Zeitweise hatten am Mittwoch viele Apotheken in Baden-Württemberg geschlossen. Die Mitarbeitenden wollten damit gegen die Politik der Bundesregierung protestieren.
Anlässlich des Deutschen Apothekertages und aus Protest gegen die Politik der Bundesregierung waren am Mittwochnachmittag auch in Baden-Württemberg zahlreiche Apotheken geschlossen. Dazu hatten die Landesapothekerverbände aufgerufen. Besonders in Karlsruhe sollten nahezu alle Apotheken bei den Schließungen mitmachen, sagte ein Verbandssprecher dem SWR. Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker findet im Rahmen des Deutschen Apothekertages vom 27. September bis 29. September 2023 in Düsseldorf statt.
Forderungen: Höhere Honorare, weniger Bürokratie
Die Apothekerinnen und Apotheker wollten mit der Aktion erneut gegen die Politik von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) protestieren. Bereits am 14. Juni gab es einen Protesttag.
Sie fordern unter anderem, dass die Honorare der Apotheken an die wirtschaftliche Gesamtentwicklung in Deutschland angepasst werden, auch vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Betriebskosten. Die Apotheken kritisieren darüber hinaus eine wachsende Bürokratie und die immer größer werdenden Lieferengpässe bei Arzneimitteln.
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Zwei Drittel der Apotheken in Karlsruhe schließen
Auch im Stadt- und Landkreis Karlsruhe sollten am Nachmittag die meisten Apotheken geschlossen bleiben, sagte Felix Maertin, Erster Vorsitzender des Vereins "Gruppe der Karlsruher Apotheker." Von den insgesamt 69 Apotheken gehören 43 dem Verein an und beteiligten sich an dem Protest. Der Mittwochnachmittag sei zwar typischerweise nicht die Zeit mit dem höchsten Kundenandrang, es gehe aber um die Symbolkraft.
Maertin beschreibt die finanzielle Lage der Apothekeninhaber wegen der hohen Inflation als angespannt. Seit 20 Jahren habe es keine Honoraranpassungen mehr gegeben, was dazu führe, dass immer mehr Apotheken schließen.
Schließung während der Rede von Karl Lauterbach
Die Schließungen zwischen 13 und 16 Uhr fanden in der Zeit statt, in der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf dem Deutschen Apothekertag eine Rede hielt. Allen Apothekenteams solle damit Gelegenheit gegeben werden, die auch online übertragene Rede zu verfolgen, hieß es. Die Versorgung während der Schließungszeit wurde laut Verband durch die Notdienst-Apotheken sichergestellt.
Lauterbach für mehr "Telepharmazie"
Für viel Unmut unter den Apothekerverbänden sorgte die Äußerung Lauterbachs vor Beginn des Deutschen Apothekertags. Laut der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) kündigte er an, dass künftig auch Apothekenfilialen zugelassen werden sollen, ohne dass dort ein Pharmazeut anwesend sein muss. Damit will er nach Zeitungsinformationen den Betrieb von Apotheken auf dem Land erleichtern. Entsprechende Gesetzesänderungen sollen demnach bis zum Jahresende in den Bundestag eingebracht werden.
In Form von "Telepharmazie" könnten Pharmazeutisch-Technische Assistenten in den Filialen den Apotheker oder die Apothekerin vertreten und Beratungen allein anbieten, "wenn sie digital an die Hauptapotheke angebunden sind", sagte der Minister der Zeitung.
Die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Overwiening, kritisierte Lauterbachs Pläne als "eine Kampfansage gegenüber der gesamten Apothekerschaft". Die Neuordnung werde "den Apotheken komplett den Boden unter den Füßen wegziehen", sagte Overwiening der Zeitung. Der Gesundheitsminister verfolge das Gegenteil einer Stärkung der Vor-Ort-Apotheken. "Die Beratung durch approbierte Apothekerinnen und Apotheker wird zusammengestrichen", so Overwiening.
Apothekerverband: Viel Umsatz für wenige Geschäfte
Der Umsatz einer durchschnittlichen Apotheke in Deutschland hat sich nach Angaben des Deutschen Apothekerverbandes in den vergangenen 13 Jahren knapp verdoppelt, auf netto rund 3,2 Millionen Euro.
Der Verband weist allerdings darauf hin, dass sich viel Umsatz auf wenige große Apotheken verteile, sodass die meisten Apotheken nicht auf diesen Durchschnitt kämen. Außerdem würden immer teurere Medikamente verschrieben, was zwar den Umsatz anhebe, aber nicht mehr Gewinn bringe. Denn das Honorar der Apotheken richte sich bei verschreibungspflichtigen Medikamenten nach der Zahl der abgegebenen Packungen und nicht nach dem Einzelpreis eines Medikaments.