Der VfB Stuttgart hat gegen das italienische Topteam Atalanta Bergamo 0:2 verloren. Grund genug, um frustriert oder gar enttäuscht zu sein? Die Fans diskutieren intensiv.
Es ist 22:50 Uhr, in der Stuttgarter Arena ist vor wenigen Augenblicken das zweite Tor für Atalanta Bergamo gefallen und nicht wenige Fans des VfB Stuttgart haben das zum Anlass genommen, sich auf den Weg nach Hause zu machen. Dafür, dass die Partie noch einige Minuten läuft, ist draußen vor dem Stadion ungewohnt viel los. "Wir hatten in der zweiten Hälfte keine Torchance", sagt ein unzufriedener Anhänger, ein anderer beschwert sich über einzelne Spieler und den Schiedsrichter. Darf man als Fan vorzeitig gehen? Darf man nach einem 0:2 gegen ein italienisches Topteam derart bruddeln? Oder sind die Ansprüche zu hoch? An diesen Fragen entzündet sich etwas später am Abend eine Debatte unter denen, die bis zum Ende geblieben sind.
VfB-Fans mit Pyro-Show in der Cannstatter Kurve
Zwei Stunden vorher: Das erste, was sich an diesem Abend entzündet, sind die Fackeln in der Cannstatter Kurve. Trainer Sebastian Hoeneß hatte vor dem Spiel angekündigt, dass die Mannschaft "heiß" sei auf diese Partie - und die Fans nehmen diese Ansage bei rund neun Grad wörtlich: eine glühende Pyro-Show über mehrere Minuten. 60.000 - abgesehen von den Bergamasken - schreien aus tiefstem Herzen "Stuttgart kommt" und werden kurz danach sentimental, als die Champions-League-Hymne ertönt. Stimmbänder, so viel ist schon in den ersten Minuten des Spiels klar, werden an diesem Abend nicht geschont. "Wenn man nach Hause kommt und keine Stimme hat, hat man alles richtig gemacht", sagt Hannah hinterher. Es wirkt fast so, als wollten die Schwaben den berühmten und berüchtigten Anhängern der Nerazzurri beweisen, wie laut Stuttgart sein kann. "Einfach überragend, was die Fans zur Zeit leisten", sagt VfB-Fan Luis. "Unabhängig vom Ergebnis sind das geile Champions-League-Abende. Wer hätte vor einem Jahr gedacht, dass es soweit kommt."
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Passen Anspruch und Wirklichkeit zusammen?
Wohl die wenigsten - und daher rührt auch der Frust einiger Fans über die, die gegen Bergamo entschieden haben, vorzeitig zu gehen. Hinterher diskutieren manche intensiver darüber, wo der VfB herkommt, welche Ansprüche er haben sollte, als über die vergebenen Chancen von Anthony Rouault und Ermedin Demirovic. "Vor ein paar Jahren war ich noch mit dem VfB in Osnabrück. Ich verstehe die Fans nicht, die hier meckern", sagt einer. Andere beschweren sich, dass selbst in der Cannstatter Kurve einige vor Abpfiff das Stadion verlassen hätten. Wieder andere sehen es nicht so eng: "Lasst die Leute doch gehen, wenn sie heim wollen an so einem Abend." Und schließlich gebe es auch Gründe, unzufrieden zu sein: "Die Mannschaft hat nicht so gespielt, wie sie spielen könnte", sagt Felix. "Sie haben nicht die Energie auf den Platz gebracht, die sie eigentlich haben." Und Diego meint sogar: "Irgendwie hat man keinen Kampfgeist gesehen heute, finde ich. Viele sind irgendwie nur rumgestanden."
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Fans werben für Gelassenheit: "Alles nicht so schlimm"
Was die Mannschaft im Stande ist zu leisten, hat sie in Madrid (1:2) und Turin (1:0) und zu Hause gegen den BVB (5:1) bewiesen. Aber müdere Auftritte wie gegen Prag (1:1) oder Hoffenheim (1:1) sind genauso Teil dieser Saison. Und Bergamo, das dürfe man laut Christian nicht vergessen, sei eine "extrem starke Mannschaft", die erst jüngst Italiens Spitzenreiter Neapel 3:0 geschlagen hat. Gründe, die Fans für die Niederlage anführen? Ausfälle wie von Jamie Leweling, fehlende Frische, die Manndeckung der Italiener, die Angelo Stiller aus dem Spiel genommen habe, zu viele vergebene Chancen, zu wenig Selbstbewusstsein. Letztlich, sagt Manuel, müsse man solche internationalen Spiele dennoch genießen. "Leider verloren, aber alles gut, nicht schlimm. Wir müssen unsere Punkte gegen andere holen."