Die Bundespolitik ist alarmiert, nachdem ein Polizist bei Durchsuchungen im "Reichsbürger"-Milieu angeschossen worden ist. Auch der Generalbundesanwalt betont die Gefahr durch die Szene.
Nach einem Schuss auf einen Polizisten bei einer Razzia in der "Reichsbürger"-Szene in Reutlingen haben Politikerinnen und Politiker der Ampel-Parteien vor Bedrohungen durch die "Reichsbürger"-Bewegung gewarnt. "Wir haben es nicht mit harmlosen Spinnern zu tun, sondern mit gefährlichen Extremisten, die von gewaltsamen Umsturzfantasien getrieben sind und viele Waffen besitzen", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Innenministerin Faeser fordert erneut schärferes Waffengesetz
Der Staat sei in der Verantwortung, alles zu tun, um so früh wie irgend möglich zu erkennen, wenn von Waffenbesitzern erhebliche Gefahren für andere Menschen ausgingen. "Dafür fehlen uns bislang wichtige Regelungen im Waffengesetz", sagte Faeser mit Verweis auf ihren Gesetzentwurf vom Januar. "Wir müssen sicherstellen, dass bei Anzeichen für eine Gefährlichkeit der jeweiligen Person Waffenerlaubnisse gar nicht erst erteilt oder rechtzeitig entzogen werden."
Am Mittwoch hatte es im Zusammenhang mit der "Reichsbürger"-Szene Durchsuchungen in acht deutschen Bundesländern und der Schweiz gegeben. Ein Beamter eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) wurde dabei in Reutlingen angeschossen und am Arm verletzt. Der Schütze wurde festgenommen und befindet sich in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft ermittelt unter anderem wegen des Verdachts des mehrfachen versuchten Mordes.
Generalbundesanwalt: Vernetzung und Gewalttätigkeit haben zugenommen
Generalbundesanwalt Peter Frank sagte am Mittwochabend, die "Reichsbürger"-Szene sei nicht mehr dieselbe wie vor zehn Jahren. "Da hat man gegen Gerichtsvollzieher irgendetwas gemacht, man hat keine Steuern gezahlt, oder man hat versucht, irgendwelche Gerichtstermine zu boykottieren." Inzwischen hätten die Vernetzung und die Gewalttätigkeit zugenommen, man beobachte einen stärkeren Zusammenschluss. Deshalb sehe die Bundesanwaltschaft auch die Gefahr, dass sich dort kriminelle oder terroristische Vereinigungen bildeten - und habe sich 2022 zu einem "robusteren Vorgehen" entschieden.
Grüne fordern umfassende Aufklärung
Die Grünen mahnten zu Wachsamkeit. Der Vorfall in Reutlingen "führt einmal mehr die massiven sicherheitspolitischen Gefahren vor Augen, die von dieser demokratiefeindlichen Szene ausgehen", sagte der Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es brauche eine "umfassende und vorbehaltlose Aufklärung" nicht nur des Angriffes auf den Polizeibeamten in Reutlingen, sondern auch der Netzwerke, Verbindungen und Planungen der bereits im Dezember aufgedeckten "Reichsbürger"-Gruppe, forderte der Grünen-Fraktionsvize.
Zusammenhang zur Großrazzia im Dezember 2022
Die Durchsuchungen am Mittwoch standen im Zusammenhang mit einer Groß-Razzia Anfang Dezember, die sich unter anderem gegen den Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß als mutmaßlichen Rädelsführer gerichtet hatte. Nach Angaben der Bundesanwaltschaft hat sie im Zuge dieser Ermittlungen neben den bisher 25 Hauptverdächtigen fünf neue Beschuldigte im Visier. Gegen sie bestehe der Verdacht der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung, die das politische System in Deutschland stürzen wollte.