Fußball | Nachruf

Zum Tode von Franz Beckenbauer: "Ganz Rheinland-Pfalz ist ein einziger Fußball"

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Autor/in
Stefan Kersthold

Die Fußballwelt trauert um Franz Beckenbauer. Der "Kaiser" starb am Sonntag im Alter von 78 Jahren. Sportreporter Stefan Kersthold mit seinen persönlichen Erinnerungen.

Es muss im Jahr 2003 gewesen sein. Ein Jahr, nachdem Kaiserslautern den Zuschlag als kleinste von zwölf Ausrichterstädten für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland bekommen hatte. Im Kulturzentrum Kammgarn gab sich Franz Beckenbauer die Ehre. Zusammen mit der Stadtspitze und der örtlichen Prominenz wurden Ausbaupläne vorgestellt und der "Kaiser" informierte uns über den Stand der Dinge in Sachen WM-Vorbereitung.

Nach der Veranstaltung hatten wir Journalisten dann noch die Gelegenheit eines Interviews. Und hier fiel dann der legendäre Spruch, der damals sofort Einzug in die Langzeitarchive fand. Auf die Frage, was er denn mit dem WM-Standort Kaiserslautern besonders in Verbindung bringe, sagte Beckenbauer: "Die ganze Region, ich würde einmal sagen, Rheinland Pfalz - und das geht ja bis ins Saarland - das ist ein einziger Fußball."

Immer höflich, immer ansprechbar

Charmanter als der Kaiser hat wohl weder zuvor noch danach jemand die emotionale Verbindung der Fans im Lande, insbesondere zu ihrem Kultverein 1. FC Kaiserslautern, ausgedrückt. Eine Aussage für die Ewigkeit.

Bereits zuvor hatte ich Franz Beckenbauer, bei aller Prominenz, stets als sehr nahbaren und immer freundlichen Menschen kennengelernt. An die erste Begegnung kann ich mich noch sehr gut erinnern. Es war während meiner Studienzeit am Sportinstitut der Universität Saarbrücken. Beckenbauer hatte nach dem desolaten Auftritt bei der EM 1984 als Teamchef die DFB-Elf übernommen, damals noch mit Horst Köppel als lizenziertem Co-Trainer, und bereitete sein Team unter anderem bei einem Lehrgang in Saarbrücken auf die WM 1986 in Mexiko vor. Wir konnten uns damals sämtliche Trainingseinheiten anschauen. Die Kicker und das Trainerteam waren in aller Regel danach auch stets ansprechbar - heute undenkbar.

Als der "Kaiser" den Presseraum nicht fand

Und noch eine Anekdote ist mir in Erinnerung geblieben. Franz Beckenbauer, der ja auch bereits als Spieler einige Pleiten auf dem Kaiserslauterer Betzenberg erlebt hatte, trat 1994 zum ersten Mal als Coach mit dem FC Bayern München in Kaiserslautern an. Am 14. April gelang den Roten Teufeln, damals unter Trainer Friedel Rausch, ein 4:0 Erfolg. Zweimal Pavel Kuka, Martin Wagner und Ciriaco Sforza waren die Torschützen. Der Schock bei Kaiser Franz saß wohl so tief, dass er die obligatorische Pressekonferenz nach der Partie schwänzte.

Was bei jedem anderen Coach auf Unverständnis gestoßen und wahrscheinlich sogar mit einer Geldstrafe belegt worden wäre, löste Franz Beckenbauer auf seine ganz eigene, persönliche Art. Er habe auf der damaligen Baustelle Haupttribüne, so ließ er ausrichten, den Presseraum nicht gefunden.....

Ach ja, Meister wurde der FC Bayern München dann trotz der 0:4 Pleite auf dem Betzenberg - mit einem Punkt Vorsprung auf den 1. FC Kaiserslautern.

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Stefan Kersthold