Die Rheinland-Pfälzerin Julia Klöckner wurde heute im neuen Bundestag zur Bundestagspräsidentin gewählt. Ist sie die Richtige für den Job?
Der neue Bundestag kommt erstmals in Berlin zusammen – mit 630 Abgeordneten, davon 31 aus Rheinland-Pfalz. Unter ihnen ist Julia Klöckner aus Bad Kreuznach von der CDU. Sie wurde heute zur Bundestagspräsidentin gewählt. Kann sie das? Und was haben wir von der AfD zu erwarten?
Wir haben Politikwissenschaftler Professor Uwe Jun von der Uni Trier gefragt. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Westliche Regierungssysteme: Das politische System der Bundesrepublik Deutschland.
Möglichkeiten als Bundestagspräsidentin
SWR1: Ist das zweithöchste Staatsamt der richtige Posten für Julia Klöckner und besser als ein Ministeramt?
Uwe Jun: Sie hat jedenfalls mehr Möglichkeiten zu repräsentieren und damit eben auch nach außen gehen zu können. Denn sie leitet ja nicht nur die Bundestagssitzungen.
Als Bundestagspräsidentin darf sie dann auch das Parlament nach außen vertreten, kann dann eben auch reisen oder Gäste empfangen. Und dieser repräsentative Job kommt ihr sicherlich nicht ungelegen. Zumal auch andere, noch ganz nette Möglichkeiten damit verbunden sind, in die Politik hineinzuwirken.
Herausforderungen für Julia Klöckner
SWR1: Was werden die größten Herausforderungen für Julia Klöckner sein?
Jun: Sie muss natürlich auch resolut auftreten können. Auch das hat sie ja in der Vergangenheit durchaus unter Beweis gestellt. Denn die Sitzungsleitung wird nicht immer einfach werden. Erst recht mit AfD und Linken – zwei Parteien, die sich nicht unbedingt mögen. [...]
Überparteilichkeit wird ihr ja von einigen abgesprochen.
Die AfD ist durch vielerlei Zwischenrufe bekannt. Da gilt es auch, bestimmte Disziplin von den Abgeordneten zu fordern. Sie muss natürlich eine gewisse Neutralität und Überparteilichkeit unter Beweis stellen.
Die wird ihr ja von einigen abgesprochen, weil sie manchmal durch prononcierte Beiträge aufgefallen ist, die nicht unbedingt das Gefallen aller gefunden haben. Aber das wird ihre Aufgabe als Bundestagspräsidentin sein, diese überparteiliche Stellung am Ende zu bewahren.
Direktmandate und Listenplätze Diese 31 Abgeordneten vertreten Rheinland-Pfalz im neuen Bundestag
Dem neuen Bundestag werden 31 Abgeordnete aus Rheinland-Pfalz angehören. Das sind die Menschen, die unser Bundesland in Berlin vertreten werden.
Politikwissenschaftler Uwe Jun über einen möglichen Bundestagsvizepräsidenten von der AfD
SWR1: Die erste Sitzung wird heute von Gregor Gysi (Die Linke) eröffnet. Er ist dienstältester Bundestagsabgeordnete, der älteste ist Alexander Gauland von der AfD mit 84 Jahren. Aber seit 2017 geht es um die Dienstjahre und eben nicht um das Lebensalter. Also ohne die geänderte Regelung hätte Gauland heute die unbegrenzte Redezeit. Und das wollte man nicht.
Jun: In der Tat, die Mehrheit des Bundestages wollte genau das nicht. Sie wollte verhindern, dass Ähnliches vorkommt, wie wir es vor kurzem im thüringischen Landtag erlebt haben. Dass nämlich ein AfD-Abgeordneter, möglicherweise die Bühne für sich nutzt. [...]
Deswegen hat man sich dann darauf verständigt, dass der Dienstälteste es machen soll. Und da die AfD erst seit 2017 im Bundestag ist, war da die Wahrscheinlichkeit gering, dass sie den Dienstältesten am Ende stellen wird.
SWR1: In den letzten Jahren hat die AfD nie einen Bundestagsvizepräsidenten durchbekommen. Jetzt ist sie stärkste Oppositionskraft, zweitstärkste Kraft im Bundestag. Bekommt sie den Posten immer noch nicht?
Jun: Das entscheiden die Fraktionen. Und die scheinen nach wie vor der Auffassung zu sein, dass – solange es Zweifel an der Demokratie-Kompatibilität der AfD gibt und solange diese nicht ausgeräumt sind – ihr auch dieser Posten nicht zustehen soll. Jedenfalls sind das die Verlautbarungen, die man bislang von den anderen Fraktionen hört.
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