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Flexible Arbeitszeiten

Pilotprojekt gestartet: Stadt Ludwigshafen führt Vier-Tage-Woche ein

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Laura Schindler
SWR-Reporterin Laura Schindler im Studio Mannheim-Ludwigshafen.
Jana Nigge

Seit Anfang Juli testet die Stadtverwaltung Ludwigshafen die Vier-Tage-Woche. Die Angestellten können sich nun aussuchen, ob sie ihre Arbeitszeit auf vier Tage verteilen wollen.

Nur vier Tage in der Woche arbeiten – dafür zehn Stunden an einem Tag. Diese Option steht Mitarbeitenden der Stadtverwaltung Ludwigshafen nun offen. Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) will damit mehr auf die Bedürfnisse ihrer Angestellten eingehen.

"Für uns ist es wichtig, dass wir flexibel sind im Interesse der Mitarbeitenden. Wir wollen ein attraktiver Arbeitgeber sein. Und wir sind in Konkurrenz zu Nachbarstädten, zur Wirtschaft hier in der Region und manchmal ist es nicht das Geld, sondern so kleine Möglichkeiten, die Menschen bewegen einen Arbeitsplatz zum Beispiel bei der Stadt Ludwigshafen aufzunehmen," sagte Steinruck dem SWR.

"Wir wollen ein attraktiver Arbeitgeber sein. Und wir sind in Konkurrenz zu Nachbarstädten, zur Wirtschaft hier in der Region."

Durch Vier-Tage-Woche als Arbeitgeber attraktiver werden

Die Stadt Ludwigshafen hofft, durch das Pilotprojekt auch neues Personal zu gewinnen. denn auf das sei Ludwigshafen dringend angewiesen, so Steinruck. Die vielen unbesetzten Stellen wirkten sich auch negativ auf die Beschäftigten aus, so die Oberbürgermeisterin. "Da bekomme ich natürlich auch Rückmeldungen, dass Menschen überlastet sind, dass sie sich überlastet fühlen. Das zeigt auch der Krankenstand. Und wir helfen den Kolleginnen und Kollegen damit, dass wir sagen, "Wir sind bereit uns an eurer individuellen Lebenssituation zu orientieren und zu helfen"."

Servicezeiten sollen von Vier-Tage-Woche nicht gestört sein

Mitarbeitende der Stadt Ludwigshafen können künftig zusammen mit ihren Vorgesetzten vereinbaren, dass sie ihre Arbeitszeit auf vier Tage die Woche verteilen und einen Tag frei haben. Von der Vier-Tage-Woche erhofft sich die Oberbürgermeisterin noch weitere Vorteile: weniger CO2-Emissionen und dass die Straßen vom Verkehr entlastet werden. Die Servicezeiten für Bürgerinnen und Bürger sollen von der verkürzten Arbeitswoche nicht beeinträchtigt werden. Das Pilotprojekt ist zunächst auf ein Jahr angelegt und gilt nur für Teilbereiche der Stadtverwaltung.

Wie sieht es im Rest der Region aus?

Die Stadtverwaltung Landau ist nach Angaben eines Sprechers zwar gespannt auf die ersten Erfahrungen der Stadt Ludwigshafen im Hinblick auf die Vier-Tage-Woche, sieht das Projekt vorerst aufgrund der hohen täglichen Arbeitszeit jedoch noch kritisch.

Bei der Verwaltung Neustadt ist es derzeit schon möglich, dass Mitarbeitende ihre Arbeitszeit in einer Vier-Tage-Woche ableisten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben dort die Möglichkeit ihre Arbeitszeiten individuell einzurichten, weshalb eine offizielle Regelung nicht von Nöten ist, wie ein Sprecher der Stadt mitteilt. 

Vier-Tage-Woche Wegweiser
Welche Unternehmen in der Pfalz die Vier-Tage-Woche einführen wollen, das hängt unter anderem von der Größe des Betriebs und vom Bedarf an Fachkräften ab.

Das sagen Unternehmen in der Pfalz zur Vier-Tage-Woche

Ähnlich sieht es in den Betrieben aus. Die BASF in Ludwigshafen will sich nicht auf eine Vier-Tage-Woche festlegen. Nach Angaben eines Sprechers gibt es bereits flexible Arbeitszeitmodelle, die sich nach dem Bedürfnis des jeweiligen Mitarbeitenden richten - wie Arbeiten in Teilzeit oder auch die Möglichkeit, mobil zu arbeiten. 

Für kleinere und größere Betriebe Vier-Tage-Woche schwer umsetzbar

Für kleinere Betriebe, wie das Weingut "Emil Bauer & Söhne" in Landau ist die Vier-Tage-Woche in der Praxis nicht umsetzbar. Laut Alexander Bauer habe er nicht genug Mitarbeiter, um das Modell sinnvoll umzusetzen. Auch als Rekrutierungsstrategie für neue Mitarbeitende findet er die Vier-Tage-Woche für seinen Betrieb nicht überzeugend genug.

Die Zentrale der Bäckerei Görtz mit Sitz in Ludwigshafen und rund 190 Filialen in der Metropolregion befindet sich nach Angaben einer Sprecherin gerade in der Umstellung von einer Sechs-Tage Woche auf eine Fünf-Tage Woche. Man fokussiere sich jetzt vorerst darauf. Mit einer Vier-Tage Woche habe sich die Leitung des Unternehmen noch nicht intensiver beschäftigt. Die Mitarbeiter seien über bereits erfolgte Fünf-Tage-Umstellung gespalten. Einige finden den extra Tag frei sehr gut, die anderen sind eher verhalten, weil sie dann an den anderen Tagen mehr arbeiten müssen und den freien Tag dann als Erholung brauchen.

Noch kein Thema: Gleiche Bezahlung bei weniger Arbeit

Anders als in Großbritannien haben sich die Arbeitgeber in der Pfalz aber bisher nicht dazu entschieden, eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich für den "fehlenden" fünften Tag einzuführen. Im Vereinten Königreich hatte eine Studie, an der im vergangenen Jahr rund 70 Unternehmen und mehr als 3.000 Beschäftigte teilgenommen hatten, gezeigt, dass in vielen Branchen die Beschäftigten an vier Tagen genauso produktiv sein können wie vorher an fünf Tagen.

Und in Island gab es dazu schon 2015 und 2017 Pilotprojekte, die Arbeitszeit bei gleichem Gehalt auf eine Vier-Tage-Woche zu reduzieren, beziehungsweise von 40 auf 35 oder 36 Stunden. Und zwar quer durch verschiedenste Branchen und Berufe. Auch dort kam man zu dem Schluss: Eine verkürzte Arbeitszeit wirkt sich positiv auf die Produktivität der Beschäftigten aus. Außerdem litten sie weniger unter Stress und Burnout und seien allgemein glücklicher. Dass sich das auch viele Deutsche wünschen, zeigte jüngst eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung. Gewerkschaften wie die IG-Metall forderten bereits, solche Modellversuche zu übernehmen.

IHK Pfalz: Vier-Tage-Woche ist Zukunftsmodell und macht Arbeitgeber attraktiver

Laut Industrie- und Handelskammer Pfalz fehlt es zur Bewertung der Vier-Tage-Woche noch an Erfahrungswerten. Eine Sprecherin teilte mit, dass das Modell zwar in Teilbereichen definitiv umsetzbar ist, es aber deutlich an Vorreitern und Vorbildern fehlt.

Stefanie Lenz von der Fachkräftesicherung der IHK sieht die Vier-Tage-Woche als Zukunftsmodell. Arbeitgeber könnten ihre Attraktivität steigern und somit bestehende Mitarbeitende binden sowie neue anlocken.

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