Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir stellte sich der Kritik von Landwirten. Für Knut Bauer von der SWR Redaktion Landespolitik waren die Auftritte auch ein Stimmungsbarometer.
Die Auftritte in Erlenbach (Kreis Heilbronn) und Ellwangen (Ostalbkreis) während der derzeitigen Bauernproteste sind ein Gradmesser für die weiteren politischen Ambitionen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). Dort stellte er sich zwar in seiner Funktion als Bundesminister der Kritik und erklärte, dass die Kürzungen nicht so drastisch ausfallen wie ursprünglich geplant. Doch Termine wie diese dienen durchaus auch dazu, die Stimmung auszuloten und zu schauen, wie der Grünen-Politiker "im Ländle" ankommt. Denn Özdemir ist der Wunschkandidat der Grünen in Baden-Württemberg.
Özdemir ist Grünen-Favorit für BW-Landtagswahl
Es heißt, wenn Özdemir dazu bereit ist, dann wird er die Grünen bei der Landtagswahl 2026 ins Rennen führen. Mit ihm versprechen sie sich aufgrund seiner Prominenz die größten Wahlchancen.
Aber seit dem Wahlerfolg von Winfried Kretschmann (Grüne) bei der Wahl vor drei Jahren mit 32 Prozent für die Grünen hat sich die Stimmung massiv gedreht: Die Grünen sind auch in Baden-Württemberg im Abwärtstrend, jetzt kommen die Bauernproteste dazu. Von daher ist die Ausgangslage für Özdemir eher schwierig.
Viele fremdeln mit dem Berliner Polit-Promi
Özdemir hat somit einiges zu verlieren. Deshalb wird er abwarten, wie sich die Stimmungslage entwickelt und wie der Trend im Herbst aussieht. Auftritte wie in Erlenbach und Ellwangen könnten ihm zumindest helfen, auch Wähler in ländlichen Regionen zu gewinnen, wo die Bauern hauptsächlich zu Hause sind.
Cem Özdemir kommt zwar aus Bad Urach auf der Schwäbischen Alb und damit selbst vom Land, aber er ist längst ein Berliner Polit-Promi, den man aus Talkshows kennt. Er kann zwar für die Grünen in Städten wie Freiburg, Heidelberg oder Stuttgart Wahlerfolge einfahren, die Menschen in Hohenlohe oder Oberschwaben fremdeln mit ihm aber eher. Ein Amt wie das des Landwirtschaftsministers trägt sicher dazu bei, sich bei Leuten auf dem Land bekannt zu machen - doch ob er sich dort auch beliebt macht, ist eine ganz andere Frage.
Özdemir wartet erstmal ab
Bei seinen Auftritten in den letzten Tagen ist es ihm gelungen, die anfangs aufgeheizte und alles in allem negative Stimmung zu beruhigen. Das zeigt auf jeden Fall, dass Özdemir keine Kontroverse scheut. Dass er sich stellt und trotz der Widerstände in den Dialog geht, das haben auch die Landwirte beim Kalten Markt in Ellwangen zumindest respektiert.
Spätestens wenn Ende des Jahres die Kandidatenlisten für die Bundestagswahl 2025 aufgestellt werden, muss sich Özdemir entscheiden, ob er wieder in Stuttgart für die Bundestagswahl antritt oder ob er bei der Landtagswahl als Spitzenkandidat ins Rennen geht.
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