1.000 Tage, so lange dauert der Krieg in der Ukraine. Gerade hat Russland wieder mehrere Städte massiv angegriffen. Stromnetze, Wasserversorgung und Kraftwerke sind getroffen. Der Strom wird immer wieder gezielt abgeschaltet, um die wenige verfügbare Energie zu sparen.
Auch in Kiew. Dort lebt der Journalist Denis Trubetskoy. Seit Kriegsbeginn reden wir immer wieder mit ihm über die Lage vor Ort.
Die aktuelle Lage in Kiew und in der Ukraine
SWR1: Wie ist die Lage heute früh?
Denis Trubetskoy: Ich bin jetzt gerade ohne Strom und mit mobilem Internet verbunden. Das ist die Alltagssituation, nachdem Russland in der Nacht auf den Sonntag die Ukraine massiv angegriffen hat.
Die Ukrainer haben natürlich erwartet, dass dieser Winter jetzt langsam beginnt, es sehr kompliziert und schwer sein wird und dass es Stromausfälle geben wird. Insgesamt muss man schon sagen, dass die letzten zwei Monate mit den Drohnenangriffen, quasi jede Nacht und ohne Schlaf, ziemlich extrem gewesen sind. Das auf Dauer auszuhalten, ist natürlich nicht einfach.
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Freigabe für Mittel- und Langstreckenwaffen gegen Ziele in Russland
SWR1: US-Präsident Joe Biden hat der Ukraine den Einsatz von US-Waffen mit längerer Reichweite erlaubt. Die Ukraine kann damit also auch Ziele tief im russischen Staatsgebiet treffen. Was halten Sie davon, was denken Ukrainer?
Trubetskoy: Es ist nie zu spät, eine richtige Entscheidung zu treffen. Aber natürlich hätten wir uns das definitiv früher gewünscht. Und dafür gibt es auch ehrlicherweise einen Grund: Das ukrainische Hinterland wird seit Tag eins dieses Krieges bis tief in den Westen von Russland von russischem Territorium aus angegriffen.
Es ist eine schizophrene Logik des Krieges, wenn Russland das machen darf und die Ukraine das Gleiche nicht. Wenn die Ukraine nicht die Infrastruktur angreifen darf, die dafür genutzt wird, um die ukrainische Infrastruktur zu zerstören.
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Zögerliche Haltung zum Krieg ist in der Ukraine schwer nachzuvollziehen
SWR1: Können Sie dennoch das Zögern der USA und von Deutschland nachvollziehen? Bundeskanzler Olaf Scholz hat nochmal betont, er möchte das nicht. Er wird sich in die Richtung nicht bewegen, aus Angst, da mit reingezogen zu werden.
Trubetskoy: Ich kann das aus ukrainischer Perspektive kaum nachvollziehen. Aber ich muss trotzdem sagen, dass die USA und Deutschland in erster Linie über die eigenen Sicherheitsinteressen nachdenken. Und nicht über die Sicherheitsinteressen der Ukraine. Trotzdem ist es aus der Perspektive eines Ukrainers sehr schwierig nachzuvollziehen, warum Russland die Ukraine seit Tag eins beschießen darf und die Ukraine darauf nicht antworten darf.
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