Weil ihr Baby krank war, bekam Claudia eine Zwangsstörung. So geht es ihr heute ...

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Alexandra Müller
Alex Müller

Bodelshausen: Claudias Baby kommt krank auf die Welt. Mehr und mehr hat sie Angst, ihren Sohn anzufassen – und entwickelt eine Zwangsstörung.  

Der Anspruch an mich selbst war zu hoch. An diesem Anspruch, eine perfekte Mutter zu sein, bin ich letztendlich zerbrochen.  

Wenn das Kind nicht gesund zur Welt kommt 

Claudias Sohn kam mit einer scheinbar unerklärlichen Krankheit auf die Welt. Er konnte die ersten 15 Jahre seines Lebens ohne Hilfsmittel keinen Stuhlgang absetzen. „Ich war eine junge Mutter und hatte Ängste und Zweifel. Ich wollte keinen Fehler machen im Umgang mit ihm, weil ich auch nicht schuldig sein wollte, dass er keinen Stuhlgang machen kann.“  

Ich hatte Angst, mein Kind anzufassen, weil ich befürchtete, dass er dadurch krank wird und stirbt. Mein Mann durfte ihn anfassen, nur ich wollte nicht schuldig sein.

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Claudias Ängste werden immer größer: „Wenn ich ihn jetzt anfasse, dann wird er krank und stirbt vielleicht.“ Sie wird von Schuldgefühlen geplagt. Ihre Selbstzweifel führen dazu, dass die junge Mutter versucht, ihre Gedanken mit kontrollierten Handlungen zu beherrschen. Claudia fasst ihren Jungen nicht mehr an. Sie wäscht sich ständig die Hände, wechselt sofort ihre Kleidung, wenn sie nach Hause kommt und berührt in der Öffentlichkeit nichts mehr. „Ich wollte keine Keime an ihn herantragen. Ich war total kontrolliert.“ 

Ich konnte bei der Arbeit nicht mehr auf die Toilette gehen, keinem mehr die Hand reichen. Überall da, wo Menschen Dinge häufig berühren – waren für mich dann alle kontaminiert. 

Rettung durch Selbsthilfegruppe und Antidepressiva 

Claudia macht sich Vorwürfe, schämt sich, verurteilt sich. Erst als sie Antidepressiva bekommt, geht es langsam bergauf. Sie sucht sich eine Selbsthilfegruppe und übernimmt diese kurzerhand. „Das war mein Wunder. Ich war höchstkrank. Aber als der Fokus auf anderen Leuten und deren Zwang lag, hat mein eigener Zwang an Energie und Macht verloren.“   

Ich hatte einen Selbsthass, das ging so weit, dass ich gedacht habe: Dem Kind geht es besser, wenn ich als Mutter nicht mehr da wäre. Es ging bis zu Selbstmordgedanken.

Sie kauft Bücher und liest sich ein – für andere. Die Selbsthilfegruppe leitet sie heute, nach 20 Jahren, immer noch. Aber sie muss weiterhin auf sich aufpassen und sagt: „Wenn auf der Lebensbühne ein Erdbeben ist, steht der Zwang sofort parat und gaukelt dir Sicherheit vor.“ 

Hilfansgebot bei Depressionen und Suizidgedanken: 

Solltest du das Gefühl haben, an Depressionen zu leiden oder dich in einer ausweglosen Situation zu befinden, kannst du zum Beispiel beim Info-Telefon Depression nach Hilfe fragen: 0800 / 33 44 533. 

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