Der Wettlauf zum Mond war entschieden, der kalte Krieg beendet: In den 90er Jahren schlossen sich fünf Raumfahrtbehörden, darunter Russland und die USA, zum Bau der ISS zusammen und schufen ein leuchtendes Beispiel für gelungene internationale Zusammenarbeit. Doch damit ist jetzt Schluss. Russland steigt 2024 aus dem Gemeinschaftsprojekt aus.
Aus insgesamt sechzehn Modulen besteht die bislang größte und langlebigste Raumstation der Menschheit, die ISS. Stück für Stück wurde sie im Erdorbit zusammengesetzt.
Sechs Module betrieb bisher die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos. Wie die ISS ohne russische Beihilfe gesteuert werden soll, könnte die vier übrig gebliebenen Raumfahrtbehörden aus den USA, Kanada, Japan und Europa vor neue Herausforderungen stellen.
Die ISS muss regelmäßig angehoben werden
In 400 Kilometern Höhe saust die Internationale Raumstation ISS um die Erde. Dort sind noch dünne Reste der Erdatmosphäre vorhanden. Die Luftmoleküle prallen gegen die ISS und bremsen sie ab. Deshalb verliert die ISS kontinuierlich an Flughöhe und muss regelmäßig angehoben werden.
Diesen Boost erhält sie normalerweise durch Zünden der Triebwerke eines der russischen ISS-Module. Aber auch angedockte Raumschiffe können diese Aufgabe theoretisch übernehmen. Doch derzeit ist keiner der US-Raumschifftypen in der Lage, diese Aufgabe komplett zu übernehmen.
Ausstieg Russlands: Herausforderung für die Flugsteuerung
Auch die Fluglage der ISS, also ihre Orientierung im Raum, wird hauptsächlich durch die Triebwerke im russischen Teil geregelt. Die übrig bleibenden ISS-Partner müssen mit dem Ausstieg Russlands also klären, wie das Flugmanagement künftig gewährleistet werden soll. Ob man das russische Modul in westliche Regie übernehmen kann wurde noch nie diskutiert. Geht das nicht, müssen ab 2024 Raumschiffe angedockt werden, um die ISS auf ihrer Bahn halten.
Was bedeutet der Ausstieg für die Forschung auf der ISS?
Russland hat auf der ISS viel weniger Forschung betrieben als die anderen ISS-Partner. Das erste große Forschungsmodul wurde sogar erst im vergangenen Jahr an der ISS angedockt – mit zwölf Jahren Verspätung.
Russische Kosmonautinnen und Kosmonauten haben sich vor allem beim Erhalt und der Pflege der Station, beziehungsweise des russischen Teils der Station, engagiert. Aus wissenschaftlicher Sicht fällt es Russland deshalb auch recht leicht, auf seine Beteiligung an der ISS zu verzichten.
Wie geht es mit der ISS und anderen Raumstationen nun weiter?
Die USA verfolgen schon seit mehreren Jahren den Plan, die ISS künftig kommerziell zu nutzen, also die Labore und Räumlichkeiten dort an Unternehmen zu vermieten, sei es für Forschung oder Tourismus.
Um 2030 wird die ISS dann zum Absturz gebracht werden müssen. Denn viele Module werden nach drei Jahrzehnten im All Materialschwächen zeigen. Dann sollen aus Sicht der USA eher mehrere kleine, kommerziell betriebene Raumstationen folgen.
China hat gerade am Wochenende sein zweites Modul an seine eigene Raumstation angedockt. Russland wird sicherlich auch eine eigene Station im All platzieren. Die ESA wird der europäische Partner der USA beim Betrieb des Lunar Gateway, einer kleinen Raumstation, die um den Mond kreist. Die Idee, dass viele Nationen gemeinsam eine richtig große Station im All betreiben, passt wohl leider gerade nicht mehr in die Zeit.
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