Supermärkte ohne Mitarbeitende erobern den unprofitablen ländlichen Raum zurück. Das zeigen Studienergebnisse von Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel an der DHBW Heilbronn.
Auf dem Land haben große Supermärkte und Discounter den Markt längst erobert. Dem entstandenen Kostendruck können kleine Lebensmittelmärkte schon lange nicht mehr standhalten. Mit deutlichen Kostensenkungen, vor allem beim Personal, entstehen jedoch neue Chancen für kleine Lebensmittelmärkte in kleinen Ortschaften. Den Trend beobachtet Stephan Rüschen seit Jahren.
In Orten mit etwa 2.000 Einwohnern gebe es sehr oft keine Versorgung mehr, weder Bäckereien noch Supermärkte, so Rüschen. Das Geschäft sei dort nicht rentabel. Deshalb etablierten sich seit etwa zwei Jahren verstärkt Märkte ohne Personal. In Deutschland sieht er dafür noch ein riesiges Potential.
Rasante Verbreitung der Selbstbedienungs-Supermärkte
Momentan gebe es rund 300 Selbstbedienungs-Märkte in Deutschland, Ende 2024 rechnet Rüschen mit über 1.000 Märkten. Den Bedarf sieht er sogar bei rund 8.000 Märkten in Deutschland. Auch in Tankstellen, Altenheimen oder Krankenhäusern könnten diese Konzepte verstärkt zum Einsatz kommen. Im Kreis Heilbronn ist Tante-M bereits vertreten, in Untergruppenbach-Unterheinriet und Löwenstein.
Selbstbedienung funktioniert
In Untergruppenbach-Unterheinriet hat Bürgermeister Andreas Vierling (parteilos) den Laden ohne Mitarbeitende vor Ort quasi angeworben. Mehrfach hätten kleine Geschäfte im Ort keinen Erfolg gehabt. Von dem Tante-M Konzept habe er dann in der Presse gelesen.
Anfängliche Sorgen, dass ältere Menschen mit der Technik vor Ort Probleme haben könnten, hätten sich nicht bewahrheitet, so Vierling. Die Hoffnung ist, dass dieses Konzept nun eine dauerhafte Lösung in Unterheinriet ist.
Selbst abkassieren spart Kosten
In den unbemannten Läden sind keine Mitarbeitenden dauerhaft vor Ort, das senkt die Personalkosten massiv. Kundinnen und Kunden können trotzdem wie gewohnt die Produkte auswählen, an der Kasse müssen sie dann jedoch selbst abkassieren, der sogenannte "Self-Checkout". Das Modell ist laut Rüschen am weitesten verbreitet. Weniger verbreitet sei ein Roboter, der die gewünschten Artikel aus einem Lager bringt.
Weniger Auswahl dafür rund um die Uhr geöffnet
In den Selbstbedienungsläden gibt es etwa 500 bis 1.000 Produkte, so der Experte für den Lebensmitteleinzelhandel. Im Vergleich: In normalen Supermärkten sind häufig etwa 25.000 Artikel vorrätig. Ein kleineres Sortiment spart allerdings viel Platz, so können die Märkte mitten in den Orten unterkommen, häufig würden ehemalige Bankfilialen genutzt. Beliebt seien bei Kundinnen und Kunden vor allem die Öffnungszeiten rund um die Uhr, somit auch sonntags.
Dafür brauche es aber dringend eine gesetzliche Regelung und Planungssicherheit für die Anbieter. Momentan werde auf Landesebene diskutiert, wie mit dem Verkauf an Sonntagen umgegangen werden soll. Dieser Wochentag sei enorm wichtig für die Geschäfte, erklärt Rüschen.
Kommen Hightech-Supermärkte in der Stadt?
Während auf dem Land bereits neue Konzept umgesetzt werden, gibt es in der Stadt wenig Entwicklungen. Mit dem Einsatz von Technologie soll sich das in Zukunft jedoch ändern. Hightech soll das Einkaufen verbessern und vereinfachen. In sogenannten "Smart Stores" können registrierte Kundinnen und Kunden die Produkte aus den Regalen nehmen und den Laden verlassen, das System erkennt die mitgenommenen Produkte mit Sensoren und künstlicher Intelligenz (KI) und rechnet im Hintergrund automatisch ab. In Deutschland würden solche Systeme aber noch einige Zeit brauchen, meint Stephan Rüschen, Professor für Lebensmittelhandel an der DHBW Heilbronn.
Ist die "shop.box" der Blick in die Zukunft?
Auf dem Heilbronner Bildungscampus wird bereits ein Hightech-KI-Supermarkt getestet. In der "shop.box", ein Projekt der Schwarz-Gruppe, können Studierende und Mitarbeitende auf dem Campus bereits einkaufen. Noch seien diese Systeme jedoch zu teuer für den breiten Markt, so Rüschen. Allerdings sei es nicht nur die Frage: Technik versus Personalkosten, auch der Personalmangel treffe den Einzelhandel sehr stark. Bereits heute müssten deshalb Läden früher schließen. Sollte sich diese Situation noch weiter verschärfen, könnten solche Technologien auch schneller umgesetzt werden, um überhaupt den Laden noch aufmachen zu können.