Mit Sensoren und künstlicher Intelligenz ausgestattetete Roboterhunde sollen künftig Brücken, Hochhäuser oder Talsperren überwachen und dadurch sicherer machen.
Der digitale Wandel ist überall zu finden und nicht nur auf sprachgesteuerte Fernseher, 3D-Drucker oder selbstfahrende Autos beschränkt. Auch in der Bauindustrie ist die Digitalisierung auf dem Vormarsch. So werden an der Technischen Universität in Hamburg-Harburg Roboterhunde entwickelt, die Bauwerke überprüfen können.
Bauwerksmonitoring mit Robotern
Man unterscheidet bei den Robotern in zwei grobe Richtungen: Fertigungsroboter, die zum Beispiel auf einer Baustelle Aufgaben übernehmen, wie Mauern oder Verputzen. Und andere Robotersysteme, die angewendet werden, wenn das Bauwerk schon steht. Diese Roboter machen Bauwerksmonitoring indem sie zum Beispiel das Gebäude aufnehmen, um den Zustand des Gebäudes zu prüfen.
Dafür sollen Roboterhunde auf Baupatrouille gehen und auffällige Messdaten melden – etwa ob Betonwände feucht oder rissig sind und in der Folge einstürzen könnten. Von seiner Gestalt und seinen Proportionen erinnert der Roboterhund-Prototyp tatsächlich an den besten Freund des Menschen: zwei Vorder- und zwei Hinterbeine - nur dass dort, wo sonst die Augen sitzen, Sensoren eingebaut sind. Diese erfassen mit Laserscannern die Umgebung. Projektleiter Kay Smarsly, Professor am Institut für "Digitales und Autonomes Bauen", erklärt, dass die Roboter tatsächlich "Gassi gehen" sollen, um die Umgebung kennenzulernen.
Fokus auf Sensoren
Smarsly und seinem Team geht es nicht darum, den besten oder effizientesten Roboterhund zu bauen. Der Fokus liegt auf den eingebauten Sensoren und der Analysesoftware auf Basis künstlicher Intelligenz. Sie sollen auffällige Messdaten melden, die auf Schwachstellen in Gebäuden wie etwa Betonrisse hinweisen. Das erleichtere nicht nur die Bauarbeiten, sondern mache die Gebäude sicherer, so Kay Smarsly und verweist auf erste Tests an der zweitlängsten Straßenbrücke Deutschlands, die sich im Hamburger Hafen befindet - die Köhlbrandbrücke.
Man erkennt also automatisch und relativ kostengünstig wo etwas nicht in Ordnung ist. Wenn das dann noch mit Sensoren, die im Gebäude verbaut sind, gekoppelt wird, wird es noch etwas genauer. Diese Sensoren können zum Beispiel Feuchtigkeit oder Vibrationen messen.
Das Problem: Wie bekommt man die Daten aus der Wand heraus? Würden Antennen aus den Wänden herausschauen, ist der Beton nicht mehr dicht und Korrosionsschäden beim Bewehrungsstahl wären wahrscheinlich. Die Lösung: Roboterhunde laufen autonom durch das Haus, gehen an den Wänden vorbei und erfassen die Messdaten der Sensoren, die fest im Beton verbaut sind.
Digitaler Zwilling
Diese Sensordatenfusion gibt dann ein relativ ganzheitliches Bild, dass dann in ein digitales Modell eingepflegt werden kann und einen sogenannten digitalen Zwilling des Bauwerks anfertigt. Während tagsüber das echte Gebäude entsteht, erfasst der Roboterhund nachts bei seinen Prüfgängen mittels Sensoren die Messdaten des Bauwerkes und leitet sie weiter. Dabei entsteht ein digitales Abbild des Bauwerkes und seines Bauforschrittes in Echtzeit, das für Ingenieure und Baufirma verfügbar ist.
Der digitale Gebäudezwilling umfasst alle notwendigen Informationen und kann so den weiteren Baufortgang des Gebäudes optimieren. Sobald bei den Kontrollgängen Auffälligkeiten im Beton gemessen werden, zum Beispiel Risse, werden die zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter digital benachrichtigt. Das erleichtere nicht nur die Bauarbeiten, sondern mache die Gebäude sicherer, betont der Wissenschaftler.
Davon gibt es viel in Deutschland. Laut Kay Smarsly sind circa 3.000 Autobahnbrücken und 11.000 Eisenbahnbrücken in ungenügendem Zustand. Hier müssten Milliarden investiert werden und es sei wichtig, dass dies mit innovativen Methoden geschieht.
Bauwesen und IT-Wissen müssen zusammenfinden
Wenn alle am Bau beteiligten Unternehmen von Anfang an alle Daten zum Gebäude einbringen und eingebaute Sensoren laufend weitere Daten liefern – etwa zu Erschütterungen, Korrosion oder zur Feuchtigkeit -, dann ließe sich das Leben eines Gebäudes oder anderen Bauwerkes vollständig dokumentieren – von der Planung bis zur Entstehung und Nutzung. So hätte man eventuell den Einsturz der Morandi Brücke in Genua oder die Sperrung der wichtigen Autobahntalbrücke Rahmede bei Lüdenscheid verhindern können.
Diese Sensorsysteme kosten nicht viel. Gemeinsam mit den KI-Algorithmen könnte diese Systeme, so der Wissenschaftler Kay Smarsly, in Echtzeit Alarme geben. Derzeit wird auch an Projekten wie einem Seilroboter geforscht, der über mehrere Stockwerke umfangreiche Maurerarbeiten erledigen kann, oder an Robotern, die selbstständig Aufzüge installieren und Stahlkonstruktionen zur Absicherung von Gebäuden zusammenschweißen.
Insgesamt stehe die Baurobotik verglichen mit der Automobilindustrie noch am Anfang, resümiert Smarsly. Gleichwohl engagiere sich die Bauindustrie für automatisierte Baustellen, die durch computergesteuerte Maschinen betrieben werden – Fachleute erwarten ein Multimilliardengeschäft. Der Grund dafür: Fachkräftemangel sowie eine höhere Wirtschaftlichkeit bei niedrigeren Baukosten.