Gebhard Fürst (l), Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, und Margret Schäfer-Krebs, Zermoniarin, nehmen an der Eucharistiefeier des Katholikentags teil.

SWR1 Sonntagmorgen

Bischof Fürst legt die Mitra ab

Stand
AUTOR/IN
Rebecka Pohland

Gebhard Fürst ist seit 23 Jahren Bischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart – und damit länger im Amt als alle deutschen Ortsbischöfe. Am 2. Dezember geht er in den Ruhestand. 

Es wird voraussichtlich ein Geburtstagsgeschenk der besonderen Art: Am 2. Dezember wird Bischof Fürst 75 Jahre alt und alle Zeichen stehen dafür, dass Papst Franziskus an diesem Tag das Rücktrittsangebot des Bischofs annehmen wird. Das Kirchenrecht verpflichtet Bischöfe, zu ihrem 75. Geburtstag ihren Rücktritt anzubieten. Der Papst hat sich zu dem bestehenden Angebot noch nicht direkt geäußert. Nach Gesprächen mit dem Papstbotschafter in Deutschland, Nuntius Nikola Eterović, so ist zu vernehmen, gehe Fürst aber fest davon aus, dass der Rücktritt angenommen werde. 

Audio herunterladen (988 kB | MP3)

Lange Amtszeit mit Veränderungen 

Fast ein Vierteljahrhundert hat der Bischof die Geschicke des Bistums Rottenburg-Stuttgart geleitet. Die Kirche sei in dieser Zeit dieselbe geblieben, erklärte er im Gespräch mit SWR1 Sonntagmorgen – aber die Wahrnehmung der Kirche habe sich stark verändert.  

Wir haben an Glaubwürdigkeit verloren. Man nimmt uns nur noch wahr als eine Einrichtung, die Skandale produziert.

Der positive Einfluss von kirchlichen Einrichtungen in der Kultur, im sozialen Bereich oder in der Seelsorge werde oft außer Acht gelassen, meint Fürst. Als Begründung hierfür gesteht er ein: "Wir tragen selber Schuld daran, dass das so geworden ist." Die größte Aufgabe für die Kirche sei deswegen, wieder neues Vertrauen zu schaffen. 

Audio herunterladen (8,8 MB | MP3)

Der Vertrauensverlust in die katholische Kirche kommt laut Fürst nicht zuletzt daher, dass in den letzten Jahren immer mehr Erkenntnisse zu sexuellem Missbrauch bekannt wurden. Ihm waren Aufarbeitung der Taten und Wohlergehen der Betroffenen früh ein zentrales Anliegen. Schon vor seiner Amtszeit organisierte er Tagungen zum Thema Missbrauch. Bereits zwei Jahre nach seinem Amtsantritt richtete er eine erste Kommission zu dem Thema in der Diözese ein.  

Mitgliederschwund in der katholischen Kirche 

Obgleich allein im Jahr 2022 mehr als 500.000 Menschen aus der katholischen Kirche ausgetreten sind, sagt Bischof Fürst:  

Der Glaube in Deutschland hat eine Zukunft.

So eine Aussage scheint angesichts des Mitgliederschwunds widersprüchlich. Fürst meint aber, dass die Grundfragen der Existenz die Menschen auch ohne Kirche bewegten: „Wo komme ich her? Was ist meine Bestimmung, wer bin ich? Wo geht's mit mir hin? Das ist in unserer Zeit oft angstbesetzt und unsicher.“ Er sehe darin für die Kirche die Möglichkeit, eine größere Zweckperspektive geben zu können. 

Ein Bischof, der den Menschen die Kirche näherbringen will 

Seine ganze Amtszeit über setzte Fürst sich für eine weltoffene Kirche ein. So vertrat er früh die Position, dass Frauen Diakoninnen werden sollen. Damit war er um die Jahrtausendwende ein Vorreiter. Heute gibt es unter den deutschen Bischöfen nicht wenige, die sich noch mehr Frauenbeteiligung wünschen und vorstellen können. 

Trotzdem galt er auch in anderen Themen als fortschrittsorientiert. Schon 2007 führte die Diözese einen "Nachhaltigkeitsfonds" ein. Daraus können Kirchengemeinden Gelder beispielsweise für energetische Sanierungen oder Klimafolgenanpassung erhalten. Bis 2050 will die Diözese klimaneutral sein. 

Audio herunterladen (3 MB | MP3)

Fürst versuchte, Brücken zu bauen zwischen der Kirche als Institution und Gläubigen. Die ersten 16 Jahre seiner Amtszeit war er gleichzeitig Geistlicher Assistent des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Damit war er quasi offizieller Vermittler zwischen Bischöfen und Basis. Außerdem war er 14 Jahre lang verantwortlich für die Medienarbeit der katholischen Kirche. Und baute damit auch Brücken zum Rest der Gesellschaft. 

Der Standpunkt in unserer Sendung BVG Urteil: alle Behinderungen künftig im Zeugnis vermerken? Von Anja Braun

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden: Schulen dürfen und sollen künftig in Abiturzeugnissen darauf hinweisen, dass Schülerinnen und Schüler mit Behinderung einen Notenschutz erhalten haben.

Stand
AUTOR/IN
Rebecka Pohland