Der Bundestag hat neue Regeln für Cannabis im Straßenverkehr verabschiedet. Was das in der Praxis bei einer Verkehrskontrolle bedeutet, darüber haben wir mit Noriko Nagy von der Polizeigewerkschaft Rheinland-Pfalz gesprochen.
Der Bundestag hat neue Regeln zu Cannabis im Straßenverkehr beschlossen. Als Grenzwert wurden 3,5 Nanogramm Tetrahydrocannabinol (THC) festgelegt. Wer damit oder mehr im Straßenverkehr unterwegs ist, riskiert ein Bußgeld 500 Euro und einen Monat Fahrverbot. Der Bundestag folgt mit dieser Entscheidung den Empfehlungen einer Expertenkommission des Verkehrsministeriums.
Was das in der Praxis bei einer Verkehrskontrolle bedeutet, darüber haben wir mit Noriko Nagy von der Polizeigewerkschaft Rheinland-Pfalz gesprochen.
SWR1: Gibt es einen Cannabisschnelltest wie bei der Alkoholkontrolle?
Noriko Nagy: Ja, den gibt es. Der wird über eine Urinprobe durchgeführt.
SWR1: Das ist aber schon ein Unterschied zur Atem-Alkoholkontrolle, dem "mal eben blasen", oder?
Nagy: Ja, das erfordert auch manchmal ein stilles Eckchen oder Örtchen, wo das Ganze dann auch in Ruhe stattfinden kann. […]
SWR1: Ich habe gehört, ein Beamter muss dabei dann auch immer zuschauen?
Nagy: Ja, genau. Dabei geht es darum zu vermeiden, dass Fremdurin abgegeben wird, muss da ein Beamter oder eine Beamtin, je nachdem welches ein Geschlecht die Kontrollperson hat, dabei sein.
SWR1: Ich gestehe in aller Öffentlichkeit: Ich kann das nicht auf Kommando …
Nagy: Das ist nachvollziehbar und kommt auch nicht so selten vor. Dann wird es ermöglicht, dass man auf eine Toilette fährt, entweder zur Dienststelle direkt oder eben an einem stillen Örtchen in der Nähe. Dann wird es dort versucht. Wenn eine Urinabgabe nicht möglich ist, dann erfolgt zwangsläufig auch die Blutentnahme.
SWR1: Wie müssen wir uns das jetzt künftig vorstellen? Muss man bei einer Verkehrskontrolle zwangsläufig zum THC-Test?
Nagy: Wenn keine Ausfallerscheinungen festgestellt werden können, muss man nicht. Die Kontrolle funktioniert genauso wie vorher auch. Man wird eben nach dem Führerschein und dem Fahrzeugschein gefragt und dann wird im Gespräch festgestellt: Ist derjenige ansprechbar? Wie ist das allgemeine Befinden der Person? Da sind unsere Kolleginnen und Kollegen alle sehr gut geschult darin, auf den ersten Blick schon ein paar Dinge festzustellen.
Dann wird die Kontrolle ganz normal durchgeführt. Falls sich dann Anhaltspunkte ergeben, dass eine Nicht-Fahrtüchtigkeit vorliegt, wird […] eben auch der Urin- oder der Alkoholschnelltest angeboten.
Nach der Teil-Legalisierung Cannabis-Regeln für den Straßenverkehr beschlossen
Nach der Teil-Legalisierung von Cannabis blieb es zunächst verboten, nach dem Kiffen Auto zu fahren. Jetzt hat der Bundestag neue Regeln dafür aufgestellt. Doch wie sollen die in der Praxis greifen?
SWR1: Es muss also niemand fürchten, mal eben zum THC-Test zu müssen?
Nagy: Nein, wir sind an Recht und Gesetz gebunden. Deswegen werden wir da ganz normal unsere Arbeit machen und die Kontrolle so durchführen, wie wir sie gelehrt bekommen.
SWR1: Mal von der Konsumentenseite gedacht: Beim Bier kann man sagen, eins ist in Ordnung. Wie ist das bei Cannabis, denn das ist ja total schwer einzuschätzen?
Nagy: Das ist richtig, bei Alkohol ist das aber auch schon schwer einzuschätzen. Da reagiert jeder Körper anders darauf. […] Bei Cannabis ist das ganz ähnlich. Der Grenzwert ist für uns als Polizei eigentlich nicht unbedingt so ausschlaggebend, sondern die tatsächliche Verfassung der Person in der Kontrolle.
SWR1: Der Richtwert gilt auch für Personen, die beispielsweise aus medizinischen Gründen Cannabis einnehmen, also das vom Arzt verschrieben bekommen haben.
Nagy: Genau, auch für diese Personen gilt der Grenzwert. Es gilt weiterhin, dass man im Straßenverkehr nicht unter dem Einfluss von Cannabis fahren darf. Das ist und bleibt verboten.
Die Grenzwerte sind eben das, was man dann im Nachgang gerichtlich festzustellen hat. Dann darf da auch gerne ärztlich drüber befunden worden werden, inwiefern das ein Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit hat oder nicht.
Das Gespräch führte Jürgen Kurth.
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