Lässt sich anhand der Rasse der Charakter eines Hundes vorhersagen? Viele Menschen glauben ja. Doch die Genetikerin Elinor Karlsson und ihr Team kommen zu einem anderen Ergebnis: laut ihrer Daten erklärt die Rasse im Schnitt nur neun Prozent der Verhaltensunterschiede. Dafür haben die Wissenschaftlerinnen 18.000 Hundehalterinnen und Hundehalter in den USA befragt und außerdem das Erbgut von über 2000 Hunden untersucht. Etwa die Hälfte der Tiere waren Mischlinge.
Trainierbarkeit und Sociability sind erblich
Bestimmte Eigenschaften sind viel stärker erblich bedingt als andere. Zum Beispiel die Trainierbarkeit des Hundes. In der Beobachtungsstudie erweisen sich viele Stereotype als durchaus berechtigt: Belgische Schäferhunde und Border Collies lassen sich besonders leicht von Menschen ausbilden. Huskies, Beagles und Dackel dagegen sind sehr viel eigenständiger und entsprechend mühsamer zu trainieren – genau das entspricht auch ihrem Ruf.
Noch ein weiteres Merkmal ist besonders deutlich genetisch verankert: die sogenannte „sociability“ – die Aufgeschlossenheit gegenüber fremden Menschen. Labradore und – für manche vielleicht verblüffend – auch Amerikanische Pitbulls erreichen hier besonders hohe Werte.
Für die Verträglichkeit spielt die Rasse kaum eine Rolle
Ob ein Hund dagegen mit Artgenossen verträglich ist oder nicht – dieser Aspekt des Sozialverhaltens ist laut der Studie nicht erblich. Das heikle Thema Aggression haben die Forscherinnen nur indirekt untersucht: sie haben sich die Erregbarkeit der Tiere angeschaut – und keinen klaren Zusammenhang zu bestimmten Rassen festgestellt.
Trotzdem hieß es in der Pressekonferenz zu der Studie: Wer es gerne ruhig mag, sollte sich besser keinen belgischen Schäferhund ins Haus holen.
Ein Hang zum Heulen ist bei bestimmten Rassen besonders ausgeprägt: Bluthunde, Beagle und Huskies kommunizieren deutlich häufiger über Geheul als andere Vierbeiner.
Wo sind Rassemerkmale wichtig?
Dass der Einfluss der Gene nur bei einigen wenigen Eigenschaften so deutlich wird, liegt vermutlich auch am Aufbau der Studie: die Forscherinnen haben bewusst nur Familienhunde und keine reinen Arbeitshunde in ihre Untersuchung aufgenommen. Bei Hunden, die gezielt für die Jagd, zum Hüten von Schafen oder als Blindenhunde gezüchtet und eingesetzt werden, wären die Rassenunterschiede vermutlich deutlicher gewesen. Elinor Karlsson und ihre Kolleginnen betonen jedenfalls, dass jeder Hund ein Individuum ist – auch wenn manche Eigenschaften bei bestimmten Rassen eben doch häufiger auftreten als bei anderen.