Manche Vogelarten leisten mit ihren kleinen Gehirnen ganz Großes. Eine neue Studie konnte nun zeigen, was intelligente Vögel von den weniger schlauen unterscheidet.
Sie gelten nicht gerade als Intelligenzbestien unter den Tieren: Enten, Hühner, Strauße und sogar manche Greifvögel. Noch bis Anfang der 2000er wurden Vögel sogar generell als „dumm“ abgetan und von der Wissenschaft größtenteils vernachlässigt.
Zu diesem Schluss kamen die Forschenden aufgrund der kleinen Gehirne von Vögeln und dem Fehlen eines wichtigen Teils des Großhirns – dem Neocortex. Bei uns Menschen und Säugetieren ist es genau dieser Neocortex, der für höhere kognitiven Fähigkeiten verantwortlich ist.
Einige Vögel vollbringen kognitive Höchstleistungen
Was in dieses Denken der Wissenschaftler nie so recht hineinpasste, waren Vögel, wie etwa Krähen oder Papageien, die sehr wohl zu erstaunlichen kognitiven Leistungen fähig sind.
Da gibt es zum Beispiel die Buschhäher, welche gehortete Nüsse vor Artgenossen verstecken. Das an sich ist nichts Ungewöhnliches, viele Tiere verteidigen und verstecken ihre Beute. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass sie sich erst so verhalten, nachdem sie selbst bei einem anderen Buschhäher gestohlen haben. Ihr eigener Diebstahl verändert ihre Perspektive - nach dem Motto: „Was ich kann, das kann der auch“. Der Vogel realisiert, dass ein anderer sich genauso verhalten könnte, wie er selbst – im Tierreich ein extrem seltenes Phänomen.
Neue Studie: Warum sind manche Vögel schlauer?
Ein katalonisches Forschungsteam wollte endlich verstehen, warum manche Vögel so viel schlauer als andere sind: Sie schauten sich deswegen die Gehirne von 111 Vogelarten näher an und es zeigte sich etwas Erstaunliches: Die schlauen Vögel haben nicht unbedingt ein größeres Gehirn, aber eine höhere Anzahl an Hirnzellen, den Neuronen. Das, erklären die Forschenden, könnte die Tiere neugieriger und innovationsfreudiger machen, sie könnten so mehr dazulernen.
Die Hirnzellen bei schlauen Vögeln waren aber nicht nur zahlenmäßig mehr, sie waren auch ungleichmäßig im Gehirn verteilt: entscheidend für die Intelligenz erwiesen sich laut der Forschenden vor allem die Zellen im Pallium, dem hochentwickeltsten Teil des Vogelgehirns. Das Pallium ist Teil des Großhirns der Vögel und es ist dem menschlichen Neocortex in seiner Struktur gar nicht so unähnlich.
„Unsere Ergebnisse bestätigen damit die Hypothese, dass Intelligenz die Fähigkeit widerspiegelt, möglichst viele Neuronen einer Aufgabe zu widmen", heißt es in der Studie.
Schlaue Vögel unterscheidet ein entscheidendes Merkmal
Aber welche Vogelarten sind denn nun die Schlausten? Hier haben Wissenschaftler ebenfalls einen interessanten Unterschied gefunden.
Die weniger schlauen Vögel sind meist sogenannte Nestflüchter: Sie kommen bereits so weit entwickelt auf die Welt, dass sie direkt den Eltern nachfolgen und selbstständig das Nest verlassen können. Sie können sogar sofort selbst Nahrung aufnehmen. Ihr Gehirn bildet sich vor allem im Ei aus und wächst nach dem Schlüpfen kaum weiter. Ganz im Gegensatz zu den klügeren Vögeln.
Die sind vor allem sogenannte Nesthocker. Diese Vögel kommen nackt und blind auf die Welt, müssen von ihren Eltern noch eine ganze Weile aufgezogen und gefüttert werden. Sie können nicht einfach direkt in die Welt losziehen und bleiben erstmal im Nest. Dadurch kann sich das Gehirn länger entwickeln als bei Nestflüchtern und es bildet überproportional viele neue Hirnzellen.
Diese Ergebnisse bestätigen also, dass bei Vögeln das Hirnvolumen allein nur wenig über deren kognitive Leistungen aussagt und es noch viel mehr Forschung braucht, um diese Tiere besser zu verstehen.
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