In Rengsdorf im Kreis Neuwied machen gleich drei Beigeordnete den Job des Bürgermeisters. Dreigestirn nennen sie sich scherzhaft: Marc Dillenberger, Thomas Schreck und Denis Müller (alle parteilos). Der Erste ist für Haushalt und Personal, der Zweite für alles rund ums Bauen und der Dritte für Vereine und Kultur zuständig.
Arbeit auf mehrere Schultern verteilen
Man könne mehr Projekte gleichzeitig anpacken als einer alleine und sie auch schneller umsetzen, meint Denis Müller. "Wir wollen das einfach mal ausprobieren und vielleicht ist es ja die Idee der Zukunft", sagt Marc Dillenberger.
Bürgermeisteramt neben Vollzeitjob kaum möglich
Der 54-Jährige wollte sich den Stress des Bürgermeisteramts nicht antun: zu viel Bürokratie, zu wenig finanzielle Mittel vom Land, immer mehr Anfeindungen. Die Liste der Gründe ist lang. Zu dritt ließe sich das alles viel besser ertragen, sagt der Notfallsanitäter. Hinzu komme, dass das Amt so viel Zeit fresse, dass man es kaum neben seinem Vollzeitjob ausführen könne.
Etwa 50 Stunden würden sie zusammen pro Woche in die Arbeit stecken. "Das können doch nur Rentner", sagt Thomas Schreck und spart nicht mit Kritik: "Die vielen Bürgermeister hätten mal besser schon viel früher laut gerufen: So geht es nicht mehr weiter." In seiner jetzigen Form sei das Ehrenamt ein Auslaufmodell.
Geschäftsführer Moritz Petry Gemeinde- und Städtebund RLP will Bürgermeister entlasten
Mehr Aufgaben, zu viel Bürokratie: Viele Bürgermeister in RLP sind von ihrem Job überlastet. Moritz Petry vom Gemeinde- und Städtebund RLP wünscht sich mehr Wertschätzung.
Sind Fusionen von Gemeinden eine Lösung?
Die kleine Ortsgemeinde Obernau im Kreis Altenkirchen geht einen anderen Weg. 2021 hat der Ort mit der Nachbargemeinde Neitersen fusioniert. Denn es fand sich kein Kandidat für das Amt des Bürgermeisters. Etwa 1.100 Menschen leben jetzt in Neitersen. "Die Fusion ist sehr gut gelaufen", sagt Ortsbürgermeister Frank Bettgenhäuser (parteilos).
Weniger Verwaltungsaufwand durch Fusion
Bettgenhäuser hat die Fusion vor drei Jahren intensiv begleitet, erzählt er. Der Verwaltungsaufwand habe sich spürbar reduziert. Zum Beispiel müsse jetzt nur noch ein Finanzhaushalt aufgestellt werden anstatt zwei. Außerdem spare die Verwaltung Kosten und Aufwand für Personal ein, weil es nur noch einen Gemeinderat gebe.
Gemeinde- und Städtebund: Fusionen kein Allheilmittel
"Fusionen sind nicht das Allheilmittel. Sie funktionieren, wenn beide Seiten es wollen und die Strukturen stimmen“, sagt Moritz Petry, Geschäftsführer vom Gemeinde- und Städtebund. Er ist skeptisch, ob Gemeinden mit 8.000 und mehr Einwohnern bei einer Fusion noch ehrenamtlich geführt werden können.
Und auch das rheinland-pfälzische Innenministerium teilt auf SWR-Nachfrage mit, dass die Zusammenlegung von Gemeinden nicht die Lösung für unbesetzte Ortsbürgermeisterstellen sei.
Einige Gemeinden immer noch ohne Bürgermeister
In einigen Gemeinden in Rheinland-Pfalz findet sich - auch vier Monate nach der Kommunalwahl - aber einfach keine Lösung. Uwe Pfeiffer (parteilos) hat die vergangenen 15 Jahre als Bürgermeister für den Ort Würzweiler im Donnersbergkreis alles gegeben. Weil niemand in der 200-Seelen-Gemeinde in seine Fußstapfen treten wollte, hat er das Amt noch ein paar Monate nach der Kommunalwahl weiter ausgeübt. Ende September hat er sich nun endgültig als Bürgermeister verabschiedet, ohne dass es einen Nachfolger gibt.
Verbandsgemeinde muss einspringen
Die Kommunalaufsicht hat nun einen sogenannten Beauftragten für Würzweiler bestellt. Seit Anfang Oktober ist der Büroleiter der Verbandsgemeinde Nordpfälzer Land, Hans Feld, also für den kleinen Ort zuständig. Seine Freude über das neue Amt hält sich jedoch in Grenzen. "Das Schwierige ist, dass ich nicht im Ort lebe. Ich wohne 25 Kilometer weit weg und kenne auch kaum Bürger." So bekomme er dann viele Dinge im Ort gar nicht mit, meint Feld. Beispielsweise, ob Hecken geschnitten werden müssten oder wenn es Probleme gibt.
Nach der Kommunalwahl Warum will in Quirnheim in der Pfalz niemand Bürgermeister werden?
In rund 80 Gemeinden in Rheinland-Pfalz gibt es keine Bürgermeister. In der Vorder- und Südpfalz hat nur Quirnheim (Kreis Bad Dürkheim) das Problem. Aber woran liegt das?
"Beauftragter" nur vorübergehende Lösung?
Hans Feld hofft deshalb, dass er in den nächsten Monaten doch noch jemanden für das Amt des Bürgermeisters in Würzweiler begeistern kann. Der Job als Beauftragter ist für ihn nur eine Notlösung. Die Menschen in Würzweiler stimmen ihm zu. Viele können sich derzeit nicht vorstellen, wie es weitergehen soll, ohne einen Bürgermeister vor Ort.
Auch in Rheinhessen fehlen Kandidaten für das Amt
Ähnlich sieht es auch in Quirnheim im Kreis Bad-Dürkheim, im Kreis Vulkaneifel oder in den rheinhessischen Gemeinden Schornsheim, Oberdiebach, Altenbamberg oder Aspisheim aus. Weit und breit ist dort kein Kandidat für das Amt des Ortsbürgermeisters in Sicht. "Wir haben aktiv gesucht, aber alle lehnen ab", sagt der 1. Beigeordnete von Aspisheim, Thomas Geyer (parteilos).
Seit Anfang Oktober gibt es auch in Apsisheim einen Beauftragten von der Verbandsgemeinde. Der kümmert sich zusammen mit dem Beigeordneten Thomas Geyer aber nur um die dringendsten Dinge wie zum Beispiel den Haushaltsplan.
Alter Bürgermeister weiter im Amt
In Schornsheim im Kreis Alzey-Worms ist der alte Bürgermeister Heiko Schmittbetz (parteilos) noch immer zuständig, weil es niemanden gibt, der sich zur Wahl gestellt hat. "Ich will die Gemeinde jetzt nicht einfach hängen lassen", sagt er. Heiko Schmittbetz hofft, dass sich in den kommenden Monaten doch noch jemand findet, der das Amt übernehmen will. Wenn nicht, dann wird auch für Schornsheim über kurz oder lang ein Beauftragter bestellt.