Der SSV Ulm 1846 Fußball schafft die Sensation und marschiert nach einem 2:0 gegen Köln in die 2. Fußball-Bundesliga. Und die Fans? Verwandeln das Stadion in eine schwarz-weiße Partymeile.
Ulm feiert seine Spatzen: Der SSV Ulm 1846 Fußball steigt in die 2. Fußball-Bundesliga auf. Der SSV ist nach dem Sieg gegen Viktoria Köln sogar vorzeitig Meister der 3. Liga - und die Stadt macht Party.
Stadion wird zur Freiluftparty
Um 15:49 Uhr gibt es endgültig kein Halten mehr: Tausende Fans stürmen den Platz und verwandeln das Spielfeld kurz nach Abpfiff in die größte Freiluftparty Ulms. Dass die Ulmer in zwei Wochen auf genau diesem Platz nochmal ran müssen? In diesem Moment: egal. Auch die Bitten des Stadionsprechers, die Tornetze doch bitte an ihrem Bestimmungsort zu lassen, sind vergebens.
Welche Glücksgefühle der Fußball auslösen kann, sieht man vielen Feiernden an, die den Rasen belagern. Leonardo zum Beispiel, Sonnenbrille, schwarze Kappe, weißes SSV Ulm-Trikot. Er habe geweint, sagt er, vor Freude. Dabei macht er nicht den Eindruck, dass er auch nur ansatzweise zur Übertreibung neigen würde. Auch nicht, als er sagt: "Diesen Tag werde ich nie in meinem ganzen Leben vergessen." An dieser Stelle muss man wissen, dass Leonardo neun Jahre alt ist.
Vater und Sohn zu Tränen gerührt
Daneben, der Papa, Holger Rupp, mit tätowiertem SSV-Ulm-Wappen und schwarz-weißem Blut. Letzteres darf angezweifelt werden. Doch glaubhaft versichert er, seit 1995 Fan der Ulmer zu sein und seitdem alle Aufs und Abs mitgemacht zu haben. Dieses Mal "ist der Verein gefestigter", sagt Holger. "Solide und kein Hoppladihopp", im Hinterkopf vermutlich die Erinnerungen an die Achterbahnfahrt der letzten 25 Jahre. Alles war dabei: Von einem Jahr in der 1. Bundesliga in den Jahren 1999/2000 über drei Insolvenzen bis hin zu einem Ulmer Unternehmer, der Anti-Schnarch- und Hämorrhoiden-Salbe vertrieb und vor zehn Jahren mit dem Geld den Verein retten wollte. Klappte aber nicht.
Jetzt könne er das Erlebnis mit seinem Sohn teilen, freut sich der stolze Papa und blickt gedanklich auf die nächste Saison mit Spielen gegen Schalke, Hertha oder Hamburg. "Endlich mal die großen Arenen erleben - und das mit dem SSV Ulm. Unbeschreiblich."
Schon Stunden vor dem Spiel ging es in der Stadt rund. Am Samstagvormittag machten sich tausende SSV-Fans in Schwarz-Weiß vom Stadtzentrum lautstark zu Fuß auf dem Weg ins fast ausverkaufte Donaustadion - inklusive Banner, Fahnen und Pyronebel.
Die Stimmung beim Spiel unter den 15.756 Zuschauern im Stadion: atemberaubend. Ihren ersten, ziemlich gewaltigen Peak erreicht die Lautstärke um exakt 15:19 Uhr, als Leo Scienza mit einem Elfmeter das 1:0 schießt. Die Smartwatch des Autors warnt in diesem Moment vor der lauten Umgebung mit 95 Dezibel und einem drohenden Hörverlust nach wenigen Minuten. Doch das Gehör hält durch. Anschließend schwappt die Laola durch die Ränge - und wird kurz unterbrochen vom 2:0 durch Max Brandt.
Am Abend feierten die Spieler den Aufstieg in die 2. Bundesliga. SWR Aktuell berichtete live von der Party.
"Oh wie ist das schön" schallt durchs Donaustadion
Die Gegentribüne stimmt "Oh wie ist das schön" an, die Ultras klettern auf die Zäune, Bierbecherhalter aus Pappe werden zu Frisbees umdeklariert und von da an ist endgültig klar, dass der Tag mit den Umschreibungen "feucht-fröhlich" und "ausgelassen" in die Vereinschronik eingehen dürfte.
Party bis in die Nacht - Fans feiern vorm Rathaus ihre Mannschaft
Auf den Straßen und in den Kneipen wurde anschließend weiter gefeiert - bis in die Nacht. Viele Fans zogen auf den Marktplatz vors Rathaus, wo am Abend auch Spieler des SSV Ulm 1846 zur Feier dazustoßen, unter anderem Kapitän Jo Reichert und Elfmeterschütze Leonardo Scienza.
Kreißsaal statt Meisterparty
Einer fehlt zunächst bei der Meisterparty: Torhüter Christian Ortag ist gleich nach dem Spiel im Trikot in die Klinik geeilt, direkt in den Kreißsaal: Bei seiner Frau haben die Wehen eingesetzt. Er fährt sie vom Stadion zum Krankenhaus und ist dabei, als sein Sohn geboren wird. Am Abend hat er so doppelten Anlass zum Feiern.