2015 bekam Nadja Seipel die Diagnose Brustkrebs, nachdem sie einen Knoten in ihrer Brust ertastet hatte. Ihre Tochter war damals fünf Jahre alt und erlebte, wie ihre Mutter durch die Chemotherapie die Haare verlor. Wie bringe ich das meiner Tochter bei, fragte sie sich und entschied sich für einen spielerischen Weg:
Es folgten mehrere Krankenhausaufenthalte und Reha, Nadja Seipel konnte wieder zurück in den Schuldienst als Werkrealschullehrerin.
Wie umgehen mit der Diagnose: "Der Krebs ist zurück"?
Vor der ersten Diagnose hatte Nadja Seipel noch auf einen Marathon trainiert. Nach erfolgreichem Abschluss der Chemotherapie begann sie wieder mit Sport. 2017 konnte sie einen Triathlon absolvieren.
Doch 2021 litt sie unter Atemnot, war müde und kraftlos. Wie sich herausstellte, hatte sich Flüssigkeit zwischen dem Rippen- und Brustfell angesammelt. In dieser Flüssigkeit wurden bösartige Zellen gefunden. Sie habe vielleicht noch sechs Monate zu leben, sagten ihr die Ärzte. Mittlerweile ist sie schon drei Jahre über diesem Termin, sagt selbstbewusst:
Corona: hilflos im Umgang mit der Krebserkrankung
Erschwert wurde die Situation für Nadja Seipel durch die Corona Pandemie: Oft musste sie alleine zum Arzt, niemand stand für Nachfragen zur Verfügung, niemand, der sie im Krankenhaus in den Arm nahm. Ein Schock für sie waren Fragen wie: "Was ist Ihr letzter Wunsch?". Damit hatte Nadja Seipel nicht gerechnet und vor allem: Sie konnte im Krankenhaus wegen der Corona-Beschränkungen mit niemandem darüber sprechen.
Radioonkologe Prof. Michael Bamberg | 23.1.2024 Prostatakrebs, Brustkrebs und Hirntumore: Wo stehen wir im Kampf gegen Krebs?
Wann können wir Prostatakrebs, Brustkrebs und Hirntumore mit Medikamenten heilen? Michael Bamberg, Vorreiter bei der Krebstherapie, über den aktuellen Stand der Krebsforschung.
Palliativmedizin: mehr als nur "Sterbebegleitung"
Nadja Seipel wurde im Nationalen Tumorzentrum (NCT) in Heidelberg in eine Studie aufgenommen, begegnete dort Prof. Bernd Alt-Epping, dem Ärztlichen Direktor der Klinik für Palliativmedizin. In Heidelberg begleiten er und sein Team schwerstkranke und sterbende Menschen.
"Palliativ" sei, betont Alt-Epping, eben nicht nur Sterbe-Begleitung. Dahinter stehe ein ganzes Unterstützungskonzept mit vielen Angeboten.
Schreiben: Hilfe für die Seele bei der Krebstherapie
Bereits nach ihrer ersten Krebsdiagnose fing Nadja Seipel an zu schreiben, schrieb sich alle Gefühle und Erlebnisse und ihren seelischen Ballast von der Seele und merkte: Das hilft ihr sehr. Nadja Seipels Posts auf Instagram und Facebook erreichten eine große Community. Es kamen Besserungswünsche, Tipps und Hilfe von allen Seiten.
Ihre Mutter allerdings fühlte sich dadurch eher ausgeschlossen. Sie erfahre Dinge immer erst aus dem Internet und nicht direkt von ihrer Tochter, sagte sie. Nadja Seipel reagierte:
Ganz persönlich: Die SWR1-"Briefe an den Krebs"
Trauerbewältigung: Ein Hörbuch für die Tochter
Nadja Seipel lebt in einem Zustand der Todesangst gepaart mit Unsicherheit: Wie schlägt die nächste Therapie an? Kommen weitere Metastasen dazu? All diese Fragen beschäftigen sie und sie weiß: Der Krebs wird sie umbringen. Psychologische Unterstützung bekommt sie weiterhin in der Klinik für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg. Dort stellte man ihr auch das Projekt "Familienhörbuch" vor:
Deshalb hat Nadja Seipel mit einer Audio-Biografin des Projekts "Familienhörbuch: Audiobiografien schwerstkranker Mütter und Väter" ihre Geschichte aufgenommen. Irgendwann wird sie ihrer Tochter dieses Hörbuch überreichen. Es wird ihr, so hofft Nadja Seipel, bei der Trauerbewältigung einen großen Schritt weiterhelfen. Sie sehe ihre Tochter schon in ihrem Zimmer sitzen und ihr Lieblingskapitel aus dem Hörbuch abspielen, vor sich Bilder aus dem gemeinsamen Leben und die Stimme ihrer Mutter im Ohr: