Trans in den USA

Wie die Trans-Community auf Trumps Politik reagiert: „Kein bunter Nagellack. Versteckt euch.“

Stand
Autor/in
Ines Kunze
Team SWR Kultur: Autorin InesKunze

Seit Donald Trump an der Macht ist, fürchten viele trans Personen in den USA um ihre Rechte und ihre medizinische Versorgung. Und sie fragen sich: Wie sollen sie reagieren, ohne sich in Gefahr zu bringen – oder selbst zu verleugnen?

Schon im Wahlkampf hatte Donald Trump klargestellt, dass er mit trans Personen nichts zu tun haben wolle. „Kamala is for they/them, President Trump is for you“, lautete einer der republikanischen Slogans. Für „diese Menschen“ gebe es seine demokratische Rivalin Kamala Harris – eine Anspielung auf die Pronomen, die nichtbinäre Menschen im englischsprachigen Raum oft benutzen.

Keine trans Personen im US-Militär mehr?

Nun, nachdem Trump als US-Präsident vereidigt wurde, setzt er seine Ankündigung in die Tat um: Per Dekret ordnete er etwa an, dass trans Athletinnen nicht mehr in weiblichen Kategorien antreten dürfen.

Die offizielle Website des US-Außenministeriums spricht zudem nur noch von „LGB“- statt von „LGBTQI+“-Reisenden – also nur noch von Schwulen, Lesben und Bisexuellen, nicht mehr aber von trans, queeren oder intersexuellen Personen oder solchen, die unter dem Plus für weitere sexuelle und geschlechtliche Minderheiten versammelt werden.

Auch aus dem Militär möchte Trump trans Personen entfernen. Dafür erließ er eine Anordnung, die es trans Personen verbietet, offen im Militär zu dienen. Weitere Maßnahmen sind in Planung.

US-Präsident Trump mit einem seiner Dekrete
US-Präsident Trump hat in den ersten Tagen seiner Amtszeit viele Dekrete unterzeichnet und damit Versprechungen aus dem Wahlkampf realisiert.

Trump greift offen an

Während Ex-Präsident Joe Biden zwar auch für eine teilweise transfeindliche Politik kritisiert wurde, hatte er der trans Community doch immer wieder seine Unterstützung ausgesprochen. Trump greift hingegen offen an.

Die Angriffe des neuen Präsidenten verändern die öffentliche Atmosphäre drastisch: In den sozialen Medien sehen sich transphobe Nutzer und Nutzerinnen bestärkt, ihren Hass umso offener zur Schau zu tragen.

Kopfschütteln und Ratlosigkeit

Auch wenn manche in den sozialen Medien versuchen, mit Humor zu reagieren, zeigt sich der Großteil der Trans-Community verängstigt und ratlos. Viele suchen gezielt nach einem Plan, wie sie Trumps Präsidentschaft überstehen können.

Yes, please ban transgender people from US service! Let's draft Trump supporters to serve instead. Save trans lives! 🏳️‍⚧️💜#transgender #Trump #cutewinterboots #LGBTQ #LGBTQIA #donaldtrump #trans #military

Unter ihnen ist Derrick Bower, in den sozialen Medien als @dhbowzeryournonbinarydad bekannt. Bower ist 40 Jahre alt und beherbergt auf dem eigenen Grundstück in Illinois trans Menschen, die einen sicheren Ort brauchen. Bower postet regelmäßig auf Instagram über das Leben als nichtbinäre Person – seit Trump an der Macht ist, täglich.

Neue Dokumente und Vorbereitung auf die Flucht

„Ich habe das Privileg, nach außen männlich zu wirken und entsprechend wenig in der Öffentlichkeit aufzufallen,“ erzählt Bower am Telefon. „Zwar lebe ich in einem blauen Bundesstaat, aber immer noch auf einer Farm in einem kleinen Dorf.“ Die Gesinnung auf dem Land sei pro-Trump, selbst in blauen, also von den Demokraten regierten Bundesstaaten wie Illinois.

In Bowers Führerschein stand bis vor kurzem noch „X“, für das dritte Geschlecht. Aus Angst, keinen Reisepass zu bekommen oder die Dokumente ganz zu verlieren, hat Bower den Eintrag jetzt wieder in „männlich“ ändern lassen.

Social-Media-Beitrag auf Instagram von dhbowzeryournonbinarydad

„Ich weiß nicht, was gerade passiert, also bereite ich mich auf das Schlimmste vor“, erzählt Bower weiter. Das Auto stehe jetzt stets getankt bereit. Essensvorräte, Bargeld und eine SIM-Karte, die nicht zurückverfolgt werden kann, lägen bereit. „Solche Maßnahmen habe ich noch nie getroffen“, sagt Bower. Doch die Zustände machten Angst, verfolgt werden zu können.

US-Reisepass
Ohne ihn können US-Amerikanerinnen und -Amerikaner das Land unter Umständen nicht verlassen: der US-Reisepass.

Zwischen Sichtbarkeit und Schutz

Viele Aktivist*innen raten dazu, sich nicht einkriegen zu lassen und umso sichtbarer zu sein – wenn auch mit Bedacht. Deswegen nutzen manche codierte Hashtags, um sich zu Protesten zu verabreden. Anfang Februar versammelten sich Hunderte Menschen in New York, um für den Schutz von trans Menschen zu demonstrieren.

Eine andere Sichtbarkeitsaktion ist zum Beispiel das „NYC Trans Oral History Project“, das jetzt verstärkt beworben wird: In dem Gemeinschaftsarchiv, das in Zusammenarbeit mit der New York Public Library organisiert wird, sollen Geschichten von trans Personen gesammelt und dokumentiert werden, um sich der Auslöschung von trans Leben entgegen zu stellen.

Proteste New York Trans
"Wir sehen trans Leben in Gefahr“ oder "Was ist mit eurem hippokratischen Eid?“: Proteste in New York, Anfang Februar 2025.

Aktivist*innen wenden sich mit konkreten Ratschlägen an die Community: Beispielsweise sollen sie sich nach Möglichkeit noch mit den nötigen Medikamenten eindecken. Auch wird dazu geraten, weniger Angriffsfläche zu schaffen, besonders in fremden Umgebungen. Auch Bower rät denjenigen, die unsicher sind, dazu:

Zeigt euch nicht offen queer, wenn ihr reist. Keine bunten Haare. Kein Nagellack. Versteckt euch.

Für Bower selbst ist Verstecken aber keine Option. „An dem Tag, als ich mich gegenüber meinen Vater geoutet habe, war für mich klar, dass ich mich nie wieder verstecken werde.“ Wenn Bower fliehen müsste, würde das Social-Media-Profil aber erst einmal stillgelegt werden.

„Wenn ich dann in einem Land bin, das für queere Menschen sicher ist, werde ich wieder anfangen zu posten und meine Geschichte zu erzählen.“

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