Fußball | 3. Liga

"Wahnsinn", "unglaublich" - SSV Ulm macht den Durchmarsch perfekt

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Michi Glang

Ulm feiert eine rauschende Party: Der SSV steht als Aufsteiger in die 2. Liga fest - die Krönung einer bemerkenswerten Saison. Entsprechend groß war der Jubel im Donaustadion.

Nach dem 2:0 (0:0) gegen Viktoria Köln können die Ulmer nicht mehr von einem der beiden ersten Plätze verdrängt werden und wiederholen damit den Vorjahres-Coup der SV Elversberg, die aktuell in der 2. Liga im Mittelfeld steht. Die Spatzen kehren damit nach 23 Jahren in die Zweitklassigkeit zurück - ein historischer Erfolg.

"Das ist der schönste Tag meines Lebens. Unfassbar, ehrlich", sagte Kapitän Johannes Reichert nach dem Abpfiff. "Seit letzter Woche hat diese Stadt vibriert, es hat gebebt. Jeder wollte es unbedingt."

Ergriffener Ulm-Trainer Wörle

Thomas Wörle wusste nach dem Abpfiff noch gar nicht recht, wie er seine Gefühle einordnen sollten. "Schwer zu sagen. Wir haben natürlich gehofft, dass wir heute den Sack zumachen können. Dass es dann tatsächlich soweit kommt, ist natürlich Wahnsinn. Die Mannschaft hat etwas ganz Großes vollbracht", sagte der sichtlich bewegte Trainer im Interview mit SWR Sport.

"Wir sind gestartet als Aufsteiger, als einer der sicheren Absteiger, und spielen dann so eine Saison, so konstant in den Leistungen und so eng als Team. Die Art und Weise, wie wir dieses Spiel gegen einen guten Gegner bestritten haben, ist bezeichnend für die Saison", so Wörle weiter: "Es war von vorne bis hinten überzeugend und stabil. Wir sind überglücklich, es ist unfassbar. Ich kann es noch gar nicht realisieren."

Auch Markus Thiele konnte noch nicht recht greifen, was den Spatzen da gerade gelungen war. "Überragend, was da heute passiert ist. Vor allem auch der Weg, den wir gegangen sind. Wir haben vor drei Jahren vor 1.200 Zuschauern gespielt und jetzt stehen wir mitten in der 2. Liga. Das ist überragend", sagte der Geschäftsführer der Ulmer: "Dass wir die Massen so schnell wieder vom SSV Ulm überzeugen konnten ist unglaublich."

SSV Ulm gibt Wörle die Chance - und wird belohnt

Für Wörle ist der Aufstieg ein riesiger Erfolg. Es ist seine erste Station im Männerfußball, zuvor hatte er große Erfolge mit den Fußballerinnen des FC Bayern gefeiert. "Es war immer mein Ziel, dass ich dahin komme. Und ich bin natürlich dankbar, dass ich das Vertrauen bekommen habe - ohne Zweifel. Du musst immer eine Chance kriegen, um zu zeigen, ob du etwas kannst. Was wir in Ulm alle gemeinsam auf die Beine gestellt haben in den letzten Jahre, ist schon Wahnsinn", sagte der 42-Jährige.

"Es ging so schnell, dass wir kaum hinterherkommen. Das war so nicht geplant, aber ob Mannschaft oder Drumherum, es ist einfach in einem rasanten Tempo nach oben gegangen", so Wörle. Trotzdem habe man sich die Bodenständigkeit bewahrt, einer der zentralen Faktoren für den Erfolg der Spatzen: "Wir freuen uns unglaublich."

Partylevel Wörle vs. Partylevel Scienza

Und, lässt Thomas Wörle jetzt die Sau raus? Welcher Partytyp ist er? "Da muss ich wahrscheinlich viele enttäuschen. Das ist gar nicht meine Welt. Aber wir haben viele, die das gut können. Da halte ich mich eher zurück."

Geschäftsführer Thiele geht offenbar etwas steiler. "Ich glaube schon, dass wir heute richtig Gas geben. Wir haben spontan etwas für die Mannschaft geplant. Deswegen wird es ein langer Abend", sagte der 42-Jährige.

Leo Scienza will keine Anrufe

Noch etwas steiler gehen dürfte Leo Scienza. "Ich habe meinen Freunden und meiner Familie gesagt: 'Ruft mich nicht an für die nächsten zwei, drei Tage'", sagte der Brasilianer, der gegen Köln das 1:0 per Elfmeter erzielt hatte: "Wir müssen den Moment genießen und einfach feiern."

Der 25-Jährige fasste dann auch knapp und präzise zusammen, was sich alle beim SSV Ulm an diesem Samstag dachten. "Ich habe keine Worte. Diese Saison war einfach perfekt", sagte Scienza. Eine perfekte Saison als Ausgangspunkt für eine perfekte Party. Die Nacht in Ulm dürfte eine sehr lange werden.

Auf und ab: Die Historie von Aufsteiger SSV Ulm 1846 Fußball in Bildern

Thomas Wörle, Trainer des SSV Ulm 1846 Fußball, bekommt eine Bierdusche.
Bierdusche für den Aufstiegstrainer: Thomas Wörle und der SSV Ulm 1846 Fußball feiern die Ulmer Rückkehr in die 2. Fußball-Bundesliga. Der vorläufige Höhepunkt einer Geschichte mit vielen Aufs und Abs. Bild in Detailansicht öffnen
Schwarz-weiß-Fotografie: Ein Torhüter nimmt einen Fußball auf.
Mai 1970: Der SSV Ulm, wie wir ihn heute kennen, wird geboren. Der 1. SSV Ulm und die TSG Ulm schließen sich zu einem neuen Verein zusammen. Der neugegründete Club hat auf Anhieb 8.300 Mitglieder, da die Mitgliedschaften von den Vorgängervereinen übernommen werden und zählt damit zu dieser Zeit zu den größten Sportvereinen Deutschlands. Am 25. Juli ist der große FC Bayern München zu Gast im Donaustadion. Das Freundschaftsspiel verlieren die Ulmer nur knapp mit 0:1. Bild in Detailansicht öffnen
Mannschaftsfoto des SSV Ulm aus dem Jahr 1979, mit Spielern in roten Trikots und weißen Hosen.
Juli 1979: Der SSV Ulm 1846 startet am 28.07.1979 mit einer 0:3-Niederlage bei den Stuttgarter Kickers in seine erste Zweitliga-Saison. Die Mannschaft findet sich jedoch recht schnell in der neuen Liga zurecht – und schafft den Klassenerhalt. Bild in Detailansicht öffnen
Ralf Rangnick als Trainer des SSV Ulm 1846.
Von 1997 bis 1999 ist Ralf Rangnick Coach der Ulmer: Er war schon als Spieler für die Spatzen aktiv und bringt sie als Trainer in die Erfolgsspur. Unter ihm gewinnt man den WFV-Pokal und steigt in die 2. Bundesliga auf. Dort festigt sich der Verein schnell an der Ligaspitze und bleibt lange ungeschlagen. Im Winter 1998 einigt sich Rangnick mit dem VfB Stuttgart. Nach der Bekanntgabe des Wechsels zum Saisonende gewinnen die Ulmer bis zum März kein Spiel mehr und rutschen auf den fünften Platz ab. Bild in Detailansicht öffnen
Spieler des SSV Ulm 1846 und von Bayer 04 Leverkusen geraten auf dem Feld aneinander.
März 2000: Joachim Stadler, Rainer Scharinger und Janusz Gora (weiße Trikots, v.l.) lassen ihre Enttäuschung am Gegner aus. Gegen Bayer 04 Leverkusen erlebt der SSV Ulm 1846 eine Tragödie: Neunmal zappelt der Ball im Netz der Spatzen. Stürmer Leandro kann immerhin noch den Ehrentreffer für die Ulmer erzielen – hilft alles nichts, die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte ist damit am 25. Spieltag der Saison 1999/2000 besiegelt. Bild in Detailansicht öffnen
Ein Spieler des SSV Ulm 1846 und ein Spieler der Stuttgarter Kickers im Kopfballduell.
Mai 2001: Nach dem Abstieg aus der Bundesliga misslingt auch in der 2. Liga die sportliche Rettung und die Spatzen fliegen aus der Liga. Weil der SSV dann aber auch noch Insolvenz anmeldet, erhalten sie keine Lizenz für die Regionalliga und müssen einen Neustart in der Oberliga angehen. Bild in Detailansicht öffnen
Ulm-Kapitän Grozdan Tokic bejubelt einen Treffer gegen Bayer 04 Leverkusen im DFB-Pokal.
August 2001: Der SSV Ulm 1846 sorgt im DFB-Pokal für eine sportliche Sensation. Kapitän Grozdan Tokic bejubelt den 2:1-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg. Damit übersteht die Mannschaft von Harry Brobeil als einziger Fünftligist die erste Runde. Bild in Detailansicht öffnen
Spieler vom SSV Ulm 1846 Fußball schaut konzentriert einem Ball hinterher, der von einem Darmstadt-Spieler geschossen wird.
März 2009: Die Fußballabteilung des SSV Ulm trennt sich offiziell vom restlichen Verein ab und heißt seitdem SSV Ulm 1846 Fußball e.V. Bald kommt der Verein wieder in eine sehr prekäre finanzielle Lage und muss 2010 erneut Insolvenz anmelden. Daraus resultiert abermals ein Zwangsabstieg. Erst zum Start der Saison 2011/12 wird der Verein wieder schuldenfrei. Bild in Detailansicht öffnen
Jubelnde Spieler knien auf dem Boden und jubeln Arm-in-Arm.
Mai 2012: Meister in der Oberliga – so darf sich der SSV Ulm 1846 Fußball am 20.05.2012 nennen. Nach einem furiosen 4:1-Sieg gegen den SSV Reutlingen am vorletzten Spieltag ist den Spatzen der Aufstieg in die Regionalliga Südwest sicher. Bild in Detailansicht öffnen
Spieler des SSV Ulm 1846 Fußball gehen mit gesenkten Köpfen über den Platz.
November 2013: Am 10. November beginnt der Niedergang der Ulmer Spatzen. Bei der 0:3-Niederlage gegen Hoffenheim II ist der Verein um Pascal Sohm (l.) und Johannes Reichert (r.) chancenlos, am Ende müssen sie ganze 18 Niederlagen in 34 Partien einstecken. Wegen zu hoher Spielergehälter und fehlenden Partnergeldern melden die Ulmer zum dritten Mal Insolvenz an. Dennoch kann der SSV Ulm 1846 Fußball die Saison außerhalb der Konkurrenz zu Ende spielen und in der Saison 2014/15 in der Oberliga neu starten. Bild in Detailansicht öffnen
Mai 2016: Mit einem 3:0-Sieg gegen den 1. CfR Pforzheim krönen sich die Ulmer erneut zum Meister in der Oberliga und schaffen so den Aufstieg in die Regionalliga Südwest.
Mai 2016: Mit einem 3:0-Sieg gegen den 1. CfR Pforzheim krönen sich die Ulmer erneut zum Meister in der Oberliga und schaffen so den Aufstieg in die Regionalliga Südwest. Bild in Detailansicht öffnen
18.08.2018: Die kleinen Ulmer schaffen die große Sensation - als Regionalligist schmeißen sie den Bundesligist Eintracht Frankfurt mit einem 2:1-Sieg in der ersten Runde aus dem DFB-Pokal. Am Ende ist jedoch in der 2. Runde schon Schluss - gegen die Fortuna aus Düsseldorf hagelt es eine saftige 1:5-Klatsche.
August 2018: Am 18.08.2018 schaffen die kleinen Ulmer die große Sensation – als Regionalligist schmeißen sie den Bundesligisten Eintracht Frankfurt mit einem 2:1-Sieg in der ersten Runde aus dem DFB-Pokal. Am Ende ist jedoch in der 2. Runde schon Schluss – gegen die Fortuna aus Düsseldorf gibt es eine 1:5-Niederlage. Bild in Detailansicht öffnen
2021: Am 29.05.2021 schreibt der SSV Ulm 1846 Fussball Geschichte: Mit einem überzeugenden und souveränen 3:0 gegen die TSG aus Balingen krönen sich die Spatzen zum vierten Mal in Folge zum Landespokalsieger Württemberg. Mit dem insgesamt elften Titel setzen die Ulmer als alleiniger Rekordpokalsieger ein weiteres Ausrufezeichen.
Am 29.05.2021 schreibt der SSV Ulm 1846 Fußball Geschichte: Mit einem überzeugenden und souveränen 3:0 gegen die TSG aus Balingen krönen sich die Spatzen zum vierten Mal in Folge zum Landespokalsieger Württemberg. Mit dem insgesamt elften Titel setzen die Ulmer als alleiniger Rekordpokalsieger ein weiteres Ausrufezeichen. Bild in Detailansicht öffnen
Juli 2021: Der 24.07.2021 markiert für den SSV Ulm 1846 Fußball den Beginn einer erfolgreichen Ära: Mit einem ungefährdeten 11:1-Sieg gegen den TSV Nusplingen in der ersten Runde des Landespokals feiert Thomas Wörle (r.) seine Premiere als SSV-Trainer. Die Ulmer schaffen es bis ins Finale, dort müssen sie sich aber im Elfmeterschießen ganz knapp gegen die Kickers aus Stuttgart geschlagen geben. In der Regionalliga Südwest belegen die Spatzen am Ende den zweiten Platz.
Der 24.07.2021 markiert für den SSV Ulm 1846 Fußball den Beginn einer erfolgreichen Ära: Mit einem ungefährdeten 11:1-Sieg gegen den TSV Nusplingen in der ersten Runde des Landespokals feiert Thomas Wörle (r.) seine Premiere als SSV-Trainer. Die Ulmer schaffen es bis ins Finale, dort müssen sie sich aber im Elfmeterschießen ganz knapp den Kickers aus Stuttgart geschlagen geben. In der Regionalliga Südwest belegen die Spatzen am Ende den zweiten Platz. Bild in Detailansicht öffnen
den Spatzen nach 21 Siegen, neun Unentschieden und vier Niederlagen nicht mehr zu nehmen.
Am 27.05.2023 erreicht der SSV Ulm 1846 Fußball erneut Großartiges: Der Aufstieg in die dritthöchste Spielklasse Deutschlands ist den Spatzen nach 21 Siegen, neun Unentschieden und vier Niederlagen nicht mehr zu nehmen. Bild in Detailansicht öffnen
Ulm-Spieler in gelben Trikots hüpfen vor der Kurve und feiern ihren Sieg.
28.04.2024: Durch den 2:1-Sieg beim SC Freiburg II ist den Ulmer Spatzen der Relegationsplatz zum Aufstieg in die 2. Liga nicht mehr zu nehmen. Seit mittlerweile 15 Partien ist der Vorjahres-Aufsteiger in die dritte Liga ungeschlagen, die letzten vier Partien wurden allesamt gewonnen. In der nächsten Woche kann dann auch der direkte Aufstieg rechnerisch perfekt gemacht werden – mit einem Sieg gegen Viktoria Köln. Aber auch ein Unentschieden könnte reichen, wenn Preußen Münster nicht gewinnt. Bild in Detailansicht öffnen
Spieler des SSV Ulm 1846 Fußball jubeln über den Zweitliga-Aufstieg.
Mai 2024: Es ist vollbracht. Der SSV Ulm 1846 Fußball gewinnt am 04.05. mit 2:0 gegen Viktoria Köln und steigt in die 2. Liga auf. Bild in Detailansicht öffnen
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Michi Glang