Messerangriff, Hacker und Deepfake: Dirk Peglow kennt sich mit Kriminalität in Deutschland aus. Wer begeht eine Straftat? Wie groß ist das Problem mit Antisemitismus und KI?
Wie verändert sich die Arbeit der Kriminalbeamten im digitalen Zeitalter? Wie läßt sich Clan-Kriminalität bekämpfen, die über Jahrzehnte gewachsen ist? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Dirk Peglow. Er ist Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK).
Kriminelle in Deutschland: Wer begeht eine Straftat?
Straftäter seien in Deutschland meistens männlich, entsprächen aber in Deutschland dem Mittel der Gesellschaft, so Peglow. Gleichzeitig würden Kriminelle immer jünger und die Zahl an Attacken mit Messern steige.
Hier sieht Peglow Prävention als enorm wichtig an.
Anders als in der Öffentlichkeit oft wahrgenommen sei sogenannte "Clan-Kriminalität" in Deutschland kein weit verbreitetes Problem: Mit Blick auf alle erfassten Straftaten liege der Anteil an Delikten, die der "Clan-Kriminalität" zuzuordnen seien, bei sieben Prozent, so Peglow.
Politische Straftaten: Antisemitismus zugenommen
Seit den Terrorangriffen der Hamas auf Israel ist auch in Deutschland die Zahl der antisemitischen Straftaten gestiegen. Das bedeute Mehrarbeit für die Polizei, so Peglow: Sie begleite Demos und ermittle, wenn Israel beispielsweise das Existenzrecht abgesprochen wird.
Die Zahl der politisch motivierten Straftaten, die sich weder dem rechten noch dem linken Spektrum zuordnen lassen, hat sich verdreifacht. Darunter fallen laut Peglow Straftaten aufgrund von ausländischen und religiösen Ideologien, aber antisemitische Straftaten lassen sich nicht immer zuordnen; sie kämen beispielsweise sowohl aus dem rechten Milieu als auch aus dem islamistischen Milieu.
Peglow findet: Der Polizeiberuf muss attraktiver werden. Ihm zufolge kann in vielen Bundesländern nicht genug Personal eingestellt werden. Es gebe zwar viele Bewerber:innen, aber nur ein Bruchteil davon seien für das Auswahlverfahren geeignet.
Cyberkriminalität: Hacker und KI
Dabei sei ausreichend und gut geschultes Personal dringend nötig, um beispielsweise den steigenden Straftaten im Bereich der Cyberkriminalität zu begegnen.
Über diesen Punkt sei die Polizei inzwischen weg: Sie beschäftige mittlerweile externe Expert:innen, die aus Sicht von Peglow aber nicht gut genug bezahlt werden. Auch den Herausforderungen durch Straftaten mit KI und Deepfakes muss die Polizei begegnen – gleichzeitig sieht Peglow durch KI auch Chancen für die Polizeiarbeit, z.B. durch den Einsatz von KI bei der Analyse von Datensätzen.
Schon als Kind lernte Dirk Peglow den Alltag eines Kriminalbeamten über seinen Vater kennen. Seine Laufbahn als Streifenbeamter begann er im 4. Revier in Frankfurt, zuständig für das Bahnhofsviertel. Er wechselte zur Kriminalpolizei, ermittelte in der Organisierten Kriminalität und wurde 2006 erst stellvertretender, später kommissarischer Leiter einer Ermittlungsgruppe, die sich mit der Bekämpfung von Bandenkriminalität befasst.
Auch in der Gewerkschaft ist Peglow engagiert. Seit 2016 als hessischer Landesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und seit November 2021 als dessen Bundesvorsitzender.
Mehr zum Thema Gewalt und Kriminalität
Journalist Ronen Steinke Schützt der Verfassungsschutz wirklich unsere Demokratie?
Journalist Ronen Steinke untersucht, wie viel Macht und Einfluss der Verfassungsschutz hat. Sind Klimaproteste wirklich verfassungsfeindlich, dürfen Protestgruppen abgehört werden?
People Are People SWR1 Leute
Zwei Stunden Zeit für ein Gespräch mit Menschen, die im Mittelpunkt stehen, die Herausragendes leisten oder einfach eine spannende Lebensgeschichte haben.