Sollte eine heiße Schokolade mit Schuss auf Weihnachtsmärkten noch "Lumumba" genannt werden? In Frankfurt am Main wird Standbetreibenden seit kurzem von der Frankfurter Tourismus und Congress GmbH dringend empfohlen, künftig einen neutraleren Namen wie "Heiße Schokolade mit Rum" zu verwenden. Längst ist die Diskussion darüber auch in Baden-Württemberg angekommen.
Comedian Cossu über "Lumumba": Muss nicht sein
In einem am Mittwoch auf Instagram und TikTok veröffentlichten Video schaltete sich auch der Schwarzwälder Comedian Lukas "Cossu" Staier in die Diskussion ein. Wenn man den Hintergrund kenne, "wo wäre das Problem zu sagen, ja okay, irgendwie alles nicht so ganz cool", so Stairer. "Man muss ja kein Aktivist gegen Rassismus sein, um zu verstehen, dass so eine Metapher in Verbindung mit so einem schlimmen Ereignis, einfach nicht sein muss."
Der bisher häufig verwendete Name "Lumumba" erinnert an den kongolesischen Freiheitskämpfer Patrice Lumumba. Kritiker der Bezeichnung sehen eine Verhöhnung darin, dass ein Getränk "mit Schuss" den Namen eines Mannes trägt, der in den 1960er-Jahren erschossen wurde. Wie Lumumba stammt auch Staiers Vater aus dem Kongo.
Viel Handlungsbedarf in der Diskussion
Auch Samrawit Araya von der Initiative Black History in Baden-Württemberg begrüßt die Diskussion um den Namen des Getränks, sieht aber noch viel Handlungsbedarf: "Es ist vielen nicht bewusst, dass der Name Lumumba eine Geschichte hat, die eng mit Gewalt und Kolonialismus verbunden ist. Sprache prägt unser Denken, und daher ist es wichtig, Begriffe zu hinterfragen und zu verändern." Die Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, die Geschichten der Deutschen Kolonialgeschichte und Anti-Rassismus in der Bildungsarbeit institutionell zu verankern.
Die studierte Bibliothekarin betont, dass es nicht nur um das Verbieten problematischer Begriffe gehe, sondern vor allem darum, aufzuklären: "Es reicht nicht, einfach zu sagen: ‚Das darf man nicht mehr sagen.‘ Es muss niedrigschwellig erklärt werden, warum solche Begriffe verletzend und retraumatisierend sein können - für Betroffene und ihre Familien."
Lumumba: Getränkename mit problematischer Geschichte
Kritiker sehen in der Bezeichnung "Lumumba" für ein Kakao-Getränk mit Schuss eine problematische Verbindung. Denn: Lumumba war der erste demokratisch gewählte Regierungschef der langjährigen belgischen Kolonie Kongo und Freiheitskämpfer gegen die belgische Kolonialherrschaft. Wenige Monate nach seiner Wahl wurde er entmachtet, 1961 dann erschossen, sein Leichnam nach Angaben von Zeitzeugen in Säure aufgelöst. Damit sollte offenbar verhindert werden, dass sein Grab zu einer Pilgerstätte wird.
Auch in Baden-Württemberg ist der Begriff "Lumumba" als Bezeichnung für das Getränk laut Medienberichten inzwischen auf einigen Weihnachtsmärkten gestrichen worden: Unter anderem in Heilbronn, wie die "Heilbronner Stimme" berichtet, und laut "Reutlinger Generalanzeiger" auch in Reutlingen. In Ettlingen (Kreis Karlsruhe) ist laut "Badische Neue Nachrichten" eine Diskussion darüber entbrannt.
Über die Geschichte der Ermordung von Patrice Lumumba hat Alexander Göbel für SWR Kultur berichtet:
Initiative: Viele Begriffe kommen aus der Kolonialzeit
Samrawit Araya von der Initiative Black History in Baden-Württemberg verweist im Licht der aktuellen Diskussion auch auf den strukturellen Rassismus, der oft tief in der Sprache verankert sei. "Viele Begriffe, die wir ganz selbstverständlich nutzen, haben ihren Ursprung in der Kolonialzeit. Es ist wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Sprache auch ein Instrument der Macht und der Unterdrückung sein kann."
Die Initiative Black History in Baden-Württemberg setzt sich daher unter anderem dafür ein, Lehrpläne zu überarbeiten und Lehrer in Seminaren für diese Themen zu sensibilisieren. "Kinder werden nicht rassistisch geboren, sie werden rassistisch sozialisiert", so Araya. Frühkindliche Erziehung und die Vermittlung von Vielfalt in Büchern und Lehrmaterialien seien entscheidend, um Vorurteile gar nicht erst entstehen zu lassen.
Araya appelliert, diese und ähnliche Debatten konstruktiv zu führen: "Es ist wichtig, dass Diskussionen nicht destruktiv verlaufen. Nur wenn wir sachlich und nachvollziehbar erklären, warum bestimmte Begriffe problematisch sind, können wir echte Veränderungen erreichen." Denn reine Verbote ohne Aufklärung, könnten leicht Trotzreaktionen hervorrufen - so ihre Warnung.