Igor Levit: Weltklasse Pianist mit lauter Stimme gegen Antisemitismus

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Moderator/in
Jens Wolters
Moderator Jens Wolters aus dem SWR1 Team moderiert regelmäßig die Sendung SWR1 Leute mit spannenden und interessanten Gästen

Pianist Igor Levit stammt aus einer jüdischen Familie, vereint Musik und Politik: So ist er international als Pianist gefragt und äußert sich immer wieder zur Lage in der Welt.

Musik ist kein Ersatz für Politik. Musik ist kein Ersatz für Aktivismus.

Igor Levit äußert sich mal kurz und knapp auf der Social Media Plattform X [ehemals Twitter] oder ausführlicher als Gast in TV-Talkshows. Nach dem Anschlag der Hamas auf Israel im vergangenen Oktober hatte er das Grundvertrauen in die deutsche Gesellschaft verloren. Der Hass auf Juden sei nicht nur eine Bedrohung für ihn selbst, sondern für die Existenzgrundlage dieser Bundesrepublik, so Levit. Und er vermisse eine klare Positionierung seiner Künstlerbranche.

Pianist und Aktivist Igor Levit stammt aus einer jüdischen Familie, vereint Musik und Politik: So ist er international als Pianist gefragt und äußert sich immer wieder zur Lage in der Welt - auch bei seinem Interview in SWR1 Leute. Das Bild zeigt den Starpianisten Igor Levit am 14.01.2024: In Berlin spielte er ein Konzert zum Gedenken an die israelischen Hamas-Geiseln.
Der Starpianist Igor Levit spielte 14.01.2024 in Berlin ein Konzert zum Gedenken an die israelischen Hamas-Geiseln.

Solidaritätskonzert: Gegen das Schweigen. Gegen Antisemitismus.

Ende 2023 stellte Igor Levit das Solidaritätskonzert "Gegen das Schweigen. Gegen Antisemitismus" auf die Beine. Dabei vereinte er Menschen aus den verschiedensten Bereichen: Unter anderem Die Toten Hosen, Publizist Michel Friedman oder Klimaaktivisten Luisa Neubauer. Eigentlich ein typischer Abend für Igor Levit. Einer seiner Leitsätze im Leben lautet "Passivität ist keine Option".

Sprach- und Fassungslosigkeit nach dem Angriff der Hamas auf Israel

Igor Levit war der erste internationale Künstler, der nach dem Angriff der Hamas nach Israel geflogen ist. "Ich wollte da sein, habe einen Flug und ein Hotel gebucht, ich hatte keinen Plan", erinnert er sich. Vor Ort hat er in Krankenhäusern für Verwundete gespielt, für Angehörige von Entführten, "für Menschen in Altersheimen, die den Holocaust überlebt haben und auf den letzten Metern ihres Lebens nochmals das überleben mussten – es erfüllt mich beinahe mit Scham, diesen Menschen überhaupt in die Augen zu schauen". 

Mein Leben ist ab jetzt ein anderes, als es vorher war. Und auch die Auseinandersetzung mit meiner eigenen jüdischen Identität ist ab jetzt einen andere, als sie vorher war. Wohin und zu was das führt, verhandle ich noch mit mir.

Was kann Musik für die Menschen bedeuten?

Musik kann einfach alles, muss gar nichts und man ist mit seinen Emotionen ganz bei sich – das ist einfach wundervoll.

Mit seiner Musik erreicht Igor Levit auch eine ganze andere Generation - die von Nicht-Klassik-Hörern, wenn er zum Beispiel den SWR1 Hitparaden Top-Hit "Nothing Else Matters" von Metallica spielt.

My cover of “Nothing Else Matters” (arr. Fred Hersch) from the @metallica #Blacklist

Seine Social Media Posts bringen ihn auch in Lebensgefahr

"Neben Brahms lieb’ ich auch Süßkartoffeln" oder "Rosenkohl gehört ins Grundgesetz" - knappe, überraschende Social Media Statements eines der wichtigsten klassischen Pianisten unserer Zeit. Igor Levit weiß, wie er mit Social Media umgeht, gut 300.000 Menschen folgen ihm.

Die sozialen Medien machten ihm einfach Spaß, sagt er, obwohl er Twitter [heute X] anfangs gar nicht so ganz verstanden habe.

Ich hatte früher das Gefühl ‘Du kannst was damit bewirken’. Gar nichts kannst Du damit bewirken! Leute diskutieren nicht, sie ballern einfach aufeinander drauf – und wenn sie diskutieren, dann diskutieren sie übereinander und nicht miteinander.

In manchen Fällen würden seine Posts in den sozialen Medien auch ganz konkret sein Leben gefährden - aber auch Todesdrohungen findet er zwar erschreckend, sie schrecken ihn aber nicht ab: "Diese Gesellschaft gibt mir ja Möglichkeiten, mich zu wehren".

Auf die Bühne nimmt er die Wut auf solche Angriffe übrigens mit: "Ich geh' doch nicht auf die Bühne und wünsche mir einen Auszeit, sondern verarbeite das, was in mir ist". Falsch wäre nur, sagt er ganz deutlich, per Gesetz das alles vermeid- und verbietbar zu machen. 

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