Das Kreishaus Südliche Weinstraße in Landau. Der Haupteingang ist aus Sicherheitsgründen geschlossen. Wer rein will, muss einen Termin haben und klingeln.

Neuer Zugang soll Mitarbeiter besser schützen

Kreis Südliche Weinstraße: Jugendamt-Mitarbeiter durch Reichsbürger bedroht

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Birgit Baltes
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Die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße fürchtet um die Sicherheit ihrer Beschäftigten und baut um. Der Grund: Zwei Mitarbeiter des Jugendamts werden in den sozialen Medien wohl namentlich bedroht.

Die Geschichte: Das Kreisjugendamt hatte im Februar mehrere Kinder aus zwei Familien nehmen müssen, weil ein Gericht die sogenannte Inobhutnahme beschlossen hatte. Danach bedrohten beide Familien, von denen eine laut Polizei zur Reichsbürgerszene gehört, zwei Mitarbeiter des Jugendamts per Post und über die sozialen Medien.

Kreisverwaltung: Eine Familie reagierte besonders aggressiv

Die Kreisverwaltung teilte dazu mit: "Im vorliegenden Fall handelt es sich um Personen, die besonders aggressiv reagiert haben und dazu auch dem Spektrum der Reichsbürger zuzuordnen sind."

Die Behörde reagierte prompt: Sie erstattete Anzeige wegen Bedrohung bei der Polizei. Und sie verschärfte auch den Zugang für Besucherinnen und Besucher. Der Haupteingang zum Kreishaus in Landau ist geschlossen. Es dürfen nur Besucher hinein, die vorher einen Termin vereinbart haben. Wegen der Bedrohungslage veranlasste die Behörde zusätzlich, dass jeder Besucher von einem Mitarbeiter der Verwaltung am Eingang abgeholt werden muss.

Ins Kreishaus Südliche Weinstraße kommen Bürgerinnen und Bürger nicht ohne Voranmeldung.
Ins Kreishaus Südliche Weinstraße kommen Bürgerinnen und Bürger nicht ohne Voranmeldung. Die Tür ist verschlossen und man muss klingeln und wird von einem Mitarbeiter abgeholt.

Kreishaus in Landau: Für Besucher ohne Termin dicht

Die Sicherheitsvorkehrungen werden weiter verschärft: Die Behörde will zudem einen neuen Eingangsbereich im Untergeschoss bauen, durch den die Besucher direkt und gezielt zu den Bereichen geführt werden, die am stärksten nachgefragt sind, wie etwa die Zulassungs- und Führerscheinstelle oder die Ausländerbehörde. Wer aber einen Termin bei anderen Behörden wie zum Beispiel dem Jugendamt oder dem Bauamt hat, der kann weiter durch den Haupteingang.

Das Kreishaus Südliche Weinstraße hat für Besucher einen neuen Zugangsbereich
Der neue Zugang zur gemeinsamen KfZ-Zulassung und Führerscheinstelle für Landau und den Kreis Südliche Weinstraße sowie zur Ausländerbehörde ist noch ein Provisorium.

Polizei ermittelt wegen Bedrohung

Wie kann die Polizei jetzt die Jugendamtsmitarbeiter schützen? Nach Angaben von Polizeisprecher Sebastian Burkhardt hat es mehrfach sogenannte Gefährderansprachen gegeben, das heißt Polizeibeamte haben die beiden Familien in ihren Wohnungen aufgesucht und sie gezielt auf ihre Drohungen und deren Folgen angesprochen.

Zudem seien Polizeistreifen häufiger am Kreishaus vorbeigefahren, um sicherzustellen, dass den bedrohten Mitarbeitern dort niemand auflauert. Bei einer der beiden Familien scheint das gewirkt zu haben: Sie hat offenbar mit ihren Drohungen aufgehört. Die andere Familie aus der Reichsbürgerszene dagegen nicht, so Burkhardt. Das Kreisjugendamt habe damals aufgrund der gerichtlichen Anordnung drei Kinder aus der Familie genommen.

Das Kreishaus Südliche Weinstraße hat für Besucher einen neuen Zugangsbereich
Wer zur Ausländerbehörde, Führerscheinstelle oder Lebenshilfe der Kreisverwaltung Südliche Weinstraße will, muss vorab einen Termin vereinbaren und sich dann hier anmelden. Aus Sicherheitsgründen.

Reichsbürgerfamilie droht Mitarbeitern des Jugendamts weiter in Social Media

Es seien weiterhin Chatverläufe aufgefallen, in denen Drohungen nicht offen ausgesprochen würden, man sie "zwischen den Zeilen lesen". Morddrohungen habe es nicht gegeben. Die Polizei nehme das dennoch sehr ernst, vor allem weil hier Namen genannt werden, so Polizeisprecher Burkhardt.

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Man habe die Angst und die Sorgen der Beschäftigten der Kreisverwaltung im Blick. Die große Schwierigkeit in diesem Fall sei, dass das Jugendamt einen Gerichtsbeschluss, also einen Verwaltungsakt, durchführen musste gegenüber "Menschen, die das deutsche Recht nicht anerkennen." Bedrohungen von Behördenmitarbeitern seien inzwischen leider keine Seltenheit mehr.

Die große Schwierigkeit ist: Ich muss den Verwaltungsakt durchführen, mit Menschen, die das deutsche Recht nicht anerkennen.

Bedrohung: Gibt es Konsequenzen?

Die Ermittlungen vor allem gegen die Familie aus der Reichsbürgerszene laufen noch, so Burkhardt. Ob die Staatsanwaltschaft Anklage wegen des Straftatbestands der Bedrohung erheben wird, ist also noch unklar.

Landrat Seefeldt wünscht sich ein "offenes Kreishaus"

Landrat Dietmar Seefeldt (CDU) hofft, dass sich die Situation bald wieder entspannt. "Das Kreishaus ist von Anbeginn als ein offenes Haus für die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern konzipiert worden", teilte er dem SWR schriftlich mit.

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