Klassenzimmer. Auf der Tafel steht G9.

In 43 allgemeinbildenden Gymnasien

Abitur nach neun Jahren: BW verlängert G9-Modell

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Anders als in Bayern bleibt in Baden-Württemberg das Abitur nach acht Jahren die Regel und das neunjährige Gymnasium die Ausnahme. Das Modell G9 geht aber weiter.

Baden-Württemberg hält am Abitur nach acht Jahren grundsätzlich fest und verlängert den "Modellversuch" mit den 43 Gymnasien, die den Abschluss nach neun Jahren anbieten. Das bestätigte Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. "Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, keine Strukturdebatten zu führen. G8 bleibt also die Regelform", erklärte die Grünen-Politikerin. "Aber um auch die bestehenden Optionen für die Schülerinnen und Schüler zum Erreichen der Allgemeinen Hochschulreife zu erhalten, wollen wir den Modellversuch G9 fortführen." Dieser trage dazu bei, ein passendes Angebot für verschiedene Wege zum Abitur zu ermöglichen.

Das Vorgehen ist mit den Fraktionsvorsitzenden von Grünen und CDU, Andreas Schwarz und Manuel Hagel, abgestimmt. Im Schuljahr 2012/2013 wurde das Modell unter Grün-Rot eingeführt und soll um fünf Jahre verlängert werden. Kultusministerin Schopper hielt den Kritikern des sogenannten Turbo-Abiturs nach acht Jahren entgegen, es gebe genügend Wahlmöglichkeiten. Baden-Württemberg habe ein flächendeckendes Angebot für das neunjährige Abitur.

"Wir haben in Baden-Württemberg ein flächendeckendes Angebot, um in neun Jahren zum Abitur zu gelangen."

Allein an 223 beruflichen Gymnasien sei dies möglich, so Schopper, hinzu kämen noch neun Gemeinschaftsschulen mit gymnasialer Oberstufe. Auch an den mehr als 50 Waldorfschulen im Land machen die Schülerinnen und Schüler in der Regel ihr Abitur nach neun Jahren. Die 43 allgemeinbildenden Modell-Gymnasien sind auf fast alle 44 Stadt- und Landkreise Baden-Württembergs verteilt. Ursprünglich waren es 44, doch ein Gymnasium in Mannheim entschied schon 2018, wieder komplett auf G8 umzustellen.

Immer wieder Kritik an G8

Grüne und CDU hatten sich schon bei den Koalitionsverhandlungen darauf verständigt, an bestehenden Schulformen festhalten zu wollen. Es gibt aber immer wieder Kritik an G8 - etwa vom Landeselternbeirat, weil es vielen Schülerinnen und Schülern großen Stress bereite, schon nach acht Jahren das Abitur abzulegen. Vor allem in der Corona-Krise hieß es, viele Jugendliche hätten Lernlücken und bräuchten mehr Zeit.

Das Interesse am neunjährigen Gymnasium ist trotz G8-Einführung ungebrochen. Ein Schüler aus Eggenstein-Leopoldshafen (Kreis Karlsruhe) hätte gerne eine G9-Klasse besucht, bekam aber keinen Platz.

Schopper verwies dagegen mehrfach darauf, dass die Rückmeldungen aus den Schulen und auch die Noten ein anderes Bild ergäben. Für Schülerinnen und Schüler mit Lücken habe man zudem Programme wie "Lernen mit Rückenwind" aufgelegt.

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Kabinett soll im September Verlängerung beraten

Eigentlich wäre das Modell mit den 43 Gymnasien erst im Sommer 2023 ausgelaufen. Schopper will dem Vernehmen nach die Verlängerung aber schon am 13. September ins Kabinett bringen, damit sich Schulen, Eltern sowie Schülerinnen und Schüler rechtzeitig darauf einstellen können.

GEW fordert mehr Flexibilität

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält die Verlängerung für nicht ausreichend und setzt sich für mehr Unterstützung der Gymnasien in Baden-Württemberg ein. Die Diskussion dürfe nicht auf G8 oder G9 reduziert werden, so die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein. "Wir setzen uns dafür ein, dass flexibel geregelt werden kann, ob die Oberstufe in zwei oder drei Jahren absolviert werden kann“, sagte Stein. Unter anderem müssten die Bildungspläne überarbeitet werden. "Eine flächendeckende Rückkehr zu G9 würde den unterschiedlichen Bedingungen an den Schulen nicht gerecht und niemand hat bisher sagen können, wie das finanziert werden könnte", so Stein weiter.

Philologenverband BW: "Unbeliebtes" G8 abschaffen

Der Philologenverband Baden-Württemberg lobt zwar die Verlängerung des G9-Modells bereits zum jetzigen Zeitpunkt. Dies sei aber "der einzige positive Punkt an dieser Entscheidung", heißt es in einer Pressemitteilung. Das Kultusministerium hoffe anscheinend, damit "dem Druck der mit G8 immer unzufriedener werdenden Eltern auch in den kommenden Jahren widerstehen zu können".

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SWR