Buchkritik

Peter Scholz – Lucullus

Stand
Autor/in
Andreas Puff-Trojan

Als Prototyp des Schlemmens und des feinsinnigen Genießens gilt der Römer Lucius Licinius Lucullus. Doch er war mehr als ein antiker Gourmet. Das belegt der Althistoriker Peter Scholz in seinem Buch „Lucullus. Herrschen und Genießen in der späten römischen Republik“. Mit der Aufzeichnung des Lebensweges des Lucullus bietet Scholz auch ein vielschichtiges Sittengemälde der Römischen Republik in ihrer Endzeit.

Wem ein lukullisches Mal serviert wird, der bekommt in der Regel raffiniert zubereitete Speisen und edle Getränke. Man erhebt sein Glas auf „Lucullus“ – den König aller Schlemmer. Doch der Römer Lucius Licinius Lucullus war weitaus mehr als ein antiker Gourmet. Das beweist der deutsche Althistoriker Peter Scholz in seinem neuen Buch.  

Dessen Lebensgang – vom erfolgreichen Militär zum resignierten, zurückgezogen lebenden Gourmet und Genussmenschen – wurde zum anschaulichen Beleg für den Verfall und für die These vom längst überfälligen Ende der Republik und ihrer uneinsichtigen Verteidiger.

Lucullus und die Römische Republik 

Lucullus stammte aus einer wohlhabenden politisch agierenden Familie. Bereits sein Großvater hatte die Senatorenwürde erlangt. Lucullus gehörte der Partei der „Optimaten“ an, das heißt, er vertrat die eher konservative Aristokratie und war daher ein strikter Verfechter der Vorherrschaft des Senats. Peter Scholz schildert kenntnisreich und detailliert die Problematik der römischen Republik im letzten Jahrhundert vor Christi Geburt.

Neben dem klassischen, aristokratisch geprägten Senat gab es zu Zeiten des Lucullus auch plebeische Magistrate und Volksversammlungen mit ihren Volkstribunen. Als „conscripti“, als „Hinzugeschriebene“ gelang es alsbald reichen Plebejern, in den Senat aufgenommen zu werden. Gleichzeitig dehnte sich das römische Reich permanent aus. Nur mit großer Mühe regelten die verschiedenen Entscheidungsgremien – die schon lange nicht mehr mit einer Stimme sprachen – die Staatsgeschäfte der res publica.  

Lucullus als Politiker und Feldherr 

Im Jahr 74 v. Chr. wurde Lucullus zum Konsul gewählt. Seine militärischen Erfolge beruhten hauptsächlich auf der Befriedung der Provinz Asia. Dabei ging er diplomatisch vor, indem er selbst widerspenstigen Städten den Status „civitates liberae“ verlieh, ihnen also weitgehende Autonomie zusagte. 

Die Popularität des Lucullus in Kleinasien fand ihren sichtbaren Ausdruck in den Statuen, mit denen ihn verschiedene Bürgerschaften der Provinz Asia in den Folgejahren ehrten. 

Doch Lucullus konnte seinen Ruhm nicht festigen. Der Mann der Stunde hieß Gnaeus Pompeius Magnus. Mit teils diktatorischen Mitteln zügelte er den Senat und stärkte seine Position durch enorme militärische Erfolge. Sein späteres Geheimbündnis mit Gaius Julius Caesar weist schon den Weg in die Zukunft: das Ende der römischen Republik. Peter Scholz weist aber nach, dass sich Lucullus nicht rein ins Privatleben zurückzog. Seine aktive Teilnahme an Senatssitzungen ist bezeugt.  

Lucullus als Ästhet und Genießer 

Doch tatsächlich berühmt wurde er durch seinen erlesenen Geschmack – sei es in der Kunst, in der Ausstattung seiner Villen oder eben durch die erlesenen Speisen, die er seinen Gästen servierte. Doch genau aus diesem Verhalten kreierten seine Gegner das Bild eines Mannes, der hemmungslos seiner Genusssucht frönt. 

In dieser Schwundstufe ging er in die allgemeine Erinnerung ein: Als Mann, der die Süßkirsche aus Kerasos nach Italien und Westeuropa gebracht hatte, und nicht als erfolgreicher Feldherr und Politiker, der um die Freiheit der Republik gekämpft hatte.

In seinem Buch „Lucullus. Herrschen und Genießen in der späten römischen Republik“ gelingt es Peter Scholz auf vorzügliche Weise, das bis heute geltende Bild von Lucullus als Genießer und Schlemmer zu revidieren. Mit dessen Lebensbild öffnet sich auch die historische Bühne der römischen Republik in ihrer Endzeit.

Lucullus war jemand, der die Senatsdemokratie mit allen Mitteln verteidigte und mitansehen musste, wie diktatorisches Regieren an Macht gewann. Der Bürgerkrieg war die Folge, aus dem Julius Caesar als Sieger hervorgehen sollte. Damit bietet Peter Scholz nicht nur ein äußerst interessantes Sittenbild Roms, sondern auch eine Parabel auf heutige politische Gegebenheiten.

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