Fußball | 2. Bundesliga

Karlsruher SC: Eine Erfolgsserie mit Fragezeichen

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Redakteur/in
dpa
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Michael Richmann

Sportlich läuft es beim Karlsruher SC. Personell steht der Club aber wieder einmal vor einem Umbruch. Erfahrene Stammkräfte gehen, die sportliche Leitung will verstärkt auf den Nachwuchs setzen.

Der Kapitän ist unruhig. Dabei könnte Jérôme Gondorf die letzten Spiele seiner Laufbahn im Trikot des Karlsruher SC genießen. Denn sportlich läuft es beim zweitbesten Team der Rückrunde top. Die Badener stehen mit 49 Punkten auf Platz fünf. Die Chancen auf den Bundesliga-Aufstieg sind drei Spieltage vor Schluss zwar nur noch mathematisch vorhanden. Doch nach dem versemmelten Saisonstart und der teilweise heftigen Kritik an Trainer Christian Eichner spricht die grandiose Rückrunde mit nur zwei Niederlagen für sich.

Diverse Zukunftsfragen stellen die Verantwortlichen KSC aber vor große Herausforderungen. Neben Gondorf, der als Kopf und unangefochtener Führungsspieler geht, werden auch Ex-Nationalspieler Lars Stindl, Publikumsliebling Marco Thiede und die beiden Außenverteidiger Philip Heise und Daniel Brosinski als erfahrene Spieler nicht mehr zum Kader gehören.

Abschiedstour für KSC-Veteranen

Den 1:0-Auswärtssieg beim 1. FC Nürnberg haben die Spieler daher noch einmal ausgiebig genossen: "Ich glaube bei Lars, Brosi und mir ist es noch ein Stück weit schöner, diese Freude aufzusaugen. Gerade in Momenten wie heute, in denen man noch ein bisschen länger vor der Kurve steht, weil es vielleicht das vorletzte Mal sein wird", sagte Gondorf im Interview mit SWR Sport.

KSC wollte den Umbruch vorantreiben

Doch nicht nur die Hierarchie wird sich extrem verändern, sondern nach Vorgabe der Clubführung auch die Altersstruktur. "Der Verein wollte den Umbruch, so ehrlich muss man sein", sagte Gondorf, der gerne noch eine Saison geblieben wäre. "Ich glaube nicht, dass das so einfach wird. Das Gesamtgefüge hat einfach überragend harmoniert."

Wie das neue Gesicht des KSC aussehen könnte, bewegt auch Trainer Christian Eichner. Schließlich muss der Coach den eingeleiteten Umbruch aus sportlicher Sicht verantworten. Neu dürfte sich die Situation für ihn nicht anfühlen. Schon in der Vergangenheit musste er immer wieder Stammkräfte ersetzen. Derart massiv fiel der Umbruch jedoch seit langem nicht mehr aus. "Da verlieren wir schon einen bunten Blumenstrauß", sagte Eichner, dessen Vertrag im Sommer 2025 ausläuft.

Schlaflose Nächte habe der 41-Jährige noch nicht. "Es gibt ja weiterhin einen Marcel Franke, einen Sebastian Jung, einen Marvin Wanitzek. Auch ein Nicolai Rapp muss Kraft seines Anspruchs da rein", sagte der frühere Bundesliga-Profi. Die von ihm genannten Spieler hätten allerdings eine andere Art zu sprechen als Gondorf. "Man sollte nicht den Fehler machen, sie immer wieder an Typen wie ihm oder einem Maik Franz zu messen", sagte Eichner.

Karlsruhe setzt künftig auf Talente und Transfer-Einnahmen

Auf erfahrene Neuzugänge von außen kann Eichner diesmal kaum hoffen, hat sich der KSC doch eine strikte Verjüngungskur verordnet. Nach dem Willen der Führungsgremien sollen künftig bislang unerkannte Talente entdeckt, verpflichtet, gefördert und letztendlich wieder verkauft werden - im besten Fall mit einem satten Transferplus. 

Der Sport soll so einen Teil seiner Kosten selbst decken. Der Grat zwischen sportlichem und finanziellem Erfolg beim KSC ist schmal. Zumal die Pacht nach der Übergabe des umgebauten Stadions von jährlich 50.000 Euro während der Umbauphase nun auf 1,4 Millionen Euro gestiegen ist - plus aller Nebenkosten.

Gondorf sorgt sich um den KSC

Neu ist die Idee der Fokussierung auf die Nachwuchsarbeit nicht. Schon Ende der 1980er- und in den 1990er-Jahren sah sich der Club selbst als Ausbildungsverein, ermöglichte unter anderem den späteren Nationalspielern Oliver Kahn und Mehmet Scholl den Sprung auf das höchste Level - und stieg dennoch zur Jahrtausendwende bis in die Drittklassigkeit ab. Daher macht sich Gondorf "schon ein bisschen Sorgen. Es ist Chance und Risiko. Sie gehen da mit Zuversicht dran. Deshalb werden die Leute schon wissen, was sie da tun", sagte er.

Den Umbruch soll Sebastian Freis, Bereichsleiter Profis, vorantreiben. "Ich finde, wir werden mit Sicherheit genügend Jungs haben, die die Mannschaft auch nächstes Jahr tragen können", sagte er. Im Grunde setzen er und die Verantwortlichen den eingeschlagenen Weg von Ex-Geschäftsführer Oliver Kreuzer fort. "Schon vor viereinhalb Jahren war das unser Ziel", sagte Eichner auf die nun mit aller Konsequenz beschleunigte Verjüngung in seinem Kader angesprochen. 

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