die Probleme mit der E-Mobilität.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat der kriselnden deutschen Autoindustrie Unterstützung in Aussicht gestellt. Habeck sagte nach Beratungen mit Vertreten der Branche, es solle keine Schnellschüsse und keine "Strohfeuermaßnahmen" geben. Es gehe um langfristige Planbarkeit. Dazu habe es Übereinstimmung in der Runde gegeben. "Unter der Bedingung haben wir über verschiedene Möglichkeiten gesprochen."
Die Maßnahmen, die vielleicht kämen, sollten immer rückwirkend gelten. Die Bundesregierung werde nun beraten. Konkrete mögliche Fördermaßnahmen nannte Habeck nicht. Der ohnehin stattfindende regelmäßige Dialog mit der Branche werde fortgesetzt, so Habeck.
Der Wirtschaftsminister hatte sich bei dem virtuellen Treffen mit Spitzenvertretern aus der Branche und der Gewerkschaft IG Metall beraten. Der Branchenverband VDA erklärte dazu, es sei gut und richtig gewesen, dass der Austausch stattgefunden habe. "Ein gemeinsames Verständnis der Lage ist essenziell", sagte ein Sprecher. "Wir erleben keine Krise der Automobilindustrie, wir erleben eine Krise des Standortes Deutschland."
Austausch über Lage in der Automobilindustrie
Vor dem Autogipfel am Montag hatte der Chef von Volkswagen und Porsche, Oliver Blume, dem SWR gesagt, dass die Branche im internationalen Vergleich die vielleicht herausforderndste Situation in der Geschichte der Bundesrepublik erlebe. Dabei gehe es nicht nur um die Autohersteller, sondern auch um die Lieferanten: "Wir müssen wieder verstehen, dass die Industrie Grundlage unserer Gesellschaft ist, Grundlage unseres Wohlstands und Grundlage unserer Demokratie", so Blume.
Dabei seien alle gefordert: Sowohl die Industrie mit den richtigen Strategien und Produkten, als auch die Politik mit den richtigen Rahmenbedingungen. "Es geht aber auch darum, wieder die richtige Einstellung in Deutschland zu entwickeln: Hunger auf Erfolg. Und wenn alle dort mithelfen, dann werden wir das auch gemeinsam wieder hinbekommen", so Blume weiter.
Mercedes-Chef: Europäische Regeln für CO2 überdenken
Mercedes-Chef Ola Källenius hatte zuvor gefordert, dass die Regeln für CO2 in Europa überdacht werden. Er verlangte ein Entgegenkommen der Politik. "Wir müssen über die CO2-Regulierung in Europa reden", sagte er dem "Handelsblatt". Zwar stehe Mercedes zum Ziel der Dekarbonisierung der Autoindustrie, doch die Schätzung der EU-Kommission sei zu optimistisch gewesen, wie sich zeige: "Wir können die Kundenwünsche nicht ignorieren", sagte Källenius.
Der Minister sagte der Branche hierbei Unterstützung zu. Habeck sagte, die Grenzwerte sollten im Jahr 2026 einer Revision unterzogen werden. Es sei der Wunsch der Runde gewesen, sich dafür einzusetzen, dass das schon im kommenden Jahr passiere. "Dem will ich gerne folgen." Andererseits deämpfte er die Erwartungen. Es handle sich um ein europäisches Programm. Viele andere Länder hätten nicht die Herausforderungen Deutschlands. Zudem habe sich Deutschland in der Verkehrspolitik in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, sagte Habeck mit Blick auf das umstrittene Vorgehen beim Thema E-Fuels.
Verkauf von E-Autos läuft schlechter als gedacht
Die EU will die "Flottenziele" für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) verschärfen. Bei zu viel ausgestoßenem CO2 drohen Herstellern Strafzahlungen. Zugleich kämpfen die deutschen Hersteller mit schwachen Absatzzahlen und hohen Kosten für den Umstieg auf den E-Antrieb. Vor Kurzem musste Mercedes-Benz wegen schwachen Verkaufszahlen in China seine Gewinnprognose für dieses Jahr kappen. Zuvor hatte bereits BWM seine Absatz- und Gewinnerwartungen für das laufende Jahr gesenkt.
Volkswagen hat die seit Jahrzehnten geltende Beschäftigungssicherung mit den Gewerkschaften in Deutschland aufgekündigt und Werksschließungen sowie betriebsbedingte Entlassungen nicht mehr ausgeschlossen. Zugleich drängen neue Wettbewerber wie Tesla und Hersteller aus China in den Markt.
Habeck will nach dem Treffen mit Spitzen der Automobilbranche in der Ampel-Regierung über mögliche neue Förderungen für Elektrowagen beraten. Neue Maßnahmen dürften aber angesichts großer Löcher im Haushalt nicht einfach zu finanzieren sein.
Neue "Abwrackprämie" möglich?
Die SPD fordert wegen des schleppenden Verkaufs von E-Autos nach Medienberichten sozusagen eine neue "Abwrackprämie": Wer seinen Verbrenner gegen ein neues E-Auto eintauscht, soll demnach einen Bonus von 6.000 Euro bekommen. In einem Papier der SPD-Wirtschaftspolitiker steht auch, dass der Kauf eines gebrauchten E-Autos mit 3.000 Euro bezuschusst werden soll. Außerdem könnte ein "Social Leasing-Programm" nach französischem Vorbild eingeführt werden - Personen mit kleinen und mittleren Einkommen könnten einen staatlichen Zuschlag zur Leasingprämie für ein mittelpreisiges E-Auto bekommen.
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) verlangt langfristige Maßnahmen: Subventionen für fossilen Verkehr müssten sinken und dauerhaft in Unterstützung für klimafreundliche Mobilität fließen. Auch Hersteller seien gefragt. Dringend nötig seien kleinere und bezahlbarere Autos: "Hier ist einfach nicht genug auf dem Markt", so Hermann.
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Bei den deutschen Autobauern sinken die Verkaufszahlen, doch nicht überall gleich stark. Manchen Herstellern macht das mehr zu schaffen - sie ziehen erste Konsequenzen.
Forderungen nach neuen Zuschüssen für E-Autos
Die Gewerkschaft IG Metall hält ein komplett neues Förderpaket für Elektromobilität für notwendig. Ähnlich sieht das auch das Institut der deutschen Wirtschaft. Greenpeace schlägt Prämien für kleine und sparsame E-Autos vor. Der Umweltverband stellt sich vor, dass diese Prämien durch eine Neuzulassungssteuer für große Verbrenner gegenfinanziert werden.
Habeck hatte in der Vergangenheit bereits neue staatliche Fördermaßnahmen für Elektroautos in Aussicht gestellt. "Ich fühle mich schon in einer Verpflichtung zu sehen, dass der Markt jetzt wieder anzieht", sagte er bei einem Besuch des VW-Werks in Emden in Niedersachsen. Habeck verwies darauf, dass die Bundesregierung steuerliche Anreize für E-Autos als Dienstwagen plane. Dadurch soll auch der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos gestärkt werden, weil Firmenwagen relativ schnell zu einem günstigen Preis als Gebrauchtwagen zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werde man schauen, ob noch etwas geht, sagte Habeck.
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FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sagte dagegen, der Autogipfel dürfe "nicht zum Subventionsgipfel werden, sondern muss die grundlegenden Standortbedingungen der deutschen Industrie in den Blick nehmen".
Ob neue Anreize geschaffen werden, ist offen
Angesichts von Haushaltszwängen scheint allerdings offen, ob die Bundesregierung wirklich umfassende zusätzliche Maßnahmen beschließt, um die Nachfrage nach Elektroautos anzukurbeln. Nach dem abrupten Stopp der staatlichen Förderung Ende des vergangenen Jahres sind die Neuzulassungen von E-Autos eingebrochen.
In der Wirtschaftskrise 2009 hatte Deutschland schon einmal mit einer Prämie den Austausch von Autos gefördert. 2.500 Euro Umweltprämie erhielt, wer sein altes Auto verschrotten ließ und ein neues kaufte. Viele sprachen daher von einer "Abwrackprämie".