Ausstellungsmacherin Daniela Sannwald im Interview
SWR.de: Sie haben bei Ihren Recherchen mit sehr vielen Menschen gesprochen und auch unbekannte Dokumente zu Tage gefördert. Was hat Sie denn dabei am meisten berührt?
Daniela Sannwald: Ich muss ganz ehrlich sagen: Romy Schneiders Tochter Sarah Biasini. Sie hatte ganz viel Misstrauen gegenüber unserem Ausstellungsprojekt, und zwar weil sie es schrecklich gefunden hat, wie Romy Schneider in Deutschland und Österreich gesehen wurde. Sie fand den Umgang mit ihrer Mutter respektlos, sie fand, dass sie reduziert wurde, und sie fand die Fans unglaublich distanzlos und vereinnahmend.
In dem Sinne, dass jeder angeblich genau weiß, wie Romy Schneider gewesen ist?
Ja, genau. Es war sehr schwierig, Sarah Biasini davon zu überzeugen, dass wir als Deutsche Kinemathek keine Ausstellung über das Privatleben ihrer Mutter machen, sondern über das Werk ihrer Mutter! Darauf lege ich sehr, sehr großen Wert. Und ich glaube, dass ihr das auch wichtig war.
Sie hat uns dann die beiden Filmpreise ihrer Mutter als Leihgaben gegeben: die beiden Césars, die Romy Schneider 1976 und 1979 in Frankreich bekommen hat.
Woher kommt denn diese Sehnsucht bei den Fans, dass sie Romy Schneider möglichst nahe kommen wollen? Kennen Sie dieses Gefühl auch?
Dieses Nahekommen, da geht es vor allem um eine Identifikation mit einem Frauenschicksal, das trotz allen Glamours, allen Glücks und allen Reichtums natürlich auch fürchterlich war. Diesen Effekt wollen wir mit der Ausstellung aber gerade nicht erzielen! Ich hatte eigentlich das Gefühl, dass es überhaupt nicht ums Nahekommen geht, sondern eher darum, von ihr weg zu kommen. Also eine andere Seite zu zeigen als die, die jeder zu kennen glaubt. Sie ist doch eine professionelle Schauspielerin. Das ist das, was sie bestimmt, was sie ausmacht.
Also gut: Was ist denn das Faszinierende an Romy Schneider, nicht als Privatmensch, sondern auf der Leinwand, als Schauspielerin?
Ich glaube, dass man in dieses flächige Gesicht unheimlich viel reinlesen kann. Wir haben das an verschiedenen Fotografien gemerkt, die wir von ihr betrachtet haben: Das kann das gleiche Foto sein, und man kann es sehen als eines, wo sie gerade unheimlich verzweifelt ist oder aber eins, wo sie gerade nachdenklich ist.
Wie hat sich Ihr Bild von der Künstlerin Romy Schneider in den zwei Jahren Arbeit an der Ausstellung verändert?
Ich glaube inzwischen, dass sie viel weniger unabhängig gewesen ist, als man es ihr manchmal zuschreibt. Ich denke, dass sie in den 70er Jahren genauso festgelegt war auf ein bestimmtes Rollenbild wie in den 50ern, als sie "Sissi" war. Das hat mich überrascht.
Ihre fruchtbarste Zeit waren die 60er Jahre, in denen sie nicht festgelegt war und ganz viel ausprobiert hat, beispielsweise Komödien in den USA mit Jack Lemmon als Partner und mit Peter O'Toole und Woody Allen. Das waren lustige, leichte, ein bisschen verschwiemelte Sex-Komödien - verschwiemelt insofern, als man da noch nicht die Sachen ausdrücken konnte, die man eigentlich meinte, nämlich Partnertausch und Polygamie. Da probiert sie sich aus als Komödiantin.
Und in den 70er Jahren ist es dann mit diesem Ausprobieren wieder vorbei?
In den 70ern wird sie wieder festgelegt, sie ist dann in Frankreich im Grunde genommen auf zwei Typen abonniert: einmal wieder auf den Kostümfilm, ähnlich wie in den 50ern. Und die andere Rolle, die sie spielt, ist die moderne französische Frau ...
... zwischen zwei Männern ...
... zwischen zwei Männern, meistens, genau, und da geht es aber im Wesentlichen um die Männer und weniger um sie.
Sie haben Ihre Ausstellung nach Motiven geordnet. Wie haben Sie diese Motive gefunden, wofür stehen sie?
Das erste Motiv heißt "Tochter", da geht es sehr stark um die Beeinflussung durch ihre Mutter Magda Schneider. Der zweite große Bereich ist "Aufbruch", das ist die Zeit in den 60er Jahren, wo sie nach Frankreich geht, weil sie Alain Delon kennen gelernt hat, wo sie Filmprojekte ausprobiert, Theater spielt mit Visconti, sich von Coco Chanel umstylen lässt in eine Französin.
Dann kommt der Bereich "Weltstar": Da ist sie einfach strahlend. Da ist ihr Körper, da ist ihr Gesicht, sie ist unheimlich schön, sie ist glamourös, sie wird mit Césars ausgezeichnet. Dann haben wir den nächsten Bereich "Zerstörung" genannt, das ist die zweite Hälfte der 70er Jahre, wo sie Probleme mit Alkohol und Tabletten hat.
Der fünfte, größte Bereich ist dann natürlich "Mythos", da geht es fast ausschließlich um Sissi, und es geht um die Überlagerung dieser vielen verschiedenen Mythen, die da zusammentreffen. Das ist ein Bereich, den ich sehr gerne mag.
Was ist denn Ihr Lieblingsstück in der Ausstellung?
Es gibt einen Drehplan aus der Hand von Regisseur Claude Sautet, zum Film "César und Rosalie", den er selbst gemalt hat, ganz liebevoll, und den hängen wir an die Wand. Der ist natürlich großartig.