Ein Blitz eines Gewitters erhellt den Nachthimmel über der Landschaft.

Richtiges Verhalten bei Gewitter

Schutz vor Blitzen: Die wichtigsten Fragen und Antworten

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Jana Mack

Baden-Württemberg war 2022 Spitzenreiter bei der Zahl an Blitzen pro Quadratkilometer, auch Rheinland-Pfalz lag über dem Bundestrend. Sie können im schlimmsten Fall tödlich sein - wie schützt man sich wirklich?

Mit insgesamt 34.623 Blitzen hat es in keinem anderen Bundesland im vergangenen Jahr häufiger pro Quadratkilometer geblitzt als in Baden-Württemberg. In Rheinland-Pfalz waren es laut Blitzatlas 14.897 Blitze. Das kann heftige Folgen haben: Bei einem Blitzeinschlag in einen Baum in Unterensingen (Kreis Esslingen) sind am Samstag vier Menschen verletzt worden - darunter auch ein 35-jähriger Mann, der in einer Klinik starb. Laut der Polizei hatten die vier Personen während eines Gewitters Schutz unter dem Baum gesucht.

Stuttgart

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Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren Menschen in der Region Stuttgart vom Blitz getroffen. 2016 überlebte beispielsweise ein 12-Jähriger nach einem einwöchigen Koma.

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Einerseits warnen Fachleute wie Sven Plöger immer wieder davor, sich bei Unwettern Schutz unter Bäumen zu suchen. Andererseits dürften wohl die meisten den Spruch "Eichen sollst du weichen, Buchen sollst du suchen" schon gehört haben. Welche bekannten Regeln gelten, welchen sollte man keinen Glauben schenken?

Ein Überblick zu Blitzen und zum Schutz bei Gewittern in BW und RLP:

"Buchen sollst du suchen, Eichen sollst du weichen." Stimmt das bei Blitzen?

Nein, heißt es vom VDE e.V. Ausschuss Blitzschutz und Blitzforschung. "Der Blitz schlägt in alle Baumarten gleich ein." Im Inneren eines Waldes mit gleichmäßig hohem Baumbestand sei die Gefahr eines Blitzeinschlags geringer. Ein Abstand zu allen Bäumen und Ästen von mindestens zehn Metern sei optimal. Laut SWR-Wissenschaftsredaktion kann der Blitz unabhängig von der Baumart - und insbesondere bei einzeln stehenden Bäumen - auf Menschen überspringen, wenn sie nahe am Baum stehen. Eichen würden lediglich stärker beschädigt, wenn sie vom Blitz getroffen werden.

Wie schützt man sich grundsätzlich im Freien vor Blitzeinschlägen?

Grundsätzlich sollten besonders einschlaggefährdete Objekte laut VDE gemieden werden - also einzeln stehende Bäume, Waldränder, Bergspitzen und Masten von Freileitungen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) "Mehr Sicherheit für Kinder" rät zu einer flachen Stelle oder einer Vertiefung: "Gehen Sie in die Hocke, stellen Sie die Füße eng nebeneinander, schließen Sie die Arme um die Knie."

Sich auf den Boden zu legen, sei keine gute Idee, heißt es von der SWR-Wissenschaftsredaktion - denn der Erdboden leitet den Strom. Einschläge in die nähere Umgebung sind daher auch gefährlich und beim Hinlegen würde die Kontaktmöglichkeit über die Erde vergrößert. Um die Angriffsfläche möglichst klein zu halten, sollte zudem Abstand von anderen Menschen gehalten werden. Regenschirme sollten zusammengeklappt werden. Auch Gegenstände, die über den Körper rausragen wie Stöcke, Sportgeräte oder Werkzeuge sollten zum Schutz abgelegt werden. Sie ziehen den Blitz zwar nicht an, wenn er aber dort einschlägt, dann leiten gerade Metallgegenstände den Strom besonders gut weiter - das kann zu massiven Verbrennungen führen.

Auch SWR-Wetterexperte Sven Plöger bekräftigte dies in der SWR Aktuell-Sendung vom Wochenende:

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Wie oft sterben oder verletzen sich Menschen in Folge von Blitzeinschlägen?

Laut einer Statistik des VDE e.V. Ausschuss Blitzschutz und Blitzforschung sind zwischen den Jahren 2000 und 2018 durchschnittlich vier Personen pro Jahr in Deutschland bei Blitzunfällen ums Leben gekommen, 110 wurden verletzt. Zudem können Blitze Brände verursachen, bei denen Menschen möglicherweise verletzt werden. Erst am Samstag ist ein Blitz in ein Einfamilienhaus in Grünstadt (Kreis Bad Dürkheim) eingeschlagen, verletzt wurde dort allerdings niemand.

Gewitter beim Schwimmen oder Rudern: Wann raus aus dem Wasser?

Der Rat des SWR-Wetterexperten Andreas Machalica ist eindeutig: "Auf dem Wasser ist es natürlich ganz besonders gefährlich, da heißt es: Sofort raus aus dem Wasser, sobald Gewitter aufziehen." Insbesondere auf Segelbooten sei die Gefahr wegen hoher Masten groß. Bereits bei den ersten Gewitteranzeichen sollte deshalb so schnell wie möglich das Ufer erreicht werden. Dann solle ein geschlossener Raum anvisiert werden.

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Ist die Regel noch aktuell, dass technische Geräte im Haus besser ausgemacht werden sollen? Kann ich fernsehen?

Seit 2016 ist ein Überspannungsschutz beim Bau von Häusern Pflicht. Bei sämtlichen älteren Gebäuden sollten vor allem teurere technische Geräte wie Computer, Internetrouter und Fernseher vom Stromnetz getrennt werden. Selbst bei einem Einschlag in der Nachbarschaft kann die Technik andernfalls beschädigt werden. Wenn dann doch Elektrogeräte durch einen Blitzeinschlag beschädigt werden, ist laut Württembergischer Gemeinde-Versicherung (WGV) die Hausratsversicherung zuständig.

Duschen bei Gewitter: Ist das gefährlich?

Wenn die Wasserleitungen in Altbauten noch aus Metall sind und nicht geerdet, wenn ältere Häuser keinen Blitzschutz haben, dann kann Duschen bei einem Blitzeinschlag gefährlich sein. In modernen Häusern stellt dies jedoch kein Problem dar.

Kann ich telefonieren oder ein Smartphone verwenden?

Ja, insbesondere mit dem Smartphone zu telefonieren ist kein Problem, denn die Handystrahlung zieht keine Blitze an. Problematisch kann es nur bei alten Geräten werden, nämlich bei Kabeltelefonen und beim Kontakt mit Wahlscheiben.

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Gewitter in BW und RLP: Helfen Blitzableiter wirklich?

Fachleuten ist es vor zwei Jahren erstmals gelungen, einen Blitz mithilfe eines Lasers zu lenken. Das könnte ein wichtiger Schritt zu einem besseren Schutz vor Blitzen etwa für Flughäfen oder andere große Gebäude sein. Aber wie sieht es bei allen anderen Häusern mit Blitzableitern aus? Obwohl sie nicht für alle Häuser Pflicht sind, seien Blitzableiter sinnvoll, so die Einschätzung von Ludger Niermann, Ingenieur aus Nürtingen (Kreis Esslingen).

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Wie zuverlässig sind Wetter-Apps bei Gewittern?

"Man muss sich der Grenzen von Wetter-Apps bewusst sein", sagt Wetterexperte Andreas Machalica. Einzelne Apps empfehlen würde er nicht, weil jede App mal treffen und mal daneben liegen könne. Als Basis für die Berechnungen dienten unterschiedliche Modelle. Es könnten eher großräumigere Zonen mit Gewitterlagen eingegrenzt werden, die Vorhersage für den konkreten Einzelfall sei schwierig. Manche Nutzenden würden dies aber erwarten: "Die Erwartungshaltung ist relativ hoch." Machalica vermutet, dass sich die Prognosen künftig durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz verbessern könnten.

Mitte Juli 2023 zogen heftige Gewitter über Baden-Württemberg. Wie das aussah, zeigen einige Bilder von unseren Userinnen und Usern:

Blitze über Stuttgart
Über Stuttgart zuckten Blitze: Hier der Blick auf den Fernsehturm von Stuttgart-Asemwald. Bild in Detailansicht öffnen
Blitze am Himmel von Tettnang Richtung Westen
Aufnahme mit Langzeitbelichtung bei Tettnang (Bodenseekreis). Im Vordergrund ist der Tettnanger Ortstteil Kau zu sehen, dann Friedrichshafen und im Hintergrund das Schweizer Bodenseeufer. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Blitz über Karlsruhe
Dieser Blitz wurde am Dienstagabend über Karlsruhe-Durlach aufgenommen. Bild in Detailansicht öffnen
Blitze über eine Wiese
Diese Blitze zuckten bei Dußlingen im Kreis Tübingen über den Nachthimmel. Bild in Detailansicht öffnen
Blitzer über einem Haus
Auch in Rülzheim (Kreis Germersheim) in Rheinland-Pfalz hat es am Dienstagabend gewittert. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Blitz über dem Rhein
Bereits am Dienstagnachmittag zog dieses Gewitter über den Rhein. Bild in Detailansicht öffnen
Mehrere Blitze erleuchten den Stuttgarter Nachthimmel
Am Dienstagabend waren zahlreiche Blitze am Stuttgarter Nachthimmel zu sehen. Bild in Detailansicht öffnen
Menschen schauen sich auf einem Aussichtspunkt eine heraufziehende Gewitterfront an.
Dieser Blitz erhellte den Nachthimmel über Konstanz. Bild in Detailansicht öffnen

Spielt der Klimawandel bei Blitzen eine Rolle?

Das sei durchaus plausibel, meint SWR-Wetterexperte Andreas Machalica. Dennoch seien längere Trockenperioden ohne Gewitter wahrscheinlich, das vergangene Jahr sei beispielsweise trocken gewesen. In der Folge gebe es dann weniger Blitze.

Sekunden zählen bei Gewittern: Ist da was dran?

Ja - pro Sekunde zwischen Donner und Blitz ist das Gewitter laut Deutschem Wetterdienst noch rund 340 Meter entfernt. Beträgt der zeitliche Abstand weniger als drei Sekunden, könne jederzeit ein Blitz einschlagen. Wenn zwischen Blitz und Donner weniger als 30 Sekunden liegen, sollten Menschen dringend Schutz suchen.

Bieten E-Autos denselben Schutz vor Blitzen wie alle anderen Pkw?

Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) "Mehr Sicherheit für Kinder" rät, bei Gewittern Schutz in einem Gebäude oder einem geschlossenen Auto zu suchen. Der Grund: Das Auto bildet eine Art Metallkäfig, einen sogenannten faradayschen Käfig. Dieser kann einschlagende Blitze in die Erde ableiten. Vorsichtshalber sollte der Metallrahmen im Auto nicht berührt werden. Aber ist man auch in Elektroautos sicher? Ja, sagt der ADAC auf SWR-Anfrage: "Alle Autos, die eine Zulassung bekommen, müssen gesetzliche Anforderungen erfüllen, die ein Höchstmaß an Sicherheit für die Autofahrer garantieren sollen - egal, ob ein Fahrzeug mit Benzin oder Diesel, Erd- oder Flüssiggas oder eben mit einer Batterie elektrisch betrieben wird." Auch ein E-Auto diene somit als faradayscher Käfig. Wer übrigens im offenen Cabrio, mit dem Motorrad, Moped oder Fahrrad unterwegs ist, sollte schnell aus- oder absteigen und sich davon entfernen. 

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