Japan will das fünfte Land werden, dem es gelingt, erfolgreich auf dem Mond zu landen - mit der Sonde SLIM. Sie hat einige Innovationen an Bord, die auch für zukünftige Mondprojekten nützlich sein könnten. Auch ein Spielzeugdesigner hat mitgetüftelt.
Fünfter kann Japan im Wettlauf zum Mond noch werden. Der vierte Platz war greifbar, aber im April 2023 verbremste sich Hakuto-R, ein privat entwickeltes japanisches Landemodul, und zerschellte auf der Mondoberfläche. Platz vier schnappte sich Indien wenige Monate später.
Langsam aber sicher auf dem Weg zum Mond
Nun also der nächste japanische Anflug auf den Mond und auf Platz fünf - diesmal staatlich, nicht privat. Das Mondlandemodul SLIM wurde von Japans Raumfahrtagentur JAXA gebaut und ist bereits seit dem 7. September, also seit mehr als vier Monaten, zum Mond unterwegs.
Für seinen etwas verschlungenen Anflug, die mehrfache Umrundung der Erde inbegriffen, wurde viel weniger Treibstoff benötigt als für einen Direktschuss, der SLIM innerhalb von wenigen Tagen zum Mond geführt hätte. Seit den Weihnachtsfeiertagen befindet sich SLIM nun im Anziehungsbereich des Erdtrabanten. Die Flugbahn wurde mehrfach abgesenkt. Die Landung ist nach unserer Zeit am 19. Januar um 16.20 Uhr vorgesehen.
Landetrick: SLIM soll gezielt umkippen
Die Besonderheit der Mission: Vorgesehen ist eine Präzisionslandung. Bislang war es bei Mondlandungen nicht entscheidend, ob eine Sonde den ein oder anderen Kilometer zu weit links oder rechts landete. Die Mondoberfläche überhaupt zu erreichen, das stand im Vordergrund. In der oft mehrere Kilometer breiten Landezone waren meist alle Punkte gleichermaßen interessant.
SLIM soll dagegen auf 100 Meter genau einen ausgewählten Landepunkt anfliegen. Denn mittlerweile ist die Kartierung des Mondes so präzise, dass sich Forschungsteams gerne kleinere Gesteinsformationen aus geringer Distanz anschauen wollen, was die präzise Landung eines Forschungsmoduls mit Kameras und Messinstrumenten in nächster Nähe voraussetzt – ganz gleich, wie die Oberfläche dort beschaffen ist.
Das Gelände im für SLIM vorgesehenen Landegebiet beispielsweise steigt stolze 15 Prozent zu einem Kraterrand hin an. Der Mondlander beherrscht deshalb ein raffiniertes Landeverfahren: Anstatt aufrecht zu landen und dabei Gefahr zu laufen, aus Versehen umzukippen, kippt das Gerät mit voller Absicht bei der Landung zur Seite. Dabei fällt es auf seitlich montierte Landebeine, an deren Ende halbkugelförmige Aluminiumgeflechte als Schockabsorber montiert sind.
Schnelle Bildauswertung für eine präzise Landung
SLIM kann sich dem Landeplatz deshalb so zielgenau nähern, weil er laufend Bilder der Mondoberfläche schießt und diese mit im Bordcomputer gespeicherten Landkarten vergleicht. Die dafür notwendige, blitzschnelle Auswertung von Aufnahmen ist mit den derzeit am besten für die Raumfahrt geeigneten Computerchips aber eigentlich gar nicht möglich. Gegen kosmische Strahlung gehärtete Raumfahrt-Hardware verfügt nämlich nur über gerade mal ein Hundertstel der Rechenpower jener Chips, die in handelsübliche Rechner für irdische Konsumenten eingebaut werden. Doch den japanischen Ingenieurinnen und Ingenieuren gelang das Kunststück, für die langsamen Chips sehr schnell arbeitende Software zu entwickeln und so die für den präzisen Mondanflug notwendige schnelle Bildauswertung zu ermöglichen.
Geglückte Präzisionslandung könnte Weg zur Mondbasis ebnen
Gelingt die Präzisionslandung, ist das auch für ein anderes, umfassenderes Vorhaben auf dem Mond interessant. Die NASA will mit unbemannten Frachtlandern die Rückkehr von Menschen auf den Mond vorbereiten.
Während die Landeorte der Apollo-Missionen vor mehr als 50 Jahren in eher ebenem und weniger hindernisreichem Terrain lagen, soll Artemis III im September 2026 am Mondsüdpol landen – ein Gebiet durchsetzt mit Kratern in allen Größen. Auf einigen der hohen Kraterränder scheint dauerhaft die Sonne, sodass dort rund um die Uhr eine Mondbasis mit Solarstrom versorgt werden könnte – vorausgesetzt, Fracht und Menschen können in dem hindernisreichen Gebiet punktgenau abgesetzt werden.
SLIM ist außergewöhnlich leicht
Neben der Präzision beim Landen hatten die Entwickler sich das Ziel gesetzt, SLIM besonders leicht zu bauen. So sind beispielsweise seine Solarzellen keine starren Paneele, sondern leichte und flexible Folien, die sich auch auf gekrümmte Oberflächen aufbringen lassen. Jedes gesparte Gramm Eigengewicht der Sonde spart Treibstoff und ermöglicht eine höhere Zuladung von Fracht.
Mondfracht erinnert an Kinderspielzeug
Bei seinem Erstflug bringt SLIM allerdings nur wenige Instrumente zum Mond, die aber durchaus Unterhaltungswert haben. Kurz vor der Landung wird SLIM zwei Geräte auf die Mondoberfläche auswerfen: zum einen eine Robotersonde, doppelt so groß wie ein Schuhkarton, die sich nach der Landung 40 Minuten lang hüpfend auf der Mondoberfläche umherbewegen kann.
Zum anderen hat SLIM einen Rover an Bord, der zunächst in Form eines Balls von lediglich acht Zentimeter Durchmesser - also etwas größer als ein Tennisball - in den Mondstaub fällt. Ähnlich wie ein Kinderspielzeug, ändert der dann aber durch einen Klappmenchanismus seine Gestalt, um auf zwei halbkugelförmigen Rädern ein paar Meter weit durch den Mondstaub zu rollern. Nach zwei Stunden ist seine Batterie dann leer. Wer nun vermutet, dass auch ein japanischer Spielzeugdesigner zum Projektteam gehört, liegt damit völlig richtig.
Analyse von Mondgestein könnte Entstehungsrätsel lösen
Für Gesteinsanalysen hat SLIM eine Spektralkamera an Bord. Am Landeplatz, dem 300 Meter breiten Shioli-Krater, wurde bereits vor Jahren von einem japanischen Satelliten aus der Mondumlaufbahn Olivin entdeckt. Dieses Mineral kann der Theorie zufolge eigentlich nur aus dem Mondinneren stammen. Es zu untersuchen, könnte helfen, das Rätsel um die Entstehung des Mondes zu lösen.
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