Lange sah es so aus, als könnte der VfB Stuttgart in Leverkusen gewinnen und den Supercup holen. Doch am Ende fehlte es den Schwaben an der nötigen Nervenstärke.
Silas hatte die Hände in die Seiten gestemmt, zwischen ihm und den Ball auf dem Elfmeterpunkt lagen gut vier Schritte. Der Angreifer des VfB Stuttgart schaute nochmal hoch, zum Leverkusener Torhüter Lukas Hradecky, und lief an. Sein Schuss landete im Fangnetz hinter dem Tor. Der Großteil der 30.210 Zuschauer in der Leverkusener Arena jubelte. Der VfB Stuttgart hatte ein hoch umkämpftes und hitzig geführtes Spiel um den Supercup in diesem Moment mit 4:3 im Elfmeterschießen (2:2, 1:1) verloren. Kurz zuvor konnte Hradecky bereits den Elfmeterversuch von VfB-Neuzugang Frans Krätzig parieren. Und auch dies war nicht das erste Mal, dass den Stuttgartern an diesem Abend starke Nerven fehlten.
VfB Stuttgart geht in Überzahl in Führung
Und dabei schien es anfangs so, als wäre die VfB-Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß auch mental in einer sehr starken Verfassung. Den frühen Rückstand durch Leverkusens Victor Boniface (11.) egalisierten die Schwaben kurz darauf durch einen sehenswert herausgespielten Treffer von Enzo Millot (15.). Wer glaubte, dass eine der beiden Mannschaften den Supercup nicht ernst nehmen würde, war spätestens in diesem Moment eines Besseren belehrt. Beide Teams gingen hart in Zweikämpfe, auf dem Platz kam es immer wieder zu Nickeligkeiten. Vor allem nachdem Leverkusens Martin Terrier den Stuttgarter Ermedin Demirovic mit offener Sohle knapp oberhalb des Knöchels abräumte und dafür eine berechtigte Rote Karte von Schiedsrichter Tobias Stieler sah (37.), wurde es auf dem Feld immer hektischer.
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In diese Phase hinein übernahm der VfB zusehends die Spielkontrolle. Auch nach der Pause konnte sich Leverkusen häufig nicht befreien. Nach einer guten Stunde wechselte VfB-Coach Hoeneß dann Neuzugang Krätzig und den jetzt fest verpflichteten Deniz Undav ein - und wurde nur wenige Augenblicke später belohnt: Krätzig flankte auf den deutschen Nationalstürmer und Undav traf zum 2:1 für den VfB (63.). Es war die erste Ball-Berührung des Spiels für Undav, der nach einem langen Transferpoker endlich voll und ganz im Dienste der Stuttgarter steht.
Leverkusen arbeitet sich in hitziger Schlussphase zurück ins Spiel
Die Partie wurde nach der VfB-Führung noch wilder. Gelbe Karten häuften sich, nur wenig später kam es zu einer größeren Rudelbildung am Strafraum der Schwaben (69.). Leverkusen schien von der zunehmenden Unruhe im Spielgeschehen zu profitieren und arbeitete sich zurück in die Partie. Als Leverkusen-Trainer Xabi Alonso den deutschen Nationalspieler Florian Wirtz zusammen mit Patrik Schick und Jeremie Frimpong einwechselte, war von der nominellen Unterzahl der Gastgeber bald nichts mehr zu spüren.
In der 79. Minute ließ Frimpong dann den Ausgleich liegen, als er einen Abpraller von VfB-Torhüter Nübel nicht kontrolliert aufs Tor schießen konnte. Knapp zehn Minuten später bestrafte dann Schick die zunehmende Passivität und die aufkommende Unsicherheit der Stuttgarter. Der Tscheche drang von halblinks in den Strafraum ein und ließ Nübel keine Chance (88.). Das Elfmeterschießen musste laut Supercup-Regularien schon nach 90. Minuten für die Entscheidung herhalten - mit bekanntem Ausgang.
Deniz Undav: Leistungsabfall in der Schlussphase "darf nicht passieren"
VfB-Torschütze Undav sprach im ARD-Interview über die Schwächen, die der VfB in der Schlussphase zeigte. "Irgendwie habe ich das Gefühl, jetzt nach dem Spiel, dass wir immer gegen Leverkusen am Ende irgendwelche Fehler machen, auf einmal aufhören Fußball zu spielen", sagte der Stürmer. Das dürfe nicht passieren. Mittlerweile sei er es leid nach solchen Spielen sauer zu sein. Er nehme das Ergebnis jetzt so hin und versuche "einfach nächste Woche wieder gute Leistungen zu bringen." Auch in der Vorsaison kassierte der VfB in Leverkusen späte Gegentore. Bei der 2:3 Niederlage im DFB-Pokal-Viertelfinale und beim 2:2 in der Rückrunde der Bundesliga.
VfB-Trainer Sebastian Hoeneß: "Wissen, dass wir in die richtige Richtung gehen"
VfB-Coach Hoeneß zeigte sich am ARD-Mikrofon wie Undav enttäuscht. "Wir haben eine richtig junge Mannschaft, haben uns sicher auch nicht immer klug angestellt in der ein oder anderen Situation", sagte der Trainer. Man hätte die Druckphase der Leverkusener in der Schlussphase "besser handlen" müssen. "Aber am besten lässt du so eine Druckphase überhaupt nicht aufkommen, indem du das 3:1 machst", lautete Hoeneß' Fazit. Das hätte der VfB leider versäumt.
Der Trainer der Schwaben schaute aber auch nach vorne: Das Team werde zu "Hundert Prozent" aus der Niederlage lernen. Es gäbe viel, dass der VfB aus dem verlorenen Spiel "rausnehmen" könne. Auch für die Bundesliga-Vorbereitung sei die Partie relevant gewesen: "Für uns war es wichtig, eine Rückmeldung zu bekommen, wo wir stehen", sagte Hoeneß. "Es geht wieder um Entwicklungsschritte und da wissen wir heute spätestens, dass wir in die richtige Richtung gehen." Den Weg weiter beschreiten kann die VfB-Mannschaft am Samstag. Dann steht der Bundesliga-Auftakt beim Sportclub Freiburg an (24.8., 15:30 Uhr, live im Audiostream auf Sportschau.de).