Oft treten die sogenannten Post oder Long-Covid Symptome erst Wochen oder gar Monate nach einer überstandenen Infektion auf, wenn man längst wieder arbeitet. Was dann?
Eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus kann auch nach einem milderen Verlauf zu länger anhaltenden körperlichen Einschränkungen wie Atemnot, Erschöpfung oder Antriebslosigkeit führen. Wenn Patient*innen länger als 4 Wochen nach der Infektion mit dem Coronavirus anhaltende oder wiederkehrende Symptome aufweisen, spricht man nach der Definition der WHO von "Long Covid".
Post Covid-Symptome treten oft erst Monate nach einer Coronainfektion auf
Von "Post Covid" spricht man, wenn Betroffene auch noch 12 Wochen nach der Infektion über Symptome wie Atemnot oder dauerhafte Erschöpfung klagen. Auch wenn von unterschiedlichen Symptomen berichtet wird, welche einzeln oder in Kombination auftreten und unterschiedlich lang andauern, lassen sich doch allgemeine Merkmale wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder Muskel- und Gliederschmerzen festhalten. Welche Möglichkeiten gibt es, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beim Genesungsprozess nach überstandener Covid-19-Infektion zu unterstützen?
Christine W., Chefsekretärin in einem großen Unternehmen, hatte sich kurz vor ihrer ersten Impfung im Büro mit dem Virus infiziert. Die Infektion selbst hatte sie zwar verhältnismäßig gut überstanden und konnte bald wieder ihrem Beruf nachgehen. Doch dann - Wochen später - lag sie wieder flach, die Symptome von Post Covid trafen sie mit voller Wucht. Neben Kopf- und Gliederschmerzen fühlte sie sich auf der Arbeit kraftlos, hatte Wortfindungsstörungen und sackte am Schreibtisch sogar mehrmals regelrecht zusammen.
Auch der Lagerist Ingo S. hatte die Spätfolgen zunächst falsch eingeschätzt. Er litt unter Schwindel und Antriebslosigkeit, Kraftverlust, der immer heftiger wurde. So meinte ein Kollege zu ihm, ob er was getrunken hätte, weil er so getorkelt habe. Mit dem Notarztwagen wurde er schließlich in die BG-Klinik nach Duisburg gebracht. Seit Herbst letzten Jahres ist er jetzt in Behandlung. Untersucht wurde er zunächst u.a. von Dr. Susann Seddigh, Chefärztin für Neurologie und Psychotraumatologie.
Viele Betroffene denken zunächst nicht an Post Covid
An der BG-KLinik in Duisburg gibt es eine große Post-Covid-Ambulanz für Patienten oder Patientinnen, die sich im beruflichen Kontext Covid zugezogen haben und anhaltende Beschwerden haben. Betroffene haben ganz unterschiedliche Beschwerdebilder. Betreut werden die Patientinnen und Patienten daher von einem multidisziplinären Team mit Internisten, Neurologen, HNO-Ärzt*innen, Augenmedizinern, aber auch aus der Psychologie.
Viele Betroffene denken bei Beschwerden wie Atemnot, Kopfschmerzen, geringerer Belastbarkeit und Merkfähigkeit zunächst nicht an Post Covid. Schließlich waren sie längst wieder gesund und an den Arbeitsplatz zurückgekehrt. Dr. Susann Seddigh:
Reha-Maßnahmen und Training für einen Weg zurück ins Leben
Bei länger anhaltenden Erschöpfungszuständen, die körperliche, aber auch kognitive und seelische Symptome zusammenfassen, spricht man auch vom Chronischen Fatigue-Syndrom. In der Rehabilitaton wird z.B. durch Ausdauertraining versucht, die Lungenleistung oder das Gleichgewichtsgefühl wieder zu verbessern. Die Reha wird dabei stets individuell auf die Symptome und die Lebensumstände des oder der Betroffenen zugeschnitten.
Die Bewilligung der Reha ist dabei immer an einen Antrag gekoppelt, entweder über den Sozialversicherungsträger oder falls man noch Arbeitnehmer ist über den jeweiligen Träger, der die Rehabilitationsmaßnahmen bewilligen muss.
Psychische Komplikationen wie Ängste und Depressionen müssen mitbehandelt werden
Die Duisburger Klinik verfolgt dabei einen ganzheitlichen Ansatz. Zur Reha gehören neben der Kräfigung angeschlagener Körperfunktionen auch eine Ernährungsberatung und psychologische Betreuung. Oft sind Covid-Patienten niedergedrückt, verängstigt oder depressiv, Symptome die auch in der Post-Covid-Phase verstärkt auftreten. Dr. Susann Seddigh:
Hier finden Betroffene Hilfe
Wer glaubt, an Post-Covid zu leiden, sollte daher am besten entweder zunächst direkt den Betriebsarzt, den medizinischen Dienst oder den Hausarzt bzw. die Hausärztin aufsuchen. Viele Kliniken in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben inzwischen auch Post-Covid-Ambulanzen eingerichtet. Nach einer stationären Reha kann sich dann – falls notwendig – noch eine ambulante Rehamassnahme in einem Sportverein anbieten.
Ein- bis zweimal die Woche werden die Patienten in speziell abgestimmten Kursen von extra ausgebildeten Post-Covid-Reha-Trainern symptomorientiert betreut.
Gesetzlicher Anspruch auf Reha-Maßnahmen bei Post Covid
Covid 19 ist eine Multiorganerkrankung, erklärt der Kardiologe und Sportmediziner Professor Wilhelm Bloch von der Deutschen Sporthochschule in Köln. Man werde, so Bloch, in Zukunft vermehrt Patienten im Reha-Sport haben. Und man müsse dann auf Dinge achten wie: reduzierte Leistungsfähigkeit, Lungenprobleme und Antriebslosigkeit.
Generell haben alle Versicherten einen gesetzlichen Anspruch sowohl auf stationäre als auch auf ambulante Rehabilitationsmaßnahmen, um wieder fit zu werden, betont Claudia Drechsel-Schlund, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege. Ist der Betrieb Mitglied in einer Berufsgenossenschaft, sind Betroffene sogar von möglichen Zuzahlungen für die Behandlung befreit.