Dominika Schuhriemen aus dem Kreis Kusel leidet seit Jahren unter starker Migräne. (Foto: SWR)

Hausärzte oft schlecht informiert

Migräne: Patienten in RLP teils nicht gut versorgt

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Mehr als zehn Prozent der Menschen in Deutschland leiden unter Migräne. Die Therapie macht Fortschritte, aber in Rheinland-Pfalz gibt es für Betroffene zu wenig Hilfe.

Dominika Schuhriemen aus Sommerloch im Kreis Bad Kreuznach leidet mehrmals im Monat an starken Migräneanfällen. Die klopfenden, pochenden Schmerzen seien kaum zu ertragen. "Ich muss dann sofort schlafen und hoffe, dass es ganz schnell vorbei geht", erzählt sie "Zur Sache Rheinland-Pfalz". Die 29-Jährige ist in solchen Migränephasen extrem licht-, geräusch- und geruchsempfindlich.

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Im Dunkeln liegen, sich von allem absondern und Schmerzmittel nehmen. Migränepatienten fühlen sich regelrecht ausgeknockt. Wenn Dominika Schuhriemen Glück hat, geht es ihr nach zwei bis vier Stunden besser. Ist der Migräneanfall besonders schwer, kann es auch Tage dauern, bis sie wieder aufstehen kann.

Bei Migräne helfen normale Schmerzmittel selten

In solchen Akutsituationen sind Betroffene darauf angewiesen, dass sie schnell das richtige Schmerzmittel bekommen. Neurologen verordnen sogenannte Triptane, denn die üblichen Schmerzmittel helfen bei Migräne nicht. Doch viele Hausärztinnen und Hausärzte wissen das nicht. Kopfschmerzen kämen in der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten nur am Rande vor, kritisiert die Präsidentin der MigräneLiga e.V Deutschland, Veronika Bäcker aus Landau.

Die Präsidentin der MigräneLiga e.V. Deutschland, Veronika Bäcker aus Landau, fordert, dass Allgemeinmediziner im Studium mehr über Kopfschmerzen erfahren. (Foto: SWR)
Präsidentin der MigräneLiga e.V. Deutschland, Veronika Bäcker aus Landau.

Allgemeinmediziner häufig nicht gut über Migräne informiert

Für Kopfschmerzpatienten dauere es in der Regel bis zu acht Jahre, bis sie den richtigen Arzt und die richtige Behandlung bekämen, sagt Bäcker und verweist auf eine Studie der europäischen Patientenorganisation für Kopfschmerzerkrankungen. Ein langer Leidensweg, wenn man sich beispielsweise die Situation von Dominika Schuhriemen Augen führt.

"Grund dafür ist, dass Ärzte die Bedeutung der Migräne und den Leidensdruck nicht ernst nehmen", klagt sie. Das mache sich besonders auf dem Land bemerkbar. "Auf dem Land haben wir das Problem, dass viele Hausärzte sich nicht ausreichend auskennen, es aber viel weniger Neurologen gibt als in der Stadt."

Dazu kommen die langen Wartezeit für einen Termin bei Facharzt. Dr. Ulrike von der Osten-Sacken ist Neurologin und Chefärztin im Gesundheitszentrum Glantal. Sechs Monate würden Migränepatienten im Schnitt auf eine Behandlung beim Neurologen warten. Dabei könnten auch schon die Hausärztinnen und -ärzte viel ausrichten.

Die Neurologin Dr. Ulrike von der Osten-Sacken vom Gesundheitszentrum Glantal bedauert, dass die spezielle Migränetherapien so wenig bekannt sind. (Foto: SWR)
Dr. Ulrike von der Osten-Sacken Neurologin und Chefärztin am Gesundheitszentrum Glantal

Zu wenige Neurologen und Schmerzzentren in Eifel und Hunsrück

"Ich finde das so schade, denn wir haben wunderbare Medikamente, mit der man eine Migräne behandeln kann, mit der man eine Migräne auch vorbeugen kann", sagt von der Osten-Sacken. Dass Migränepatienten auf dem Land mit Triptanen behandelt würden, sei eher selten - weil es nicht bekannt sei. "Wir Neurologen schulen die Allgemeinmediziner auch immer zu den Symptomen und Behandlungsmöglichkeiten bei Migräne."

Im Gesundheitszentrum Glantal in Meisenheim werden auch neue Therapieformen, wie etwa die Antikörperbehandlung angeboten. "Die meisten Antikörper können erst nach vier Vor-Therapien eingesetzt werden", erklärt von der Osten-Sacken, "bei einem Antikörper genügt aber schon eine. Die Hausärzte könnten schon eine Vortherapie einleiten und zügig an den Neurologen weiterleiten."

Dominika Schuhriemen ist erleichtert. Sie bekommt im Gesundheitszentrum Glantal die lange ersehnte Antikörper-Spritze. Selbst die Behandlung mit Triptanen hatte ihr nicht mehr geholfen. In die neue Therapie setzt sie nun ihre ganze Hoffnung.

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