Sprache

Unwort des Jahres 2021: „Pushback“

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„Pushback“ ist Unwort des Jahres 2021. Das gab die unabhängige Jury in Marburg aus vier Sprachwissenschaftler*innen und einem Journalisten bekannt. Auf Platz 2 landet „Sprachpolizei“ und auf Platz 3 Vergleiche mit dem Nationalsozialismus im Allgemeinen.

„Pushback“ beschönigt einen menschenfeindlichen Prozess

Der Ausdruck Pushback wird verwendet, um das Zurückweisen von Geflüchteten an der Grenze und das Hindern am Grenzübertritt zu beschreiben. Insbesondere im Zusammenhang mit dem EU-Grenzschutz fiel der Begriff 2021 häufig. Politiker*innen, Journalist*innen und Organisationen nutzten ihn immer wieder, so die Jury.

Pushback
Der Einsatz des Fremdwortes „Pushback“ trägt laut Jury zur Verschleierung des Verstoßes gegen die Menschenrechte und das Grundrecht auf Asyl bei.

Die Jury kritisiert die Verwendung des Ausdrucks, weil mit ihm ein menschenfeindlicher Prozess beschönigt wird, der den Menschen auf der Flucht die Möglichkeit nimmt, das Menschen- und Grundrecht auf Asyl wahrzunehmen.

Migration Illegale Pushbacks gegen Flüchtlinge – Wer kontrolliert Frontex?

Beteiligt sich Frontex an illegalen Pushbacks? Vorwürfe gegen die Europäische Agentur für den Grenz- und Küstenschutz nehmen zu: Frontex kontrolliere bei Einsätzen nicht, ob die Menschenrechte eingehalten werden.

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Sprach- und Medienwissenschaftler Jochen Hörisch im Gespräch über das Unwort des Jahres

Der Begriff „Unwort“ sei selbst ein Unwort, findet Jochen Hörisch, Professor für Literatur- und Medienwissenschaften im Gespräch mit SWR2. „Man mache aus einer peripheren Sprachverwendung eine zentrale und skandalöse“, kommentiert der Sprachwissenschaftler das gekürte Unwort.

405 verschiedene Unwörter wurden in über 1300 Einsendungen vorgeschlagen

Für die Wahl wurden insgesamt 1308 Einreichungen gemacht und 405 Ausdrücke vorgeschlagen. Knapp 45 dieser Einsendungen entsprachen den Kriterien der Jury. Häufig genannt wurden unter anderem die Ausdrücke „Tyrannei der Ungeimpften“, „boostern“ oder „Verweilverbotszone“.

Das persönliche Unwort des Jahres des diesjährigen Gastjuroren Harald Schumann ist „Militärschlag“, eine „zutiefst euphemistische Bezeichnung für einen aggressiven kriegerischen Akt“.

Das Sprachbewusstsein soll gefördert werden

Die sprachkritische Aktion geht alljährlich auf Einreichungen von Bürger*innen zurück: Bis zum 31.12. eines jeden Jahres können Unwortvorschläge schriftlich an die Jury eingereicht werden. Die Jury „kreiert“ also keine Unwörter, sondern wählt nach gemeinsamer Diskussion begründet aus den aktuellen Einsendungen aus.

Das „Unwort des Jahres“ möchte auf öffentliche Formen des Sprachgebrauchs aufmerksam machen und so das Sprachbewusstsein in der Bevölkerung fördern. Gerügt werden sollen mit der Aktion vor allem Begriffe, die gegen die Prinzipien der Menschenwürde oder Demokratie verstoßen, die gesellschaftliche Gruppen diskriminieren oder die verschleiernd oder irreführend sind.

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SWR