Wir klären das mit Prof. Dr. Joachim Saloga. Er ist leitender Oberarzt der Mainzer Hautklinik und Sprecher des Allergiezentrums Rheinland-Pfalz.
SWR1: Das ist keine Einbildung, dass die Pollen schon eine Weile fliegen, oder?
Prof. Dr. Joachim Saloga: Das ist tatsächlich so. Das beobachten wir in den letzten Jahren auch verstärkt, dass nicht erst im Frühjahr, sondern schon zum Teil vor Weihnachten Menschen mit Allergiebeschwerden zu uns kommen, wegen des Pollenflugs.
SWR1: Sie sagen, schon vor Weihnachten. Da ist es doch noch kalt und nichts blüht. Wie kommt so etwas?
Saloga: Wir sehen es insbesondere, wenn die Luftströmungen aus dem Südwesten kommen, aus Regionen, wo die Sache schon etwas weiter ist. Aber auch bei uns sind die Temperaturen in manchen Jahren doch relativ hoch, auch schon im Dezember und auch noch im Januar. Es gibt auch die frühblühenden Baumpollen. Das sind Gewächse, die an die entsprechenden Temperaturen angepasst sind, wie Erle und Hasel, die dann tatsächlich schon ihre Pollen aussenden.
SWR1: Viele Allergiker haben den Eindruck, dass die Pollen viel heftiger fliegen als in der Vergangenheit. Inwieweit lässt sich das bestätigen?
Saloga: Auch das gibt es. Es gibt Jahre, wo das auch viel stärker ist als in anderen Jahren. Zum Teil kann man das auch mit der Erwärmung in Verbindung bringen, dass nicht nur ein früherer Beginn des Pollenfluges zu beobachten ist, sondern manchmal auch ein erhöhter Pollenflug. Das betrifft Baum-, aber auch Gräserpollen.
SWR1: In den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Pollenallergiker in Deutschland um 11,5 Prozent zugenommen, sagt die Kaufmännische Krankenkasse. Wie lässt sich das erklären?
Saloga: Die allergischen Krankheiten haben insgesamt über die letzten Jahrzehnte drastisch zugenommen. In den letzten zehn Jahren ist es etwas in der Zunahme abgeflacht. Aber es ist immer noch eine gewisse Zunahme zu bemerken. Das liegt einerseits an den Pollen-Expositionen, aber auch an vielen anderen Dingen, die bezüglich der Zunahme von Allergien ins Feld geführt werden. Die Hygienehypothese, mit entsprechend wenigeren Infekten in der frühen Kindheit, oder weniger Biodiversität der Bakterien im Darm, die durch andere Ernährungsgewohnheiten oder die Einnahme von Antibiotika vermindert ist. Alle diese Dinge zusammengenommen haben wahrscheinlich einen Einfluss auf diese Zunahme.
SWR1: Oft schränkt die Allergie einen ein im täglichen Leben. Welche Behandlungsmethoden empfehlen Sie?
Saloga: In der symptomatischen Behandlung, wenn möglich, die Exposition zu meiden, das heißt nicht rausgehen zu Spitzenpollenflug-Zeiten und schon gar nicht dann Sport machen. Es gibt auch Pollengitter fürs Fenster, die aber nicht so ganz transparent sind. Und dann die symptomatische Behandlung. Da sind Antihistaminika relativ schnell wirksam, und an der Nase wirkt ein Cortison Spray sehr gut. Das ist in wenigen Tagen wirksam und nicht gleich innerhalb einer Stunde.
Das Gespräch führte Michael Lueg.
Zur Homepage des Allergiezentrums RLP.