Viele Kinder leiden unter psychischen Problemen - Programme in Schulen sollen ihnen helfen (Foto: picture-alliance / Reportdienste, picture alliance / Zoonar | Channel Partners)

Psychische Belastung hat zugenommen

Was eine Koblenzer Schule für die mentale Gesundheit ihrer Schüler macht

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Sarah Mauer
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Immer mehr Schüler klagen über psychische Probleme. Wie Stress und Angst im Schulalltag vermieden werden können, zeigt das Beispiel der Julius-Wegeler-Schule in Koblenz.

Die Julius-Wegeler-Schule in Koblenz will ihren Schülern beibringen, wie sie mit Stress und anderen psychischen Belastungen umgehen können. Unter anderem nimmt die Berufsbildende Schule seit 2018 am Programm "MindMatters" der Landesregierung, der Barmer Krankenkasse und der Unfallkasse teil, das erst kürzlich erneut für ein Jahr verlängert wurde.

Das Programm bietet Fortbildungen, Informationen und Unterrichtsmaterial für Lehrer, damit sie ihren Schülern besser helfen können, mit emotional schwierigen Situationen umzugehen.

Schüler lernen Umgang mit Stress im Unterricht

Das Gelernte ließe sich für die Lehrer ganz einfach in den Unterricht integrieren, erklärt Schulleiter Carsten Müller: "Es fängt damit an, dass man sich überhaupt mal überlegt: Was ist Stress und wie gehe ich mit Stress um? Was sind für mich ganz persönliche Stressoren? Das kann bei jedem ganz unterschiedlich sein."

Diese Überlegungen hätten nachhaltige Konsequenzen für den Unterricht und die Vorbereitung auf Klausuren, so Müller: "Das kann man wunderbar integrieren und so die Schüler stärken, keine Angst zu haben in der Vorbereitung und bei der Klausur selbst."

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Vielfältige Maßnahmen zur Gesundheitsförderung

Die Rückmeldungen der Schüler haben demnach gezeigt, dass Entspannungsübungen wie Meditationen und Autogenes Training ihnen geholfen haben. Schulleiter Müller betont aber, dass diese nur ein Baustein in dem Gesundheitskonzept der Schule seien.

Es fängt damit an, dass man sich überhaupt mal überlegt: Was ist Stress und wie gehe ich mit Stress um?

Die Schule hat sich 2018 ein eigenes Gesundheitskonzept erarbeitet, sagt Projektverantwortliche Alexandra Paus. Dazu gehört unter anderem, dass das Thema Stressabbau auch im Fachunterricht behandelt wird. So lernen die Schüler zum Beispiel im Fach Biologie, wie Hormone Stress auslösen können oder auch, wie sie sich gesund ernähren.

Eine junge Frau steht vor verschiedenen Plakaten. Eine Schülerin der Julius-Wegeler-Schule stellt verschiedene Entspannungsübungen vor, die sie in der Schule erlernt hat. (Foto: SWR)
Eine Schülerin der Julius-Wegeler-Schule in Koblenz stellt verschiedene Entspannungsübungen vor, die sie in der Schule erlernt hat.

Außerdem werden auch externe Experten eingeladen, die Lehrer fortbilden oder Workshops mit den Jugendlichen durchführen. Zum Beispiel zu der Frage "Wie gehe ich am besten mit Lampenfieber um?"

Schüler streichen ihre Klassenräume und verschönern sie

Auch über eine gute Lernumgebung habe sich das Projektteam Gedanken gemacht, erklärt Alexandra Paus. Zusammen mit den Schülern seien Klassenräume neu gestrichen und verschönert worden. Demnach wurden auch bequeme Möbel angeschafft und der Aufenthaltsraum neu gestaltet.

Auch die Schulsozialarbeit und erlebnispädagogische Projekte sollen dabei helfen, dass die Schüler sich beim Lernen wohl fühlen. Ein besonderes Highlight ist eine gemeinsame Segelfahrt, bei der die Schüler einander am Anfang der Jahrgangsstufe 11 besser kennenlernen sollen.

Auch Lehrer müssen auf ihre psychische Gesundheit achten

Die Schule kümmert sich auch um die psychische Gesundheit ihrer Lehrer und Lehrerinnen. Denn viele seien Idealisten und liefen daher auch Gefahr, entmutigt zu werden, erklärt Carsten Müller: "Ein Lehrer wird ja Lehrer, nicht weil er denkt: Das ist der Beruf, bei dem ich viel Geld verdiene. Das ist ein sozialer Beruf."

Lehrern sei es wichtig, junge Menschen in ihrem Entwicklungsprozess zu begleiten und zu bestärken. Ginge es den Schülern nicht gut, wirke sich das auch auf den mentalen Zustand der Lehrer aus. Aber aktiv helfen zu können, mache einen großen Unterschied, meint Müller: "Wenn sie aber sehen: ein Schüler hat eine schwierige Situation geschafft, weil ich mit ihm daran gearbeitet habe - gibt es was befriedigenderes?"

Außerdem können die Lehrer Yoga oder Rückengymnastik machen, erzählt Alexandra Paus. Oder sie entspannen sich zwischendurch auf einem eigens dafür angeschafften Massagesessel.

Programm "MindMatters" geht weiter

Nach Angaben der BARMER Krankenkasse brauchen immer mehr rheinland-pfälzische Kinder und Jugendliche eine Psychotherapie. Grund dafür seien meist Belastungen wie Trauerfälle oder Mobbing in der Schule. Aber auch die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die an einer Depression litten, sei gestiegen, so Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der BARMER Krankenkasse. Das unterstreicht auch der DAK Kinder- und Jugendreport für Rheinland-Pfalz.

Deswegen haben Vertreter der Landesregierung, der Unfallkasse und der BARMER erneut einen Kooperationsvertrag unterschrieben, der festgelegt, dass das Programm "MindMatters" in Rheinland-Pfalz um ein weiteres Jahr verlängert wird.

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