Seit zwei Jahren herrscht weltweit die Corona-Pandemie. Nun ziehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Zwischenfazit.
Zwei Jahre – in unserem persönlichen Leben kann uns diese Zeitspanne sehr lang vorkommen, vor allem in einer pandemischen Ausnahmesituation. Für die naturwissenschaftliche Forschung, für die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten aber sind zwei Jahre sehr kurz. Trotzdem gibt es jetzt, zwei Jahre nach Beginn der Pandemie, verschiedene Impfstoffe gegen das Corona-Virus, die zumindest vor schweren Verläufen sehr gut schützen.
Glück im Unglück?
Das war zum Teil auch Glück. Das schreiben zumindest Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den USA und Kanada in einem Überblicksartikel der Fachzeitschrift Science. Denn mit dem Coronavirus hatten wir es mit einem Gegner zu tun, über den wir schon viel wussten, als er das erste Mal auftauchte.
Verwandte Coronaviren – die zum Beispiel SARS und MERS auslösen – waren bereits Jahre zuvor das Ziel von viel internationaler Forschung geworden. Als SARS-CoV-2 auftauchte, konnten wir schnell reagieren. Aber niemand weiß, was die nächste Pandemie auslösen wird. Wie also könnte man sich darauf vorbereiten?
Vorschläge von Experten: Fokus auf Variantenentwicklung
Es wird wieder eine Pandemie geben, aber wann und mit welchem Erreger? Völlig ahnungslos ist die Fachwelt nicht. Edward Holmes von Institut für Infektionskrankheiten in Sydney schreibt in einem Fachartikel im Magazin Science, dass besonders drei Virengruppen ein großes Potential haben zur nächsten Pandemie zu führen:
Zum einen die Corona- und Influenzaviren, die in der Vergangenheit zu großen Ausbrüchen geführt haben, aber auch Paramyxoviren, die bei Menschen zum Beispiel Masern und Mumps auslösen, könnten relevant werden.
Wichtig sei es, die Entstehung von neuen Varianten dieser Viren im Blick zu behalten – besonders an Orten, wo Mensch und Tier sich sehr nahe kommen und so das Virus hin und her übertragen werden kann. Holmes plädiert daher für eine breite Überwachung der Virenevolution zum Beispiel auf Märkten, wo mit Wildtieren gehandelt wird oder in Pelzfarmen.
Wenn dann die biologischen Eigenschaften der neu-entdeckten Arten beurteilt würden, könne man laut Holmes eine Sache aus der aktuellen Pandemie lernen: Viren müssen nicht perfekt an den Menschen angepasst sein, damit sie einen großen Effekt erzielen können. Das sehe man am Wildtyp des Coronavirus. Im Vergleich mit den Delta- oder Omikron-Varianten war diese erste Variante nicht besonders effektiv in der Ansteckung – eine weltweite Pandemie mit schweren Folgen konnte sie trotzdem auslösen.
Vorschläge von Experten: Entwicklung effektiverer Impfstoffe
Mit Blick auf die Impfstoffentwicklung schreibt ein Team um Aled Edwards von der Universität Toronto in einem anderen Artikel in Science, durch die Pandemie hätten wir die einmalige Gelegenheit gehabt, live bei der parallelen Entwicklung von verschiedenen Impfstofftypen zuzuschauen, ihre jeweilige Vor- und Nachteile wären selten so klar vergleichbar gewesen.
Besonders hervor stach dabei die erstmalige Entwicklung der mRNA-Impfstoffe – und sie erwiesen sich als effektiv und sicher. Doch es zeigte sich: Auch die mRNA-Impfstoffe sind alles andere als perfekt. Ihre Wirksamkeit lässt mit der Zeit nach und schon die Veränderungen vom Wildtyp zur Delta-Variante reduzierte den Schutz, mit der Omikron-Variante noch deutlich mehr.
Effektiver könnte man eine Pandemie mit Impfstoffen bekämpfen, die breiter aufgestellt sind – die zum Beispiel gegen eine größere Anzahl von Corona-Viren und deren Varianten gleichzeitig schützen.
Die Technik der mRNA- und Vektorimpfstoffe sei gut geeignet, um solche Impfstoffe zu entwickeln, so das Autorenteam. Hier müsste vertieft weitergeforscht werden.
Vorschläge von Experten: Entwicklung besserer Impf-Infrastruktur
Außerdem müsse man sich auf die nächste Pandemie vorbereiten, indem man die weltweite Impf-Infrastruktur deutlich verbessert. Dass möglichst viel Impfstoff möglichst schnell hergestellt werden und der dann auch möglichst viele Menschen erreichen kann. Das könnte entscheidend sein in der Bekämpfung eines Virus. Auch der Aufbau einer Datenbank von potentiell antiviralen Wirkstoffen sei ein wichtiges Werkzeug um im Ernstfall schneller auf die neue Erkrankung zu reagieren.
Vorschläge von Experten: Fokus auf Sozialverhalten
Außerdem plädieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler noch einem ganz anderes Forschungsfeld Aufmerksamkeit zu schenken: Das menschliche Verhalten, der Einfluss von Social Media, müssten gründlich mitbedacht werden bei den Vorbereitungen auf eine nächste Pandemie.
Denn die aktuelle Situation zeige, wie sehr Falschnachrichten und Anti-Impfkampagnen den Verlauf einer Pandemie negativ beeinflussen können.
Mehr Artikel aus dem Science Magazin zum Thema "2 Jahre nach der Ausrufung der Pandemie" können Sie hier lesen.