In nur wenigen Wochen hat Uğur Şahin mit seinem Biontech-Team den Corona-Impfstoff entwickelt. Dass der Impfstoff dann nach umfangreichen Tests erst später zugelassen wurde, lag sicher auch an der neuen mRNA-Technologie. Dank ihr konnte der Impfstoff schnell entwickelt und produziert werden.
Vorwissen zu Coronaviren war ein zentraler Erfolgsfaktor
Aber noch entscheidender ist, dass Fachleute die Coronaviren direkt einschätzen konnten: 2002 und 2015 hatten andere Coronaviren kleinere Ausbrüche verursacht, spätestens danach war klar: Coronaviren docken mit ihrem Spike-Protein an menschliche Zellen.
Um das zu verhindern, müssen Impfstoffe das Immunsystem gegen diese Spike-Proteine trainieren. Gerade dieses Vorwissen war ein zentraler Erfolgsfaktor. Was passiert aber, wenn neue Pandemien durch wenig gut erforschter Erreger ausgelöst werden? Fachleute rechnen in Zukunft mit noch mehr Pandemien.
Präventive Impfstoffentwicklung
Die Idee des Impfstoffforschers: Forschungsteams sollen schon vor einer neuen Pandemie gegen die 50 bis 100 gefährlichsten Erreger einen Impfstoff entwickeln. Dabei geht es vor allem um gefährliche Erreger, die derzeit beim Menschen nicht vorkommen.
Springt das Virus aber in leicht veränderter Form zum Beispiel von Tieren auf den Menschen über, könnten diese Erreger beim Menschen sehr schwere Krankheitsverläufe auslösen. Gegen diese potenziell gefährlichen Erreger sollen Forschungsteams schon jetzt konkrete Impfstoff entwickeln.
Diese Impfstoffe können bereits vor einer Pandemie an einer kleinen Gruppe von Menschen getestet werden. Ein kleiner Impfstoffvorrat wird angelegt. Bricht dann eine neue Pandemie aus, sollen die Impfstoffe durch die Vorarbeit möglichst schnell angepasst werden.
Impfstoffe sollen im Notfall schneller zugelassen werden
Ganz neu ist die Idee nicht. Auf dem Weltwirtschaftsforum hat sich 2017 die internationale Gemeinschaft CEPI gegründet, nachdem bei einem Ebola-Ausbruch in Westafrika ungewöhnlich viel Menschen gestorben waren. Das Ziel: Im Notfall soll durch das CEPI-Programm ein Impfstoff innerhalb von drei bis vier Monaten zugelassen werden.
Doch das Geld reicht nicht: Nur zu Beginn der Corona-Pandemie hat CEPI mit fast 1,4 Milliarden US-Dollar genügend Geld – aber nur für den akuten Einsatz gegen Corona und nicht für die Vorbereitung auf eine neue Pandemie. Ein Blick in die Jahresberichte zeigt: Die Investitionen sind nach den Zulassungen der ersten Corona-Impfstoffe wieder stark zurückgegangen.
Die Impfstoffe würden über einen längeren Zeitraum entwickelt. Damit könnte auch das Vertrauen in neue Impfstoffe gesteigert werden, so die Hoffnung. Aber ist das wirklich realistisch?
Im Kleinen hat sich während der Pandemie aber schon einiges getan. In Deutschland gibt es seit 2021 am Paul-Ehrlich-Institut auch ein Zentrum für Pandemieimpfungen. Aber auch hier fehlen die finanziellen Mittel. Zudem stellt sich die Frage, wie Impfstoffe insgesamt verbessern werden können.
Bei zukünftigen Impfstoffen T-Zellen stärker in den Fokus nehmen
Klar ist: Die Impfstoffe haben laut WHO allein in Europa etwa 1,4 Millionen Todesfälle verhindert. Vor einer Infektion konnten die Impfstoffe vor allem langfristig nicht schützen. Die Impfstoffe haben vor allem die Antikörper im Immunsystem trainiert. Die T-Zellen des Immunsystem standen weniger im Fokus.
Die Antikörper dagegen hatten Probleme, die neuen Virus-Varianten zu erkennen. In Zukunft könnten auch Impfstoffe als Nasenspray oder zum Inhalieren noch effizienter vor einer Infektion schützen. Noch fehlt aber der große Durchbruch. Doch Experten schauen nicht völlig pessimistisch auf eine mögliche nächste Pandemie.
Vieles wird davon abhängen, was die Fachleute über den neuen Erreger wissen. Wenn schnell klar ist, wo das Immunsystem angreifen muss, kann wieder sehr schnell ein Impfstoff entwickelt werden, vielleicht sogar noch schneller als bei der Corona-Pandemie.