Arte setzt Galizien auf die europäische Krimilandkarte

Hobbydetektiv nervt örtliche Polizistin: Krimiserie „Rapa“ von Jorge Coira

Stand
Autor/in
Karsten Umlauf
Karsten Umlauf

In Galizien, im Nordwesten von Spanien, feiert man in einigen Gemeinden im Sommer die „Rapa das Bestas“: Wildpferde werden aus den Bergen zusammengetrieben, mit bloßen Händen gefangen und geschoren. Diese umstrittene Mutprobe für junge Männer steht im Mittelpunkt der spanischen Krimiserie „Rapa“, ebenso das ungewöhnliche Ermittlerduo: der örtliche Lehrer Tomás und die Dorfpolizistin Maite.

Die Bürgermeisterin liegt blutüberströmt in den Bergen

Im galizischen Gebirge herrscht starker Nebel. Lehrer Tomas hat merklich Schwierigkeiten, den Weg für seinen Spaziergang zu finden. Fast unwirklich tauchen am Kamm die Silhouetten von Wildpferden auf. Dann hört er Hilferufe. Die Frau, die da blutüberströmt auf dem Boden liegt, ist die Bürgermeisterin des Örtchens Cedeira, die kurze Zeit später im Krankenhaus stirbt. Eine scheinbar überall beliebte und angesehene Politikerin, die dem Literaturlehrer Tomas ihre letzten Worte als Rätsel mitgibt.  

Filmstill
Bei einer Wanderung in den Bergen Galiciens findet der Lehrer Tomás (Javier Cámara) die Bürgermeisterin Amparo Seoane schwer verletzt am Boden liegend. Es gelingt Tomás, ein Auto anzuhalten und sie ins Krankenhaus zu bringen. Dort verstirbt sie kurz darauf – Ihre letzten Worte sind ein Rätsel für Tomás – wie sich herausstellt, wurde sie erschlagen. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Amparos Tochter Dubra (Eva Fernández) erklärt Tomás, der spontan die Familie der Toten aufsucht, dass „Moucho“ der galicische Spitzname ihres Bruders Samuel ist. Wegen seiner psychischen Beeinträchtigung lebt er im Haus der Mutter. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Die Polizeimeisterin Maite ( Mónica López) aus Cedeira wird mit den Ermittlungen betraut. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Tomás (Javier Cámara, li.) lässt es keine Ruhe, dass er nicht verstanden hat, was Amparo ihm mitteilen wollte. Er startet Nachforschungen auf eigene Faust. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Maite (Mónica López) und ein Kollege recherchieren, ob das geplante Bergbauprojekt tatrelevant sein könnte. Es ging um die Errichtung einer Mine. Die Bürger können dabei selbst über den Abbau des lukrativen Minerals Chromit entscheiden, denn die Berge sind Allgemeineigentum. Dennoch wäre das Votum der Bürgermeisterin für viele wegweisend gewesen. Bild in Detailansicht öffnen
Filmstill
Tomás berichtet Maite von seinen bisherigen Erkenntnissen: dass Amparos letzte Worte ihrem Sohn galten und dass die Schreie, die er in den Bergen gehört hat, wohl von einer anderen Frau kamen. Maite warnt ihn, sich nicht einzumischen und vor allem die Familie der Toten in Ruhe zu lassen. Bild in Detailansicht öffnen

Monica Lopez und Javier Camara schaffen es, viele Krimiklisschees zu vermeiden

Aber der Nebel, der ihre eigene Familie und ihr ausgeklügeltes System von Vergünstigungen und Intrigen umgibt, will sich erst mal nicht lichten. Tomas entdeckt in sich den Hobbydetektiv und geht damit der örtlichen Polizistin Maite ziemlich auf die Nerven. Ein ungleiches Duo: Mann – Frau, Profi – Laie. Natürlich ist das ein oft bespieltes Muster in Krimis, aber das kluge Drehbuch und die Hauptdarsteller Monica Lopez und Javier Camara erschaffen dabei ein Ermittlerduo, dass viele Krimiklischees unterläuft. 

Filmstill
Das ungewöhnliche Ermittlerduo – Maite ( Mónica López) und der Lehrer Tomás (Javier Cámara) – überzeugt.

Atemberaubend schöne Landschaftsaufnahmen

Mit atemberaubend schönen Landschaftsaufnahmen setzt die Serie die eher unbekannte Region Galizien auf die europäische Krimilandkarte und sensibilisiert gleichzeitig auf differenzierte Weise für den Schutz der Natur. Denn ein Motiv für den Mord könnte auch die Suche nach Bodenschätzen sein: Eine Mine würde dem Ort viel Wohlstand bringen, aber auch die Landschaft zerstören.

Traditionelle Pferdeschur – schöner Brauch oder Tierquälerei?

Gewalt gegen die Natur hat in der Region gewissermaßen Tradition, symbolisiert in der traditionellen Pferdeschur, der volksfesthaften Rapa das Bestas, die der Serie ihren Namen gibt. Dabei treiben Männer ziemlich brutal auf engstem Raum Wildpferde zusammen und stutzen ihnen Mähne und Schweif. Für die einen eine lieb gewonnene alte Sitte, für andere Tierquälerei. Hier wird sie ganz bewusst als Metapher für Vergewaltigung und Misshandlung inszeniert. Und führt damit tief in die Geschichte mancher Dorfbewohner. Sowie zur Frage, inwiefern männlich geprägte Gewalt zur Identität der spanischen Gesellschaft gehört.

Spannend in „Rapa“ ist die Art der Ermittlung

Dass man relativ bald weiß, wer der Mörder war, tut der Spannung keinen Abbruch. Im Gegenteil, umso mehr geht es um Art und Weise der Ermittlung, um Psychologie, darum, wie die Serie ihre verschiedenen Ebenen immer wieder kunstvoll verschränkt und wie ihre besonderen Typen einem langsam ans Herz wachsen. „Rapa“ ist ein ruhiges, eindrückliches Krimivergnügen, bei dem hoffentlich auch die nächsten beiden Staffeln bald ins Free-TV finden. 

Sechsteilige Serie „Rapa“ in der Arte Mediathek und ab 13.2. auf Arte

Polizei in hochspannender Puzzlearbeit Eine Perle im Ozean der Fernsehkrimis: „Spuren“ mit Nina Kunzendorf in der ARD Mediathek

„Spuren“ verarbeitet zwei reale Kriminalfälle aus dem Jahr 2016 in Südbaden zu einer spannenden fiktionalen Krimiserie. Im Mittelpunkt steht die akribische Ermittlungsarbeit der Polizei.

SWR Kultur am Morgen SWR Kultur

Gespräch mit Regisseurin Anne Zohra Berrached ARD-Serie „A Better Place“ über eine Welt ohne Gefängnisse

Was wäre, wenn nach Verbrechen nicht Bestrafung, sondern Einsicht und Resozialisierung der Täter im Mittelpunkt stehen? Diese Frage stellt die ARD-Serie „A better place“.

SWR Kultur am Morgen SWR Kultur

Doku-Reihe in der ARD Mediathek „Die Vice Story“: ARD-Doku über Aufstieg und Fall des Medienimperiums „Vice“

Die Serie „Die Vice Story“ beleuchtet den Aufstieg und Absturz des Medienimperiums „Vice“, das in den 1990er Jahren als Hirngespinst dreier Arbeitsloser begann.

SWR Kultur am Morgen SWR Kultur