Neue Kennzeichen für 320 kleinere Städte, das will ein Konzept der Hochschule Heilbronn ermöglichen. Wir haben mit Professor Ralf Borchert von der HHN gesprochen.
Für manche Autofahrer ist das Kennzeichen am Auto nicht mehr als eine Reihe von Buchstaben und Zahlen. Für andere ist es ein Stück Heimat, das stolz am Heck des Wagens prangt: Das Kennzeichen. Und während größere Städte und Regionen unverwechselbare Buchstabenkombination haben, bleiben andere, kleinere Ortschaften im Schatten der größeren Kreiskennzeichen.
Ein Konzept der Hochschule Heilbronn möchte 320 deutschen Städten und Gemeinden mit über 20.000 Einwohnern neue Ortskennungen auf den Kennzeichen ermöglichen. Wir haben dazu mit Professor Ralf Bochert von der HHN gesprochen, der maßgeblich zum Thema Kennzeichenliberalisierung beteiligt ist.
Warum Städte eigene Kennzeichen bekommen sollten
SWR1: Sie haben dafür gesorgt, dass wir schon einige alte Städtekürzel wieder auf den Nummernschildern sehen. Zum Beispiel BIN für Bingen oder PRÜ für Prüm in der Eifel. Das geht seit 2012 auf Ihre Initiative hin, Städte wie Ingelheim oder Andernach haben dagegen keine eigenen Zeichen. Warum sollten die Ihrer Meinung nach eins haben?
Professor Ralf Bochert: Die Idee war, dass Kfz-Kennzeichen möglicherweise für viele Menschen viel mit Verortung zu tun haben und dass man daher die sogenannten "Altkennzeichen" wieder einführt, also für Prüm oder Sankt Goar die Kennzeichen wiederbelebt, die in den Gebietsreformen in den 1960er-Jahren abgeschafft wurden.
Das ist auch politisch gemacht worden, was schon etwas überraschend war, weil das schon auch etwas einen Rückwärtsbezug hatte auf irgendwelche Altkreise, die heute eigentlich keinen mehr interessieren.
Aus der Erfahrung dieser Reform kommt jetzt der Vorschlag. (...) Ingelheim, Andernach oder Haßloch sind sogar Größer als Prüm oder Rockenhausen und Sankt Goar und nur, weil sie keine alten Kreisstädte waren, haben sie kein Kennzeichen. Da es jetzt sowieso überall mehrere Kennzeichen im Landkreis gibt, spricht doch gar nichts dagegen, das für die auch zu machen. Für die Städte ist das bestimmt interessant.
Bedeutung der Kennzeichen für die Einwohner
SWR1: Wären die Menschen in Haßloch, Idar-Oberstein, Schifferstadt wirklich glücklicher, wenn sie ein eigenes Kennzeichen hätten?
Bochert: Die Empirie aus der Wiedereinführung der Altkennzeichen zeigt, dass sehr viele Bingener "BIN" auf dem Auto haben und sehr viele Rockenhausener "ROK". Da muss man ja nichts mehr zu sagen. Die machen das, weil sie sich in Ihrer Stadt verorten und warum soll Ingelheim anders sein als Bingen oder warum soll Andernach anders sein als Mayen?
Vorschlag der Hochschule Heilbronn mit wenig Kosten verbunden Für mehr Verbundenheit mit dem Heimatort: Neue Kfz-Kennzeichen für rund 320 Städte?
Wertheim oder auch Eppingen könnten schon bald ein eigenes Kfz-Kennzeichen bekommen. Ein Konzept der Hochschule Heilbronn sieht das für Städte mit mehr als 20.000 Einwohnern vor.
Aktuelle Rechtslage für Kfz-Kennzeichen
SWR1: Das Rheinland-Pfälzische Verkehrsministerium sagt, es habe in den letzten Jahren keine Anfragen nach zusätzlichen Städtekennzeichen gegeben. Ist lso das Interesse gar nicht mehr so da?
Bochert: Städte wie Ingelheim und Andernach können nach jetziger Rechtslage gar keine eigenen Kennzeichen bekommen. Die Rechtslage besagt, dass nur Kennzeichen reaktiviert werden können, wenn es sie schon einmal gegeben hat. [...] Die Idee ist, diese Verordnung zu ändern, um es dann für die Städte möglich zu machen.
SWR1: Ist das kompliziert?
Bochert: Nein, das ist überhaupt nicht kompliziert. Das ist ein ein bürokratischer Prozess. Der ist aber schlank. Das heißt, da gibt es dann einen Antrag, der geht einmal durch den Bundesrat. In dem Moment, in dem das geändert ist könnten dann Idar-Oberstein oder Haßloch einen entsprechenden Antrag stellen.
Stadtmarketing durch Kennzeichen
SWR1: Jetzt denken sich wahrscheinlich manche, die Städte haben doch eigentlich ganz andere Probleme. Was sagen Sie denen?
Bochert: Ja, natürlich haben sie andere Probleme. Es ist auch nur ein kleines, nettes Thema, aber es geht um Stadtmarketing. Städte haben ein Interesse daran, dass sich Menschen bei ihnen verorten, [...] dass man ein bisschen emotionale Fläche liefert, und deswegen macht man Stadtmarketing.
Normalerweise kostet Stadtmarketing was. Fragen Sie eine Stadt, warum sie ihre Homepage auf dem neuesten Stand hält. Da geht es auch um Wahrnehmung, denn die zentralen Funktionen wie Veranstaltungen abrufen, kann ich auch auf einer alten Homepage.
Das bedeutet, Städte sorgen über symbolische Dinge dafür, dass sich Menschen bei ihnen wohlfühlen. In dem Fall hier ist es komplett kostenlos. Das ROK-Kennzeichen hat Rockenhausen gar nichts gekostet und trotzdem kriegt Rockenhausen damit eine Wahrnehmung nach Innen und Außen und das ist natürlich für Haßloch oder für Idar-Oberstein auch interessant.
Das Interview führte SWR1 Moderatorin Claudia Deeg.
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