Menschen, die zu Depressionen neigen, können vorübergehend davon profitieren, wenn sie mal länger wach bleiben. Schlaf nimmt bei dieser Erkrankung eine Schlüsselrolle ein.
Der Wecker klingelt und... ach, jetzt noch einmal einschlafen, das wäre schön. Wenn es dann tatsächlich passiert, ist es meist doch nicht so schön. Denn beim nächsten Erwachen liegt die miese Laune mit im Bett und sagt: Hallo, hier bin ich! Menschen mit Depressionen sollten das ganz vermeiden, denn wenn sie morgens zu lange im Bett liegen, kehrt die Depression umso stärker zurück.
Wach-Therapie bringt depressiven Menschen vorübergehende Entlastung
Eine so genannte Wach-Therapie könne Patienten sogar wieder aus der Depression holen. Aber nur bis zum nächsten Abend. Nach einer Nacht Schlaf kehrt sie zurück. Wieso reagiert unser Körper so?
Warum gehören Schlafprobleme zu Depressionen? Der Psychologe Christian Sander erforscht dies an der Leipziger Universität.
Depressive haben nachts ein erhöhtes Stresslevel
Der Zustand, in den wir dann geraten, der Stresszustand ist also schlafabträglich, wir sollen also nicht schlafen, sondern unser Leben retten. Das heißt, wenn wir in Stress und Anspannung sind, wenn wir in Sorge und belastet sind, dann wird unser Organismus eher wach bleiben und nicht schlafen.
Und depressive Menschen hätten Tag und Nacht ein hochgeschraubtes Stresslevel. Sie fühlen sich ständig vom Tier angegriffen. Dadurch sind sie permanent schlapp, weil jeder Tag viel Kraft kostet, ohne dass sie etwas tun müssen. Ulrich Hegerl befasst sich als Psychiater seit vielen Jahrzehnten mit Depressionen und hat dieses Phänomen auch im EEG gesehen.
Stetig erhöhtes Stresslevel typisch für Depressionen
Ulrich Hegerl sagt, die Menschen fühlen sich permanent, als stünden sie vor einer sehr schweren Aufgabe, die ihnen große Angst bereitet. Auf Dauer macht das müde. Betroffene fühlen sich ständig müde, ständig schlapp.
Von der Depression ausruhen funktioniert nicht
Depressive Menschen wollen vor allem eins. Endlich gut schlafen und danach wieder entspannt wach werden, sagt Christian Sander. Doch genau das sei das Problem.
Aktivitäten helfen gegen Depressionen
Was gegen eine Depression wirkt, sei nicht Schlaf, sondern Aktivitäten lernte Ulrich Hegerl während seiner Arbeit mit Patienten. Sport treiben, spazieren gehen, viel Bewegung. Alles was müde macht, denn dann baut sich ein Schlafdruck aus und der führt zwangsläufig zu Entspannung und der Stresslevel sinkt.
Als Leiter der Psychiatrischen Klinik der Universität in Leipzig hat Ulrich Hegerl seine Patienten sogar mitten in der Nacht aus dem Bett geholt. In der Regel gegen ein Uhr. Sie bleiben dann die ganze Nacht wach und auch den nächsten Tag. Der Fachbegriff dafür ist „Wach-Therapie“.
Wach-Therapie verschafft wieder schöne Momente
Und das sei genau das, was diesen Menschen fehlt. Hoffnung, Freude, schöne Momenten. Viele wüssten gar nicht mehr, wie sich ihr Leben vor der Depression anfühlte. Durch den Schlafentzug sind sie für einen Tag raus aus dem bedrückenden Korsett aus Lust- Freudlosigkeit und ständiger Angst vor dem was kommt. Am nächsten Abend müssen sie aber wieder schlafen, mit dem Ergebnis, dass die Depression am Tag darauf wieder da ist.
Wach-Therapie ist kein Wundermittel
Diese Reaktion sei bei jedem Menschen angelegt, ob mit oder ohne Depression.
Schlafen lernen sei einer der Schlüssel um Depressionen los zu werden. Am Tag nicht hinlegen – am Abend nicht zu früh ins Bett gehen. Hilfreich dafür ist, es, z.B. über eine App ein Schlaf-Protokoll zu führen.