Viele Hobbygärtner wollen nicht nur Blumen- und Gemüsebeete anlegen. Sie wollen auch Platz für Insekten und Wildblumen lassen. Wir zeigen, wie sich das alles kombinieren lässt.
Im oberen Teil blühen rote und weiße Pfingstrosen, lilafarbener Lavendel und daneben leuchtet blauer Rittersporn. Im unteren Teil wachsen neben Erdbeeren auch Kartoffeln, Tomaten und Erbsen in akkuraten, rechteckigen Beeten. Naturnahes Gärtnern und gute Erträge müssen sich nicht ausschließen. Das zeigt der Garten von Lore Gräff aus Waldlaubersheim.
Wildwuchs und Ordnung für naturnahes Gärtnern
Auf den ersten Blick sieht der Garten von Lore Gräff und ihrem Mann Karl-Wilhelm wie ein ganz typischer Bauerngarten aus. Erst beim genauen Hinsehen zeigt sich, dass hier auch nicht ganz so typisches gedeiht. Mit Ordnung am rechten Fleck und dem richtigen Dünger können sie trotz viel Wildwuchs gute Ernten einfahren.
Wildkräuter dürfen bleiben
Zwischen den gepflanzten Blumen stehen immer wieder Pflanzen, die von selbst ihren Weg auf das Grundstück in Waldlaubersheim gefunden haben. Bei Lore Gräff dürfen sie stehen bleiben: Wiesenmargeriten, wilde Karotten oder eine anderthalb Meter hohe, buschige Pflanze mit rosafarbenen Blüten, an denen sich etwa zehn Hummeln zu schaffen machen.
"Es war halt auf einmal da", sagt die 67-jährige Rentnerin. "Ich lasse das dann erstmal blühen, damit ich sehe, was es ist. Und wenn es schön aussieht, dann wird das auch gehegt und gepflegt."
Inzwischen weiß sie: Es ist eine wilde Lupine. Und die hat hier ihr neues Zuhause gefunden. Selbst Unkraut darf sprießen, so wie Disteln beispielsweise zwischen den Blumen. Ein paar Quadratmeter hinter dem Haus überlässt sie sogar ganz sich selbst.
Ordnung im Gemüsebeet ist wichtig
Im Gemüsebeet dagegen duldet Lore Gräff kaum Unkraut. Denn das wächst viel schneller als ihre Nutzpflanzen, macht den Kartoffeln zu viel Konkurrenz. "Die Wildpflanzen nehmen schnell überhand und nehmen den Nutzpflanzen die Nahrung weg", sagt sie. Dadurch verkümmern die Karotten.
Es gibt klare Grenzen in ihrem Garten. Nicht überall ist der Wildwuchs sinnvoll. Das Gemüse braucht viel Platz und Licht, um gut zu wachsen. Dafür müssen die Beete gepflegt werden. Aber die Arbeit lohnt sich.
"In einem komplett wild wuchernden Garten lässt sich nichts zum Essen ernten", sagt die ehemalige Landwirtin. Weil sie sich und ihren Mann mit Obst und Gemüse weitgehend selbst versorgen will, setzt Lore Gräff auf ein gezieltes naturnahes Gärtnern. Ein bisschen Ordnung muss sein.
Naturnah - aber gezielt!
Wildblumen haben ihren Platz außerhalb der Gemüsebeete. Insekten kriegen nicht nur ein Hotel aufgehängt. Sie dürfen sich auch im Totholz tummeln, das an verschiedenen Stellen im Garten liegt.
Den Ohrenzwickern legt Lore Gräff extra Tontöpfe zwischen die Blumen, die mit Stroh gefüllt sind. Denn Ohrenzwicker fressen Blattläuse und Milben. Und weil viele Wildbienen- und Hummelarten, sich im Boden aufhalten, ist auch dafür Platz.
Insekten sorgen für einen gesunden Garten. Sie halten Schädlinge in Schach und bestäuben nicht nur Blumen, sondern auch unsere angebauten Lebensmittel, sagt Gräff. So hilft das wilde Wachstum im einen Beet auch den ordentlich gehegten Nutzpflanzen.
Der richtige Dünger wächst bereits im Garten: Brennesseln
Der optimale Dünger wächst im naturnahen Garten von ganz allein: Brennnesseln. "Die darf mein Mann nicht abmähen. Die stehen halt gezielt an einem Eck. Im Laufe des Monats Juli ernte ich die Blätter ab, gebe ein bisschen Wasser dazu und vermuse die. Und diese Paste wiederum hacke ich dann auch bei den Pflanzen unter", sagt Lore Gräff.
Anders als Brennnesseljauche stinkt das Mus nicht, düngt aber genauso gut, die Tomaten zum Beispiel. Die brauchen als sogenannte Starkzehrer nämlich reichlich Stickstoff, weiß Lore Gräff. Und Brennnesseln bieten den. Ansonsten düngt sie hauptsächlich mit Hornspänen und Eierschalen.
Pflanzen mit Heimvorteil
Und noch einen großen Vorteil hat der Wildwuchs im Blumenbeet: Die einheimischen Pflanzen, die hier von ganz alleine wachsen, sind an die Bedingungen vor Ort sehr gut angepasst.
Sie verbrauchen zum Beispiel viel weniger Wasser als die bei vielen Gärtnern beliebten Thuja oder Oleander. Dadurch können mehr Pflanzen auf dem gleichen Raum leben. Das freut die Insekten und - spätestens bei der Ernte - auch Lore Gräff.